„Doof ist cool“ Bildungsstandort Deutschland - Die verbildete Republik
Zitat:
Unser Land genießt in der Welt den Ruf eines Techniklandes. Qualität „Made In Germany“, so heißt es immer wieder, wird im Ausland geschätzt und nicht ohne Grund oft kopiert. Viele Industrien hatten ihre Ursprünge in deutschen Köpfen, wie z.B. die chemische oder die Eisenbahnindustrie. Die Erfindungen damals waren Meilensteine und wurden auch als diese gefeiert und öffentlich anerkannt. Heutzutage gehen nicht nur die Forschungsleistungen in Deutschland zurück, sondern auch deren Würdigung und dies, obwohl das heutige Internetzeitalter viel mehr Möglichkeit in dieser Hinsicht bietet. Der US-amerikanische Trend „Doof ist cool“ scheint auch an unserem Land nicht spurlos vorbeizugehen. Dies liegt sicher auch nicht zuletzt daran, dass Teile der Medienlandschaft und auch Politik seit Jahren eine Hetzjagd auf Gutverdiener und oftmals dementsprechend die intellektuelle Elite vollführen.
Achtung viel Text, Mehr:
Einige der genannten Punkte sind dafür verantwortlich, dass in Deutschland das Gespenst des Fachkräftemangels grassiert. Besonders jene deutschtypischen Berufe auf Basis eines ingenieurwissenschaftlichen Abschlusses werden immer seltener gewählt, weshalb dort der Mangel am gravierendsten auffällt. Die Zahlen der Hochschulabsolventen in den MINT-Studiengängen(Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Ingenieurwissenschaften) gehen, trotz eines kurzfristigen Booms der Informatik, immer weiter zurück, im speziellen Fall der Ingenieure ist ein Rückgang von 22 auf 18 Prozent(von den Hochschulabsolventen belegten jene Studienrichtung) im Zeitraum von 1992 bis 2008 zu verzeichnen. Nicht nur deswegen kommt da die Frage auf, warum diese Ausbildungen so unattraktiv für die Jugendlichen geworden sind? An der Bezahlung kann es nicht liegen, schließlich ist es eine ganz normale Marktentwicklung, dass wenn das Arbeitsangebot von Seiten der Arbeitnehmer zurückgeht und gleichzeitig die Arbeitsnachfrage durch den Arbeitgeber gleich bleibt, dann steigt der Lohn. An der Zahl der Studienanfänger kann es auch nicht liegen, diese steigt im kommenden Wintersemester, durch Abschaffung der Wehrpflicht und des Zivildienstes, auf eine neue Rekordhöhe. Die logische Konsequenz kann also nur lauten: Es wird nicht zu wenig gebildet, sondern falsch!
Ein kurzer Crashkurs zum Status Quo.
Punkt 1: Die Universität bekommt Geld für jeden Studienanfänger. Dadurch ist eine Universität von Natur aus unter Druck möglichst viele Studienanfänger zu besitzen, Geld ist schließlich immer knapp – ein ganz wunder und elementarer Problemzweig.
Punkt 2: Die Betreuungsverhältnisse in den Universitäten werden immer schlechter. Die Zahl der Studenten steigt, die Zahl der Uni-Mitarbeiter/Professoren stagniert oder sinkt.
Punkt 3: Studium ist kein „elitäres Gut“ mehr. Da mittlerweile ungefähr 40 % eines jeden Abiturjahrganges ein Studium anfängt und in vielen Fächern die Numerus Clausus-Beschränkung entweder aufgehoben oder angehoben wurde, beginnt auch logischerweise ein großer Teil von Jugendlichen ein Studium, obwohl er den Anforderungen eines Studiums eventuell nicht gewachsen ist. Dadurch schnellen die Abbrecherquoten immer weiter in die Höhe, in den genannten MINT-Fächern beendet fast jeder zweite Student ohne den ursprünglich angestrebten Abschluss ein solches Studium.
Punkt 4: Die Einstellung der Studenten und Studienanfänger zum Hochschulstudium hat sich verschlechtert. Eine Bereitschaft zur Priorisierung seiner eigenen Bildungskarriere ist zurückgegangen, oftmals wird erwartet, dass einem nahezu alles in den Schoß fällt und man möglichst wenig Aufwand für seinen Abschluss betreiben muss. Dieser Punkt ist auch ein Hauptgrund dafür, dass MINT-Fächer schon von vornherein weniger gewählt werden, relativ gesehen. Ein Studium in diesem Bereich hat Voraussetzungen in unbeliebten Bereichen wie Mathematik, Physik, Chemie oder Informatik. Nicht zuletzt ist auch der Anspruch insgesamt höher als in sozialwissenschaftlichen oder etwa wirtschaftswissenschaftlichen Studiengängen.
