Fernsteuerung - Wenn aus einem Nachtfalter ein Cyborg wird
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Fernsteuerung Wenn aus einem Nachtfalter ein Cyborg wird
Bizarre Experimente im Forschungslabor: Wissenschaftler implantieren Insekten und Weichtieren Chips und Elektroden – ferngesteuert sollen sie Gifte aufspüren und die Forschung vorantreiben.
Mischwesen, bei denen Maschinenteile den lebendigen Organismus ergänzen, kennt seit „Terminator“ jeder. Aber die Fiktion wird Wirklichkeit: Forscher züchten mittlerweile Schaben, Nachtfalter, Würmer und Schnecken – und versuchen, mit ihrer Hilfe Energie zu gewinnen oder sie als winzige und unauffällige Späher zu benutzen. Ist das wirklich noch sachliche Wissenschaft – oder entsteht in den Labors merkwürdige Cyborgs?
Schwer vorstellbar, dass Tiere von Menschenhand ferngesteuert werden können – doch bei einem Nachtfalter ist dies bereits gelungen
Noch leben die Versuchstiere abgeschottet in den Labors der Forscher. Daniel Scherson etwa hat mit seinem Team eine Brennstoffzelle entwickelt, die in einer Schabe funktioniert.
Der Chemieprofessor von der Case Western Reserve University gewinnt mithilfe dieser Brennstoffzelle elektrischen Strom aus dem Blut einer Kakerlake, genauer aus dem darin enthaltenen Zucker.
Das Minikraftwerk implantierten die Forscher in den Hinterleib der Schabe, wo es zweieinhalb Stunden lang Strom lieferte. Über das Experiment berichteten sie im „Journal of the American Chemical Society“.
Die winzige Brennstoffzelle besteht aus einem Bündel von wenige millionstel Millimeter dicken Kohlenstoff-Nanoröhrchen, die in eine 0,05 Zentimeter dicke Glaskapillare eingelassen sind.
Die elektrisch leitenden Kohlenstoffröhrchen bilden die beiden Elektroden der Brennstoffzelle. Die Anode haben die Forscher mit zwei Enzymen beschichtet. Sie setzen biochemische Reaktionen in Gang, welche den elektrischen Stromfluss bewirken.
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Im ersten Schritt spaltet das Enzym Trehalase den im Blut gelösten Zweifachzucker Trehalose in zwei Einfachzuckermoleküle auf. Diesen Glukosemolekülen werden dann von dem Enzym Bilirubin-Oxidase elektrische Ladungsträger entzogen.
Die an der Anode freigesetzten Elektronen wandern zur Kathode, wo sie mit Luftsauerstoff zu Wasser kondensieren. Hört sich kompliziert an, trägt aber einen einfachen Namen: Das Blut der Schabe funktioniert mit den Elektroden als Brennstoffzelle.
Noch allerdings sind die Leistungsdaten bescheiden. Maximal 100 Mikrowatt pro Quadratzentimeter bei einer Spannung von 0,2 Volt lieferte die weibliche Schabe, die den Eingriff „bei bester Gesundheit“ überstanden hat, wie die Forscher betonen.
Nun sollen die Elektrodenmaterialien verbessert, die Brennstoffzelle soll verkleinert und ein implantierbarer elektrischer Impulserzeuger gebaut werden.
Letzterer wird an das Nervensystem des Insekts angeschlossen und nutzt einen Teil der von der Brennstoffzelle erzeugten Energie dazu, bestimmte Nerven zu reizen. So will Scherson die „Cyborg“-Schabe fernsteuern: „Ausgerüstet mit einem Sensor, wäre das Insekt gezielt lenkbar, um giftige Gase aufspüren.“
Das Experiment hat den Ehrgeiz anderer Forscher angestachelt. Im Labor von Evgeny Katz, Professor für Bioelektronik und Bionanotechnik an der Clarkson Universität in Potsdam, New York erzeugen Schnecken ihren eigenen elektrischen Strom.
