Es sollte das größte Ding der Kriminalgeschichte werden. Mit einer Beute von sechstausend Milliarden Dollar. Doch die Nummer war viel zu groß für kleine Ganoven.
Info
Solche Kisten kennt man aus alten Western. Meistens ist Gold drin. Und sie werden in Postkutschen von Wells Fargo durch die Prärie gerüttelt. Die Kutschen werden von bösen Räubern überfallen, die Kisten geklaut. Doch am Ende sind schießgewaltige Marshalls meistens besser. So ähnlich läuft es auch jetzt gerade ab, im realen Gaunerleben.
Die Kisten, die derzeit im Mittelpunkt eines Aufsehen erregenden Italo-Krimis stehen, sind aus schwarzem Holz und bleischwer. Jede wiegt mehr als zwei Zentner. "Federal Reserve Chicago" steht in bronzenen Lettern darauf. Drinnen sind eiserne Behälter, prall gefüllt mit amerikanischen Staatsanleihen aus dem Jahre 1934. Schein um Schein nummeriert, katalogisiert, insgesamt 5973 Stück. Jeder Schein hat einen Wert von einer Milliarde US-Dollar. Alles zusammen eine unfassbare Menge Geld.
5973 Milliarden, knapp sechs Billionen Dollar, das sind rund 4,6 Billionen Euro. Damit könnte man mit einem Schlag die kompletten Staatsschulden von Deutschland und Italien bezahlen - und die der Griechen und Portugiesen mit dem Rest gleich mit. Man könnte auch die USA in die Pleite treiben, wenn man die Papiere auf einen Schlag gegen Bargeld tauschen wollte. Sogar das Weltfinanzsystem könnte man womöglich in Unordnung bringen. Oder einfach nur reich werden wie der sagenhafte König Krösus, also viel viel reicher als Bill Gates.
Man kann aber auch einfach ins Gefängnis kommen. Wenn, zum Beispiel, der ganze wunderbare Reichtum eine Fälschung ist. Und genauso endete der Traum vom Milliardenvermögen jetzt für acht Italiener im Alter zwischen 52 und 73. Einer ist Ex-Bürgermeister einer Kleinstadt, ein anderer soll Mafia-Verbindungen haben, alle sind vorbestraft. Wie sie in den Besitz der Schatzkisten gekommen sind, ist nicht wirklich klar. Darüber, wie sie versuchten, deren Inhalt zu Geld zu machen, wissen die Behörden hingegen eine ganze Menge.
Interpol und CIA waren den Ganoven auf den Fersen
Denn so einfach wie im Traum war das Billionen-Geschäft in Wirklichkeit nicht. Wer hat schon Milliarden Dollar oder Euro bei der Hand? Die Schuldschein-Verkäufer wandten sich an Regenten von Entwicklungsländern wie an italienische und schweizerische Banken. Vergebens. Die Bankiers wollten die US-Schuldscheine weder für ein paar lumpige Millionen kaufen, ja nicht einmal als Pfand für Kredite akzeptieren.
Damit nicht genug, jede Menge Agenten kamen den Besitzern der schweren Truhen bei deren langwierigen Suche nach Kunden auf die Spur. Neben der italienischen und der schweizerischen Polizei waren auch Interpol und der amerikanische Geheimdienst CIA hinter ihnen her. Hunderte, womöglich Tausende Telefongespräche wurden abgehört. Im September 2010 ging der erste Fisch ins Netz. Bei einer Hausdurchsuchung in Rom stießen die Fahnder auf vier US-Anleihen, jede mit einem "Nominalwert" von 500 Millionen Dollar. Das ist zwar schon ein ordentliches Sümmchen, aber die Ermittler wollten mehr.
Bald darauf hörten die Polizei-Lauscher ein Telefonat ab, in dem von der Verlagerung eines Billionen-Schatzes von Hongkong nach Zürich die Rede war. Freundlicherweise beschlagnahmten schweizer Behörden die Kisten in einem Züricher Hochsicherheits-Depot und überstellten sie der italienischen Justiz. Die war anfangs eher ratlos ob des aufregenden Fangs.
Operation Vulcanica
Zuständig für den Fall ist die Staatsanwaltschaft des 70.000-Einwohner-Städtchens Potenza, Hauptstadt der kleinen süditalienischen Region Basilicata. Dort, rund um den erloschenen Vulkan Monte Vulture, leben offenbar die Anführer der Gruppe, die sich mit den US-Schätzen reich machen wollte. Entsprechend wurde die Polizei- und Justiz-Operation "Vulcanica" getauft.
