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14.07.15, 17:50
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Legende
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Harper-Lee Roman: Das Buch das Amerika verstört
Zitat:
Wirbel um „Mockingbird“-Fortsetzung
55 Jahre nach seinem durchschlagenden Erfolg bekommt das US-Rassismusdrama „To Kill A Mockingbird“ von Harper Lee eine späte Fortsetzung. „Go Set A Watchman“ ist zwar 20 Jahre nach dem bisher einzigen veröffentlichten Werk der 89-jährigen Autorin angesiedelt, entstand aber Jahre vorher. Schon die Nachricht von der Wiederentdeckung des verschollen geglaubten Werks in einem Bankschließfach war eine Sensation, wenngleich eine mit vielen Fragezeichen. Bereits erschienene Kritiken schwankten zwischen mäßig begeistert bis schockiert - der mit Spannung erwartete neue Roman beschädige im Nachhinein auch „die Unschuld“ von Lees Erstling, heißt es.
Amerikas Held entpuppt sich als Rassist
Es ist ein Wirbel, wie er zuletzt nur um Bücher wie „Harry Potter“ oder „50 Shades of Grey“ gemacht wurde: „Go Set a Watchman“ („Gehe hin, stelle einen Wächter“), das zweite Buch von Harper Lee, der Autorin des US-Klassikers „To Kill a Mockingbird“ („Wer die Nachtigall stört“), [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ] erscheint am Dienstag, 55 Jahre nach ihrem Debüt und beherrscht seit Tagen die Kulturseiten englischsprachiger Medien.
Kein Wunder, ist Lees Erstling doch ein Welterfolg und Klassiker, der oft als US-amerikanischer Nationalroman bezeichnet wird. Das mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnete Werk über Rassismus und soziale Spannungen im Süden der USA verkaufte sich weltweit mehr als 40 Millionen Mal, eine Verfilmung mit Gregory Peck gewann 1963 drei Oscars.
Verlag feiert „historisches literarisches Ereignis“
Nach seinem Erscheinen zog sich die als extrem scheu geltende Schriftstellerin und Jugendfreundin von Truman Capote aus der Öffentlichkeit zurück und veröffentlichte nichts mehr. Auch „Go Set a Watchman“ ist nun kein Spätwerk, sondern entstand vielmehr bereits vor „To Kill a Mockingbird“ in den 1950er Jahren. Der Roman galt bis vor Kurzem als verschollen - nun geht der US-Verlag HarperCollins mit einer enormen US-Auflage von zwei Millionen Stück an den Start und feiert die Veröffentlichung als „historisches literarisches Ereignis“.
Überall in den USA feiern Buchhandlungen und Kulturhäuser mit längeren Öffnungszeiten, Partys, Lesungen und Diskussionsveranstaltungen zur Feier des Erscheinens am Dienstag. Der Roman ist der am häufigsten vorbestellte in der Geschichte des US-Verlags HarperCollins, auch bei der US-Version des Onlinehändlers Amazon ist in diesem Jahr noch kein Buch häufiger vorbestellt worden.
Auf Twitter und Instagram tun Fans ihre Vorfreude kund, indem sie unter den Hashtags „#gosetawatchman“ und „#harperlee“ Bilder des Buches posten. Der „Guardian“ verfolgt die „literarische Sensation“ seit Tagen in einem Liveticker und ruft zur gemeinsamen Lektüre per Twitter-Read-along auf. Im deutschsprachigen Raum erscheint „Gehe hin, stelle einen Wächter“ drei Tage später in einer Übersetzung von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann.
Ein Wiedersehen mit Scout und ihrer Familie
„Go Set a Watchman“ erzählt von denselben Protagonisten und spielt 20 Jahre später als „To Kill a Mockingbird“. Der - vor allem in der deutschen Übersetzung leicht kryptische Titel - geht auf ein Bibelzitat aus dem Buch Jesaja zurück („Go, set a watchman; let him announce what he sees“; „Gehe hin, stelle einen Wächter, der da schaue und ansage“). Im Mittelpunkt steht die mittlerweile erwachsene Scout, die mit Vater Atticus und Bruder Jem in den 1930er Jahren in einer Kleinstadt im US-Bundesstaat Alabama aufgewachsen ist.
Geht es nach den ersten Kritiken in englischsprachigen Medien, dürfte das Buch einige Kontroversen auslösen. Demnach entpuppt sich ausgerechnet Anwalt Atticus - der im ersten Teil als Verteidiger eines zu Unrecht wegen Vergewaltigung angeklagten Schwarzen zum Vorbild wird - als verstockter Rassist mit einer ganzen Wagenladung an Vorurteilen gegenüber der schwarzen US-Bevölkerung.