Mittels einer implantierten Brennstoffzelle, die Energie mit der im Schneckenblut enthaltenen Glukose gewinnt und ähnlich funktioniert wie im Schaben-Experiment.
„Zwischen 0,16 und 7,45 Mikrowatt liefert die Energiezelle und das über Monate“, sagt Katz stolz, der seine Ergebnisse ebenfalls im „Journal of the American Chemical Society veröffentlicht“ hat.
Hinter den skurril anmutenden Experimenten steckt eine ernste Absicht, sagt Shelley Minteer, Professorin für Biochemie an der Universität von Utah in Salt Lake City: „Die Experimente bringen uns bei der Entwicklung einer Energieversorgung für medizinische Implantate einen deutlichen Schritt voran. Wichtig ist, dass die Energieversorgung nicht nur klein ist, sie muss auch über einen langen Zeitraum funktionieren.“
Die Aufgabe haben sich auch französische Forscher gestellt. Vor zwei Jahren erprobte das Team um Philippe Cinquin, Professor für medizinische Informatik an der Joseph Fourier Universität in Grenoble erstmals das Prinzip einer auf körpereigener Glukose als Energiequelle basierenden, biochemisch betriebenen Brennstoffzelle.
Sie besteht aus einer enzymgetränkten Matrix aus Kohlenstoff-Nanoröhrchen, die die Forscher Ratten implantierten. Die Brennstoffzelle lieferte einen Monat lang Strom und kam auf eine Flächenleistungsdichte von einem Watt pro Quadratzentimeter.
Die Technik haben sich die Forscher patentieren lassen. „Ziel ist die Entwicklung eines künstlichen Blasenschließmuskels. Die Energie für die Steuerung liefert körpereigener Blutzucker“, sagt Cinquin. Eine eigens gegründete Technikfirma soll das Verfahren zur Marktreife bringen.
Einen neuen Therapieansatz für die Schmerzbehandlung erproben US-Forscher von der Universität von Buffalo mithilfe von magnetischen Nanopartikeln. Zunächst beschichteten sie die aus Eisen- und Manganoxid bestehenden winzigen Partikel, sodass sie sich nur an bestimmte Eiweiße von Nervenzellen anlagern. Wird ein äußeres Magnetfeld eingeschaltet, erwärmen sich die Teilchen.
Im Reagenzglasversuch gelang es damit, Capsaicin-Rezeptoren gezielt zu blockieren, welche Schmerzreize bei Verbrennungen oder Verätzungen auslösen. Auch bei Fadenwürmern zeigen die magnetischen Teilchen Wirkung. In die Nähe von Sinneszellen am Mund injiziert, veränderten sie beim Einschalten eines Magnetfelds das Verhalten der Tiere.
Statt munter herumzukriechen und Futter zu suchen, wirkten die Würmer wie paralysiert. Nun wollen die Forscher die Nanosonden nutzen, um Schmerzreize beim Menschen auszuschalten.
Ob auch ein ferngesteuerter Nachtfalter der Medizin nützt, darf bezweifelt werden, denn Auftraggeber für das Projekt ist das US-Militär. Ein halbes Gramm wiegt die aus Elektrode, Funkempfänger, Batterie und einem Impulserzeuger bestehende winzige Apparatur, die Joel Voldman vom Massachusetts Institute of Technology einem Tabakschwärmer eingepflanzt hat.
Mit bis zu zwölf Zentimeter Flügelspannweite ist der Nachtfalter groß genug für das Experiment. Die aus einem Polyamidpolymer bestehende, mit Gold und Kohlenstoff-Nanoröhrchen beschichtete Elektrode ist mit dem Hauptnervenstrang des Insekts verbunden, der auch die Flügel steuert.
Per Funkbefehl erhob sich der Falter und ließ sich in die gewünschte Richtung dirigieren, berichtet der Forscher im „New Scientist“. Das Militär hofft, ferngesteuerte Schmetterlinge künftig als unauffällige Aufklärer einsetzen zu können.
wenn das so weiter geht wird es bald keine normalen lebewesen mehr geben nur noch cyborgs die keine privatsspähre haben und vom staat kontrolliert werden.