Der Leiter der Zentralen Studienberatung an der RWTH Aachen, eines der technischen Aushängeschilder in der deutschen Hochschullandschaft, Wolfgang Loggen gibt dahingehend einige Tipps, was beim bzw. vorm Studium eines MINT-Faches beachtet werden sollte. An erster Stelle steht das Informieren. "Das ist doch alles vom heimischen PC aus abrufbar", sagt Loggen und meint damit, dass es heutzutage völlig anstrengungslos möglich ist, sich nahezu optimal über Leistungsanforderungen, Aufbau und Erfahrungen älterer Semester zu informieren. Zweitens braucht man, wie oben schon angesprochen, die richtige Einstellung zum Studium. "Erfolg in einem MINT-Studium haben am Ende nicht nur die mit einem Einser in Mathe", hat Wolfgang Loggen beobachtet. Es wird immer Rückschläge geben und für einen guten Abschluss muss natürlich auch etwas getan werden. Oftmals sind emsige Studenten mit schlechteren Voraussetzungen im späteren Berufsleben die erfolgreicheren Arbeiter, einfach weil sie die bessere Einstellung besitzen. Der dritte und vielleicht wichtigste Punkt den Loggen anspricht ist die Hilfesuche. Studienberatungen, Einführungskurse und Nachhilfeunterricht gibt es an jeder Uni und das meist nicht zu knapp. Zu guter Letzt sollte der Kopf auch bereits vor dem ersten Vorlesungstag angestrengt werden und die Wahl des Studiums reiflich überlegt sein. Auch wenn ein Quereinstieg in andere Branchen/Studiengänge jederzeit möglich ist, fällt man doch eine langfristig wichtige Entscheidung und diese sollte nicht im Vollrausch auf der Parkbank neben dem sich übergebenden Kumpel getroffen werden.
Auf den Aspekt des Geldmangels muss noch genauer eingegangen werden. Bislang habe ich ausschließlich die Seite des Studenten betrachtet, kommen wir nun deshalb zur anderen Seite, der der Universität. Da wir in Deutschland zum Großteil staatlich finanzierte Hochschulen haben, sind diese ausschließlich auf die Gunst des Staates angewiesen und dessen Probleme, wie z.B. Finanzkrise, werden mittelfristig auch deren Probleme - in Form von Kürzungen beispielsweise. Nicht zuletzt wird das immer pünktlich zum Wintersemester aufkommende Einschreibechaos dadurch hervorgerufen, dass die Uni an allen Ecken und Enden sparen muss und dies natürlich auch beim Verwaltungspersonal. Des Weiteren kommt es nicht selten vor, dass aufgrund mangelnder finanzieller Mittel nicht genug Lehrmittel/Kapazitäten zur Verfügung stehen und somit nicht nur der Student, sondern auch der Professor in seiner Arbeit beeinträchtigt wird. Durch den chronischen Geldmangel und des Anreizes auf mehr Geld bei mehr Studienanfängern stellen Universitäten logischerweise auch in erster Linie die günstigen Studiengänge in großer Zahl zur Verfügung und werben auch in dieser Richtung vermehrt. Ein technischer Studiengang kostet von Natur aus mehr Geld, als ein sozialwissenschaftlicher oder geisteswissenschaftlicher.
Viele verschiedene Aspekte führen schlussendlich zu dem Ergebnis, dass Deutschland auf eine Zukunft hinsteuert, die nicht nur ärmer an Fachkräften und daraus folgend mehr auf Immigration angewiesen sein wird oder immer mehr Firmen ihre Produktion auslagern werden. Zusätzlich sinkt durch Verkürzung der Studienzeit, Mangel an Lehrkräften(sowohl in Schule, als auch Hochschule) und chronischer Geldknappheit die Lehrqualität kontinuierlich und wird lediglich nach außen hin durch „vergleichende Tests“ wie PISA kaschiert. Es gilt immer mehr: Selbst ist der Mann und selbst ist die Frau. Jeder ist für seine Karriere selbst verantwortlich und der Bessere wird sich in der langen Frist immer durchsetzen.