Willkommen |
|
myGully |
|
Links |
|
Forum |
|
|
|
 |
21.05.10, 19:27
|
#1
|
vivre et laisser vivre.
Registriert seit: Feb 2010
Ort: da
Beiträge: 341
Bedankt: 167
|
Köhler-Besuch in Afghanistan: "Ich will wissen, wie es hier aussieht"
Zitat:
Blitzbesuch im Kampfgebiet: Gerade mal zwei Stunden dauerte Horst Köhlers Visite im Bundeswehrcamp Marmal in Nordafghanistan. Der Bundespräsident wurde mit den Sorgen und dem Frust der Soldaten konfrontiert - und bekam ungeschminkte Einblicke in den umstrittenen Einsatz.
Es war ein Kurzbesuch. Gerade mal zwei Stunden lang besuchte Bundespräsident Horst Köhler das Bundeswehr-Camp Marmal in Masar-i-Scharif. Für die Visite legte er auf dem Rückweg von China extra einen Stopp ein. Noch nie zuvor hatte das Staatsoberhaupt die Einheiten am Hindukusch besucht. Bei seiner Premiere hat Köhler ein Versprechen dabei. "Sie sind bereit, das Höchste, ihr Leben, für unsere Werte, für Frieden, Recht und Freiheit einzusetzen", sagt er bei seiner Ansprache. Er wolle alles tun, "damit in Deutschland gewürdigt wird, was sie in Afghanistan leisten".
Lange will Köhler nicht am Pult reden, sagt er, es wurden tatsächlich nur zehn Minuten. Seine zentrale Nachricht wiederholt er dabei mehrmals. "Ihr Einsatz ist richtig und wichtig", sagt er, "aber er ist auch richtig und legitim". Er habe "volles Vertrauen" und "tiefen Respekt" vor den deutschen Soldaten. Vor allem aber wünsche er sich, "dass sie alle gesund nach Hause kommen". Der Einsatz für mehr Anerkennung der Leistungen der Soldaten, es ist Köhlers Leitmotiv bei der Blitzvisite, dem wohl kürzesten Besuch eines deutschen Politikers in Afghanistan.
Köhler aber betont, ihm sei die Reise wichtig gewesen. Zwar hat er schon ein paarmal Truppenübungsplätze angesteuert. Er hielt die Rede zur Einweihung des Ehrenmals für gefallene Soldaten in Berlin. Im Herbst sprach der Präsident wörtlich vom Kampfeinsatz der Bundeswehr, damals noch ein Tabu. Er verneigte sich vor den gefallenen Soldaten. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg oder Kanzlerin Angela Merkel bekamen für solche Wahrheiten später Applaus. Köhlers Rede aber ging unter. Afghanistan wurde - wie andere drängende Fragen - nie ein Thema des Staatsoberhaupts.
Köhlers Besuch als Symbol für die Soldaten und die deutsche Öffentlichkeit
Der erste Besuch eines Bundespräsidenten bei den durch Angriffe und gefallene Soldaten verunsicherten Truppen am Hindukusch sollte gerade deshalb ein Symbol sein - für die Soldaten, aber auch für die deutsche Öffentlichkeit. In einer Zeit, in der die Mission in Afghanistan mehr als umstritten ist, in der Deutschland monatelang über Oberst Georg Klein und seinen fatalen Bombenbefehl diskutiert hatte, wollte Köhler etwas beweisen. Dass er Debatten beeinflussen kann. Ein wenig wollte er auch die aktuelle Kritik widerlegen, er sei als Präsident schlicht nicht markant genug.
"Ich will wissen, wie es aussieht hier", das sagt der oberste Mann im Staate stets, wenn er auf Reisen ist. Und er ist viel unterwegs, egal ob in Donaueschingen oder Daressalam. Auch im Camp Marmal lässt das Köhler-Mantra nicht lange auf sich warten. Leicht verschwitzt steht der Präsident im Atrium des Lagers, vor ihm rund 400 Soldaten. "Ich will zuhören", ruft er ihnen zu, "reden sie so offen mit mir, als wenn sie mit ihren Kameraden reden". Dann mischt er sich in die Menge, federnd steuert er einen Stehtisch an.
Die Unterhaltung beginnt träge und ist doch irgendwie symbolisch. Forsch stellt sich Köhler hin. Er bekommt ein Glas Wasser, nun soll es losgehen. Keiner der Soldaten wagt sich so recht ran an den Präsidenten. Also fängt Köhler selbst an. In seiner Rede hatte er gesagt, für einen Erfolg brauche man "begründete Zuversicht", dass es klappen kann. Nun will er wissen, ob die Soldaten diese Zuversicht haben. Schweigen, sekundenlang. Köhler fixiert einen der Soldaten. "Na ja", sagt der und zuckt mit den Schultern. Köhler lächelt, er blinzelt wegen der Sonne.
