Der EU-Rat hat am Freitagvormittag das Anti Counterfeiting Trade Agreement (ACTA) abgenickt, mit dem Produktpiraterie und Urheberrechtsverletzungen bekämpft werden sollen. Das EU-Parlament kann dem umstrittenen Abkommen die Zustimmung noch verweigern.
Bei einem Treffen der Landwirtschaftsminister in Brüssel stimmte der EU-Rat am Freitagvormittag dem Anti Counterfeiting Trade Agreement (ACTA) zu. Die formelle Unterzeichnung des umstrittenen Abkommens soll am Wochenende bei einer Tagung der Welthandelsorganisation (WTO) in Genf erfolgen.
Das Handelsabkommen, dessen [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ] seit vergangenen Dezember vorliegt, wurde seit 2008 unter anderem zwischen der EU, den USA und Japan ausgehandelt und sieht scharfe Maßnahmen gegen Markenrechts- und Urheberrechtsverletzungen vor.
"Einschränkungen bei Datenschutz und Meinungsfreiheit"
Nach Meinung von Rechtsexperten [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ] das weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgehandelte Abkommen in vielen Punkten gegen EU-Recht und schränkt Datenschutz und Meinungsfreiheit ein.
“Das ACTA-Abkommen ist ein weiterer Schritt zum Abbau von Meinungsfreiheit und Datenschutz im Netz. Die Interessen der Rechteinhaber werden diesen fundamentalen Rechten übergeordnet", [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ] Markus Beckedahl von der deutschen Digitalen Gesellschaft am Freitag: Das Abkommen lege die Regulierung der Meinungsfreiheit in die Hände privater Unternehmen, da etwa Internet-Anbieter dazu verpflichtet werden könnten, Online-Inhalte zu überwachen.
EU-Parlament kann Zustimmung verweigern
Das EU-Parlament, das sich in den nächsten Monaten mit ACTA befassen wird, kann dem umstrittenen Handelsabkommen noch die Zustimmung verweigern.
Europäische Bürgerrechtsorganisationen, darunter die Digitale Gesellschaft und die französische Organisation [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ], rufen nun EU-Bürger dazu auf, an EU-Parlementarier zu [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ], gegen das umstrittene Abkommen zu stimmen.
Ihr könnt mithelfen, so viel Aufmerksamkeit wie möglich über alle sozialen Netzwerke zu schaffen (Twitter, Diaspora, Facebook, Google+ etc.) oder über ACTA bloggen.
2. Kontaktiert Eure Europaabgeordneten
Anrufen
Ihr könnt die Europaabgeordneten kontaktieren…bitte immer höflich und ruhig
Hier geben wir Euch ein Beispiel für einen Anruf – es ist aber immer besser, so spontan wie möglich zu bleiben:
DU: “Hallo, Ich würde gerne mit Herrn/Frau MdEP sprechen bitte.
AssistentIn: Herr/Frau MdEP ist zurzeit in einem Meeting, Ich bin der/die AssistentIn, was kann ich für Sie tun?”
DU: Mein Name ist…, Ich rufe aus/von … an und ich mache mir Sorgen um die bevorstehende Abstimmung zum ACTA-Abkommen.
AssistentIn: Gut, ich verstehe. Wir haben schon Anrufe diesbezüglich bekommen und ich habe gerade keine Zeit.
DU: Es ist aber sehr wichtig! Die geheimen Verhandlungen zum ACTA umgehen alle demokratischen Prozesse und das Europäische Parlament muss zeigen, dass es EU-Bürger beschützen will.
AssistentIn: Machen Sie sich keine Sorgen. Der Text ist nicht so schlimm wie Sie gehört haben, alles wird gut.
DU: (Setzt hier ein Argument Eurer Wahl ein, siehe unten).
Zum Beispiel: Die Interessen der Rechteinhaber werden der Meinungsfreiheit, dem Recht auf Privatsphäre und anderen Grundrechten übergeordnet. Im Juli 2011 hat eine [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ] gezeigt, dass “eine bedingungslose Zustimmung wäre angesichts der Probleme, die das ACTA aufwirft, eine unangemessene Antwort des Europäischen Parlaments”.
