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Ungelesen 03.03.12, 17:06   #1
Toclek
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Standard Hirntod und entstellte Leichname: Organspende und ihre Kritiker

Zitat:
Hirntod und entstellte Leichname
Organspende und ihre Kritiker

Die Neuregelungen in Sachen Organspende sollen dazu führen, dass mehr Menschen einer Entnahme ihrer Organe nach dem Tod zustimmen. Dazu muss man sich kritisch mit dem Thema beschäftigen. Es gibt in den Augen der Kritiker Gründe, die gegen eine Spende sprechen. Bei genauerer Betrachtung sind sie jedoch - aus wissenschaftlicher Sicht - hinfällig.

"Ja, ich gestatte, dass nach der ärztlichen Feststellung meines Todes meinem Körper Organe und Gewebe zur Transplantation entnommen werden."
Vor diesen Worten muss das Kreuz auf dem Organspendeausweis gesetzt sein, um einer Organentnahme nach dem Tod zuzustimmen. Künftig soll jeder Erwachsene in Deutschland regelmäßig gefragt werden, wo er sein Häkchen macht. Die Bundesregierung erhofft sich dadurch deutlich mehr Spenderorgane als bisher. 12.000 Menschen warten aktuell hierzulande auf eine Organtransplantation. Im Jahr 2011 wurden in Deutschland nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation nur rund 3900 Organe gespendet, mehr als 4050 jedoch wurden transplantiert. Deutschland ist eine Organ-Importnation.

In den meisten europäischen Ländern gilt bei der Organspende die so genannte "Widerspruchslösung": Das heißt, im Todesfalle dürfen dem Verstorbenen Organe entnommen werden, es sei denn, er hat zu Lebzeiten ausdrücklich widersprochen. In einigen Ländern haben die Angehörigen nach dem Tode noch ein Widerspruchsrecht. In Deutschland gilt die "erweiterte Zustimmungslösung". Wer zu Lebzeiten also nicht ausdrücklich einer Organentnahme zustimmt, wird nicht zum Spender. Angehörige haben nach dem Tod einer Person aber noch die Möglichkeit, eine Spende zuzulassen. Entscheidungsgrundlage soll hierbei der mutmaßliche - oder ihnen bekannte - Wille des Verstorbenen sein.

In 90 Prozent der Fälle entscheiden die Angehörigen über eine Organentnahme, weil der Verstorbene seinen Willen zu Lebzeiten nicht dokumentiert hat. Mit der Neuregelung soll sich dies ändern. Die Prognosen sind günstig, denn Umfragen zufolge stehen 70 bis 75 Prozent aller Deutschen einer Organentnahme positiv gegenüber. Ob diese jedoch auf Nachfrage auch zu Spendern werden, muss sich erst zeigen. Denn sich wirklich dafür zu entscheiden, ist etwas anderes als ein Lippenbekenntnis. Und eine Entscheidung bedeutet vor allem eines: Man muss sich mit dem Thema auseinandersetzen.

Hirn tot – Mensch tot?

Voraussetzung für eine Organentnahme ist in Deutschland neben der Zustimmung der Hirntod eines Menschen. Erst wenn dieser von zwei Ärzten unabhängig voneinander festgestellt wurde, folgen weitere Untersuchungen, ob der Verstorbene als Spender überhaupt geeignet ist. Doch hier stellt sich schon die erste Frage, bei der Kritiker der Organspende einhaken: Ist ein Mensch, dessen Hirntod festgestellt wird, wirklich tot? Immer wieder gibt es Mediziner, die die Zuverlässigkeit der Hirntod-Diagnose anzweifeln.

"Der Hirntod ist weltweit das einzige und eindeutig anerkannte Kriterium, den Tod eines Menschen festzustellen", erklärt Professor Günter Kirste gegenüber n-tv.de. Er ist Medizinischer Vorstand der Deutschen Stiftung Organtransplantation. "Es gibt ein paar Ethiker in Deutschland, die das bestreiten. Aber da kann ich Ihnen sagen: das ist wissenschaftlich nicht haltbar. Ebenso könnte man behaupten, die Erde sei eine Scheibe. Das hätte einen ähnlichen wissenschaftlichen Gehalt." Nichtsdestotrotz versteht er die Angst, die manche Menschen haben. "Diesen Ängsten kann man nur entgegentreten, indem man umfassend sachlich und wissenschaftlich aufklärt", so Kirste.