Aber was sollten die Ermittler anfangs von ihrem Fund auch halten? Die Papiere wirkten alt, echt - genauso wie ihre Verpackung. Aber sechs Billionen Dollar? Ist solch ungeheurer Geldwert auf einem Haufen überhaupt denkbar? Vorstellbar sei das schon, rein theoretisch, sagten Wirtschaftsfachleute. Denn 1934, dem Ausgabedatum der Anleihen, versuchten die Amerikaner aus der langen Rezession nach der Weltwirtschaftskrise von 1929 herauszukommen. Präsident Franklin D. Roosevelt wagte es mit einer damals revolutionären Wirtschaftspolitik: Investitionen auf Pump. Der US-Staat verschuldete sich mit vielen Milliarden und kurbelte damit die Konjunktur an.
Zum andern waren damals große Geld- und Goldmengen - und entsprechende Schuldtitel - rund um den Globus unterwegs, Konsequenzen der gewaltigen Kosten des Ersten Weltkriegs und dessen Reparationszahlungen. Es war also theoretisch durchaus die passende Zeit für Billionen-Schuldpapiere der Amerikaner. Und, gewiss kein Zufall: In einer der Truhen fand sich in einem Blei-Zylinder eine Kopie des Vertrages von Versailles, vom 28. Juni 1919, in dem Deutschland gewaltige Zahlungen an die Siegermächte verspricht.
Doch, selbst die Vertragskopie war gefälscht - wie alle übrigen Dokumente. Das befand das amerikanische Schatzamt nach eingehender Prüfung der Papiere. Nun können, wenn ein Schuldner seine Schuldbriefe als gefälscht bezeichnet, durchaus Zweifel bleiben. Wären die Anleihen echt, müsste Washington sie ja irgendwann bezahlen. Nur, bislang fand sich kein Experte, aus keinem Land, der die Papiere für echt hielt - nur für sehr gute Fälschungen. Die freilich brachten jedem, der sie bis heute verkaufen wollte, kein Glück.
Der Lockruf des Geldes
Wer eigentlich zuerst auf die Schatzkisten stieß, ist nicht ganz klar. Jedenfalls waberten Gerüchte von ihrer Existenz schon seit einigen Jahren durch die europäische, vor allem die italienische Halb- und Unterwelt. Real wurde die Geschichte erstmals 2009. Da kontrollierten italienische Zöllner zwei Männer, die in einem Zug in Richtung Schweiz saßen, und machten einen sagenhaften Fang: Im doppelten Boden eines Koffers entdeckten sie 249 US-Staatsobligationen mit einem Nennwert von je 500 Millionen Dollar sowie zehn Bonds zu je einer Milliarde Dollar. Gesamtwert also: 134 Milliarden Dollar. Schon jubelten italienische Medien, der Finanzminister dürfe sich auf über 30 Milliarden freuen, die als Strafe für den illegale Geldtransfer in seine Kasse spülen werde. Aber schon damals erwiesen sich die schön gedruckten Anleihen als unecht.
Im gleichen Jahr wurde auch die spanische Polizei fündig. In drei Handkoffern fand sie Geld und Anleihen im Gesamtwert von sagenhaften 16,5 Billionen Dollar - allesamt gefälscht natürlich. Eine Gruppe Männer sei mit der verlockenden Pracht durchs Land gezogen und habe Finanziers gesucht - für eine angeblich "aussichtsreiche" Klage gegen die Amis, die ihre Anleihen nicht zurückzahlen wollten. Dutzende von Unternehmern, vermutete die spanische Polizei damals, könnten geprellt worden sein. Aber sehr wahrscheinlich ist das nicht. Man hat nämlich nie wieder von dem Fall gehört. Viel nahe liegender ist, dass auch dieser Versuch, die Billionen-Papiere zu Geld zu machen, weitgehend scheiterte.
Offenbar im Nichts endete, glücklicherweise, auch der Versuch der Basilicata-Bande, mit einer Gruppe von Nigerianern ins Geschäft zu kommen. "Hör mal", sagt einer der jetzt Verhafteten in einem abgehörten Telefonat im Dezember zu einem bislang Unbekannten, "haben deine nigerianischen Freunde nun dieses Plutonium oder nicht? Und wollen sie es nun verkaufen oder nicht?" Aber auch dieser Versuch, aus dem - vermeintlichen - US-Staatsschatz Kapital zu schlagen, sei fehlgeschlagen, sagt die Polizei. Aber sie sagt auch, im Umlauf seien weiterhin noch falsche US-Papiere im Wert von drei Billionen Dollar. Stoff genug, um weitere Ganoven anzulocken. Und hoffentlich sind die Marshalls auch weiterhin besser als die Postkutschenräuber.
Hört sich so an, als hätten die Amis diese Papiere damals selber gefälscht, sie "verschwinden" lassen, um jetzt Jahrzehnte später, nicht bezahlen zu müssen. Das nenn ich clever.
LoL also wer da gedacht hat er würde damit reich der kann doch wirklich nur nen Sockenschuss haben.
Währe das irgend was anderes gewesen aber Staatsanleihen ich weiss ja nicht.
Das fällt doch auf^^