AssistentIn: “Ich werde dies Herrn/Frau MdEP ausrichten.”
DU: “Vielen Dank, dass Sie mir zugehört haben. Ich werde Sie bald nochmals anrufen, um herauszufinden, was Herr/Frau MdEP dazu gesagt hat. Auf Wiederhören.”
Europaabgeordnete können auch angemailt werden unter [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ],
Faxnummern sind: +32 2 284 9xxx
Briefe: Herrn/Frau MdEP, Europäisches Parlament, Rue Wiertz, B-1047 Brussels, Belgium.
Unterstützt alle aktiven Organisationen
Es gibt bereits viele lokale und europäische Vereine und Organsiationen, wie EDRi, La Quadrature du Net, Bits Of Freedom, Ärzte ohne Grenzen und viele andere, die im Kampf gegen ACTA aktiv sind.
Solltet Ihr keine Zeit haben, dann hilft eine kleine Spende schon weiter!
Argumente & Hintergrundinfos
Handel und Innovation
Das Handelsabkommen ist mittlerweile zum Anti-Handelsabkommen verkommen.
Der eigentliche Idee hinter dem Abkomen war die Schaffung eines neuen international geltenden Rechtsrahmens, dem sich Länder wie Indien oder China freiwillig anschliessen können. Im Gegenteil: Die geheimen Verhandlungen haben nun dazu geführt, dass China, Indien und Brasilien das Abkommen während eines WTO-Meetings im Oktober 2010 scharf kritisierten und sich distanziert haben.
Während das Abkommen für die EU rechtsverbindlich ist, ist es für die Vereinigten Staaten unverbindlich – der grösste Konkurrent der EU bleibt also flexibel. Dies schafft Rechtsunsicherheit und die USA müssen sich nichtmals an alle Regelungen des Abkommens halten, sobald sie einen Wettbewerbsvorteil benötigen.
Das ACTA-Abkommen wird unfaire Handelsschranken für den internationalen Handel schaffen. Wie China bereits bewiesen hat, können informelle und nicht gesetzeskonforme Vereinbarungen mit Internet-Providern leicht als nicht-tarifäre Handelsbeschränkungen verwendet werden.
Das ACTA-Abkommen kann wettbewerbswidriges Verhalten fördern. Da Internetanbietern rechtliche Verantwortlichkeiten auferlegt werden, werden kleine Internet-Firmen nicht die Kapazitäten aufbringen können, um die rechtlichen Anforderungen erfüllen können, was größeren Firmen einen signifikanten Vorteil verschafft.
Meinungsfreiheit und Datenschutz
Die Interessen der Rechteinhaber werden Meinungsfreiheit, Datenschutz und anderen Grundrechten übergeordnet.
ACTA drängt Internet-Provider zur Überwachung ihrer Netzwerke und zur Offenlegung persönlicher Daten der angeblichen Rechteverletzer. Anwälte und vermeintliche Urheberrechts-Inhaber in Europa, nutzen bereits Zwangstaktiken, um unschuldige Nutzer durch die Erhebung großer Summen für “Abfindungszahlungen” zu instrumentalisieren und so Gerichtsverhandlungen zu verhindern. Das ist eine Politik, die die EU versuchen sollte zu verbieten – und nicht zu exportieren!
ACTA legt die Regulierung der Meinungsfreiheit in die Hände privater Unternehmen, da das Abkommen Dritte, wie zum Beispiel Internet-Provider, dazu verpflichtet Online-Inhalte zu überwachen, deren Rolle es nicht ist, über die Meinungsfeiheit der EU-Bürger zu bestimmen.
Die endgültige Fassung des Abkommens, dessen Bedeutung nicht vor der Ratifizierung klargestellt wurde, ist vage und könnte so ausgelegt werden, dass zahlreiche Bürger für geringfügige Vergehen kriminalisiert werden.