„Es ist, als hätte man entdeckt, dass die Freiheitsstatue gespaltene Hufe hätte“, schreibt der „Guardian“, „schockierend“ findet es auch die „New York Times“. Man könne „To Kill a Mockingbird“ von nun an nie mehr so lesen wie früher, Atticus nie wieder im selben Licht sehen, sind sich die meisten Kritiker einig - es sei „das Ende der Unschuld dieses Romans“.
Umstrittene Wiederentdeckungsgeschichte
Aber nicht nur inhaltlich, auch dass „Go Set a Watchman“ überhaupt und ausgerechnet jetzt erscheint, sorgte für einiges an Diskussionen. Lees Anwältin Tonja Carter will das Manuskript im Herbst 2014 gefunden haben, der Text sei jahrzehntelang in einem Bankschließfach verwahrt gewesen. Bei einem Treffen mit der Familie und einer Freundin Lees habe jemand erwähnt, dass die Autorin irgendwann in einem Interview erzählt habe, dass dieser zweite Roman existiere. Bei ihren Recherchen habe Carter die losen Seiten schließlich ausfindig gemacht, die sich wirklich als zweiter Roman - und nicht, wie bis dahin meist angenommen, als eine frühe Fassung von „To Kill a Mocking Bird“ entpuppen sollten.
Durch die Vermittlung von Lees Londoner Agenten habe die heute 89-Jährige Autorin schließlich das Einverständnis zur Veröffentlichung von „Go Set a Watchman“ gegeben. Diese Entscheidung warf aber, vor allem bei Freunden und Bekannten von Lee, Fragen auf - die sehr zurückgezogen in einer betreuten Wohneinrichtung lebende Schriftstellerin sei aufgrund ihres Gesundheitszustands gar nicht in der Lage, selbst über die Publikation zu entscheiden, und ein Opfer von geldgierigen Verlegern geworden.
Zweifel am Geisteszustand der Autorin
Die Autorin sei oft „in ihrer eigenen Welt“, sagte der mit ihr befreundete Historiker Wayne Flynt der „New York Times“. „Welches Buch?“, habe sie ihn jüngst gefragt und dann gesagt, sie sei sich „nicht mehr so sicher“ wegen der ganzen Sache. Die Autorin Marja Mills, die Anfang der 2000er Jahre einige Monate neben Lee und ihrer inzwischen gestorbenen Schwester Alice lebte und darüber ein Buch schrieb, meldete ebenfalls Zweifel am Geisteszustand der preisgekrönten Schriftstellerin an. „Sie weiß von der einen auf die andere Minute nicht mehr, was sie jemandem gesagt hat“, zitierte Mills Alice Lee. „Alles, was sie hört, überrascht sie, weil sie sich an nichts mehr erinnert.“
Dass Lee etwas gegen die Veröffentlichung haben könnte, streitet Carter aber vehement ab. Im Gegenteil: Sie freue sich, sei ganz aufgeregt. Die ganze Diskussion über ihren Geisteszustand habe sie sehr enttäuscht und verletzt, wird die Anwältin im „Guardian“ zitiert. Eine nach einem anonymen Hinweis eingeleitete Untersuchung des Bundesstaats Alabama sollte herausfinden, ob die Autorin manipuliert oder übervorteilt wurde, kam jedenfalls zu keinem diesbezüglichen Ergebnis.
Drittes Buch gefunden?
Dass Lee nach dem Riesenwirbel, der um die „Go Set a Watchman“-Erscheinung gemacht wird, eventuell doch zu ihrer damaligen Leidenschaft zurückkehrt und ein weiters Buch schreiben könnte, schließt man in ihrem Umfeld trotzdem aus. Aber die findige Anwältin Carter ließ im Interview mit dem „Wall Street Journal“ („WSJ“) nebenbei fallen, dass „Go Set a Watchman“ nicht das einzige Manuskript sein könnte, das man im Bankschließfach gefunden habe.
Der Roman sei unter „einem Stapel anderer Texte“ gefunden worden. „War es eine frühere Version von ‚Watchman‘ oder von ‚Mockingbird‘? Oder, so wie es frühere Korrespondenzen nahelegen, ein drittes Buch, das die beiden anderen verbindet?“ Sollten Experten diese Theorie bestätigen und ein drittes Buch auftauchen, dann können sich die Verleger schon die Hände reiben.
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Quelle: [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]
"Wer die Nachtigall stört" war einer der ersten Filme über Rasissmus den ich gesehen habe, und derjenige, der mich bis heute am meisten beeindruckt hat.
Wer den ganzen Film (englisch mit Untertiteln) sehen möchte, hier ist er: [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]
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