Kritiker der Hirntod-Diagnose führen immer wieder an, der Körper sei bei einem Hirntod noch am Leben: das Herz schlage, der Blutkreislauf sei intakt. "Der Körper lebt aber nicht mehr", sagt der Professor. "Das Herz schlägt nur noch, weil die Herzfunktion durch entsprechende Maschinen aufrecht erhalten wird." Für die Organtransplantation ist das sehr wichtig, damit die Organe, die entnommen werden sollen, möglichst lange durchblutet werden.

Narkotika und Muskelrelaxan für Tote?

Warum aber, so könnte man kritisch weiter fragen, werden Organspendern vor der Entnahme Narkotika gespritzt? Auch das sehen Zweifler als Eingeständnis, dass sich selbst die agierenden Ärzte nicht hundertprozentig sicher sind, dass der Spender keine Schmerzen mehr empfindet. "Es gibt einige Anästhesisten, die meinen, bei einer Organentnahme Schmerzmittel geben zu müssen", sagt Kirste. Längst sei dies aber nicht überall der Fall. "Und Schmerzmittel sind auch nicht nötig." Warum?

Die Deutsche Stiftung Organtransplantation erklärt auf ihrer Webseite ausführlich, welche Kriterien erfüllt sein müssen, damit ein Mensch als "hirntot" gilt. Neben diversen Reflex-Tests wird auch die Fähigkeit zur selbstständigen Atmung überprüft. Und: Es wird geprüft, ob der Patient "keinerlei zentrale Reaktion auch auf stärkste Schmerzreize erkennen lässt". Durch die Feststellung des Hirntodes sei ein Schmerzempfinden absolut ausgeschlossen, sagt der Mediziner.

Entstellter Leichnam nach Organspende?

Einige Menschen denken bei der Verweigerung einer Organspende weniger an sich selbst, als an ihre Angehörigen. Die Angst, der Leichnam sei nach der Organentnahme verstümmelt und unansehnlich, ist jedoch unbegründet. Kirste: "Ein Organspender sieht nach der Organentnahme aus wie jeder andere Leichnam auch."

Es gebe jedoch eine Ausnahme: Die Entnahme der Hornhaut der Augen. "Es gibt eine ganze Reihe von Menschen, die einer Hornhaut-Entnahme nicht zustimmen, weil man dann dem Toten nicht noch einmal in die Augen sehen kann. Diese Entscheidung kann ich durchaus nachvollziehen", sagt Kirste. Für solche Fälle gibt es im Organspendeausweis die Möglichkeit, Ausnahmen zu formulieren. Man kann einer Organspende grundsätzlich zustimmen, aber ausdrücklich festlegen, dass man etwa eine Entnahme der Hornhaut nicht wünscht.

Information soll Zweifel ausräumen

Die Neuregelung beim Thema Organspende hält Günter Kirste grundsätzlich für einen Schritt in die richtige Richtung. Allerdings fordert er eine umfangreiche Aufklärung der Menschen, damit sich jeder selbst ein Bild machen könne. Nur so könnten die Vorbehalte gegen eine Organspende aus der Welt geschafft werden.

Rational gesehen gibt es keinerlei Gründe, eine Organspende grundsätzlich zu verweigern. Dennoch muss man die Ängste und Sorgen der Menschen ernst nehmen, denn sie sind verständlich und natürlich. Das liegt sicher nicht zuletzt daran, dass die Frage zur Spendebereitschaft unmittelbar mit dem Gedanken an den eigenen Tod - und vor allem dem eigenen Sterben - zusammenhängt. Beides ist für viele mit Angst oder zumindest Unbehagen verbunden. In Wirklichkeit ist die Frage nach der Organspende aber keine Frage nach dem Tod. Sie ist eine Frage nach dem Leben.
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