Was Köhler nach ein paar Höflichkeitsfragen zu hören bekommt, entspricht viel mehr als bei vielen anderen Polit-Besuchen der wirklichen Stimmung in der Truppe. Offen beklagen sich die Soldaten über ihre unzureichende Ausrüstung oder das Training. Hochrot und leicht stotternd vor Nervosität berichtet ein Kraftfahrer, dass er und seine Kollegen erst im Einsatzland lernen würden, wie man die "Dingos" lenken müsse. Köhler ist erstaunt. Solche Dinge könne man doch abstellen, sagt der Präsident, oder etwa nicht?
"Machen wir denn genug Druck bei der Polizeiausbildung?"
Ganz plötzlich reden Köhler und die Soldaten am Stehtisch über die zentralen deutschen Ziele in Afghanistan. Wie es denn beim Polizeiaufbau laufe, fragt er einen Beamten aus Baden-Württemberg. Der Polizist in makellos gebügelter Uniform druckst ein bisschen herum, flüstert von "ersten Schritten", der "richtigen Richtung", von Teilerfolgen. Köhler setzt nach. "Ja, machen wir denn genug Druck bei der Polizeiausbildung?" Der Beamte stockt, sammelt seinen Mut. "Um ganz ehrlich zu sein, Herr Präsident", presst er leise heraus, "nein, das tun wir nicht".
Auch die Abzugsperspektive für 2011 zweifeln die Soldaten an. "Vielleicht in fünf oder eher zehn Jahren", beschreibt ein Ausbilder, seien die afghanischen Sicherheitskräfte einsatzbereit. Köhler schmunzelt, murmelt von einem "ja doch beträchtlichen Zeitrahmen". Rasch wendet er sich zu einem US-Soldaten. "We can make it", sagt der Offizier wie aus der Pistole. Köhler strahlt. "Warum höre ich das nicht von ihnen", will er von den Deutschen wissen. Schweigen. Was Köhler nicht weiß: Der schneidige amerikanische Soldat ist Presseoffizier der Nato.
Köhlers Prinzip des Zuhörens, es mutierte in Masar-i-Scharif zu einem Turboausflug in die echten Sorgen und Frustrationen der Soldaten. Nacheinander beschreiben junge Soldaten, wie aussichtslos sie den Kampf gegen die Taliban sehen. Wie mühsam der Wiederaufbau ist. Wie frustriert viele davon sind, dass die Bundeswehr zu viel Energie beim Verwalten statt beim Einsatz verschenkt. Sogar einen Hauch von Kritik traut sich einer. Wann denn der Präsident mal zu einer Trauerfeier für gefallene Soldaten komme? Nun stottert der Bundespräsident ein bisschen.
Köhler gefällt der Ausflug in die Realität sichtlich gut. Mehrmaligem Drängen seines Stabs widersteht er und will gar nicht weg von dem Stehtisch. Stattdessen stellt er immer neue Fragen: "Sagen Sie mir, was Sie sich von mir wünschen." Am Ende des Trips, sein Tross drängt ihn schon in Richtung Flughafen, bezeichnet er seine Unterhaltungen als "eine Mischung aus guten und schlechten Nachrichten", unter dem Strich sei er aber "ermutigt".
Man muss wohl Bundespräsidenten sein, um einen Nachmittag so diplomatisch zusammenzufassen.
|

[ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]
|
|
|
21.05.10, 19:51
|
#2
|
It's Me, Lupus
Registriert seit: Feb 2010
Ort: Princeton Plainsborrow Hospital
Beiträge: 429
Bedankt: 684
|
Gekleidet als ob man mal Salopp irgendwo hingeht.... Frauchen mit Handtäschchen und der Präsident mit Beiger Hose. Und die Schuhe sind so was von geeignet für das Afghanische Bergland. Aber das brauch der ja nicht der bleibt ja sowieso nur im betonierten Camp und in der nähe der Kantine und dem nächsten Bunker und des Transporters, oder ?
Und wie würde das den aussehn.
Naja man geht ja nicht raus. Wiedermal ein Foto-Shooting und Profilierungsunternehmen auf Kosten des kleinen Mannes.
|
|
|
22.05.10, 12:47
|
#3
|
Erfahrenes Mitglied
Registriert seit: Oct 2008
Beiträge: 599
Bedankt: 433
|
Das dachte ich mir auch gerade. Wenn er wissen will, wie es da unten aussieht, soll er sich ne Uniform und ne Waffe schnappen und mal 2 Monate da mitmachen. Respekt an den Bullen, dass er ein bisschen was sagte. Aber das wird auch nix ändern.
Grüße
__________________
Windzeit, Wolfszeit, eh' die Welt zerstürzt.
|
|
|
Forumregeln
|
Du kannst keine neue Themen eröffnen
Du kannst keine Antworten verfassen
Du kannst keine Anhänge posten
Du kannst nicht deine Beiträge editieren
HTML-Code ist Aus.
|
|
|
Alle Zeitangaben in WEZ +1. Es ist jetzt 03:42 Uhr.
().
|