06.01.11, 23:15
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#9
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Erfahrenes Mitglied
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Zitat:
Zitat von grins^^
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de smit dem Aufschrauben ist wirklich so, weil da ein Kleber drauf ist, und wenn der gerissen ist, verfällt dir Garantie.
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Garantie erlischt, nicht aber die Gewährleistung:
Thematik: Wirtschaftsrecht - Garantie und Gewährleistung - BGB
Wichtige §§: §§434, 443, 476, 477 BGB
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Immer wieder bekommt man zu hören, dass das Öffnen eines Gehäuses, von einem Komplett-PC als Garantieverlust gilt. Zudem wird des öfteren mal Garantie und gesetzliche Gewährleistung als Synonym verwendet, obwohl es gerade rechtlich enorme Unterschiede gibt. Zunächst einmal eine Unterscheidung zwischen diesen beiden Begriffen.
Die gesetzliche Gewährleistung
Jedem Verbraucher steht eine 2-jährige gesetzliche Gewährleistung auf Sach- und Rechtsmängel (ein Rechtsmangel wird wie ein Sachmangel behandelt) zu. Der Verkäufer wird verpflichtet bei einem Sachmangel - der unverschuldet vom Käufer vorliegt - eine mangelfreie Nacherfüllung zu tätigen. Außerdem stehen dem Käufer weitere Ansprüche zu, wie bsp. Rücktritt oder die Minderung (§323 I, §441 BGB), wenn bestimme Voraussetzungen erfüllt sind (bei Rücktritt z.B. die erfolglose Fristsetzung).
Problem hierbei stellt der §476 BGB da. Er sieht neben einer Vermutung bei Auftreten eines Sachmangels, dass dieser von Anfang an bestand auch eine Beweislastumkehr nach 6 Monaten vor. Was bedeutet das praktisch? Innerhalb der ersten 6 Monate ab Kaufdatum (Gefahrenübergang) muss der VERkäufer beweisen, dass der Mangel nicht zu Kaufzeitpunkt bestand. In der Regel ist das nicht möglich. Nach diesen 6 Monaten dreht sich die Beweislast auf den Käufer um. Nun muss der Käufer (Verbraucher) beweisen, dass der Mangel nicht von Anfang an bestand (was noch unwahrscheinlicher ist).
Die Garantie (§477 BGB)
Eine Garantie ist eine freiwillige zusätzliche Erweiterung zur gesetzlichen Gewährleistung vom Hersteller oder/und vom Händler. Sie dient insbesondere dazu die Absatzchancen zu verbessern. Wichtig ist, dass eine Garantieerklärung nicht die Rechte aus der gesetzlichen Gewährleistung beschränken oder ersetzen können.
Wie umfangreich eine Garantie ist, ergibt sich aus den individuellen Bestimmungen des Garanten (Verkäufer oder Hersteller). Es gelten immer die Gerantiebestimmungen, die zum Zeitpunkt des Kaufs aktuell waren und Bestandteils des Kaufvertrags wurden. Eine nachträgliche Änderung zu ungunsten des Käufers ist nicht möglich. Garantien stellen ein Recht dar, dass auch eingeklagt werden kann. Zudem hat der Garant die Pflicht auf Verlangen des Käufers die Garantiebestimmung diesem mitzuteilen (in Textform > Email reicht aus).
Gehäuse öffnen, Garantieverlust ja oder nein?
Zur Verdeutlichung beschreibe ich jetzt mehrere Fälle. Ich gehe dabei immer von einem Komplett-PC aus, der nicht individuell zusammengestellt und nicht von einem selbst zusammengebaut wurde. > Typischer PC von FSC, HP oder DELL
Fall 1: Garantieerklärung verbietet öffnen des Gehäuse
Das Öffnen des Gehäuse führt automatisch zu Erlöschen der Garantie. Jegliche Ansprüche aus der Garantie gehen verloren. Davon abgesehen bleibt aber das Recht auf die gesetzliche Gewährleistung unberührt, da die wesentliche Beschaffenheit des Komplett-PC durch das Öffnen des Gehäuse nicht beeinträchtigt wird. Etwaige Ausführungen in den AGB des Händlers führen nicht zum erlöschen der Gewährleistungen solche Einschränkungen sind nach §309 Nr.8 BGB unwirksam.
Fall 2: Garantieerklärung verbietet entfernen von Garantiesiegeln
Ist es notwendig ein solches Siegel zu entfernen oder zu beschädigen, um das Gehäuse zu öffnen, führt dies automatisch zum Garantieverlust. Das Recht auf die gesetzliche Gewährleistung bleibt auch hier unberührt (siehe Fall 1). Etwaige Ausführungen in den AGB des Händlers führen nicht zum erlöschen der Gewährleistungen solche Einschränkungen sind nach §309 Nr.8 BGB unwirksam.
Fall 3: Garantieerklärung enthält keine Ausführungen zum Öffnen des Gehäuse und es ist auch kein Garantiesiegel vorhanden
Das Öffnen des Gehäuses führt nicht zum Verlust der Garantie. Die gesetzliche Gewährleistung bleibt bestehen. Sollte aber der Käufer beim Öffnen des Gehäuse oder irgendwie anderweitig die Hardware beschädigen (z.B. durch eine elektrostatische Entladung oder Unvorsichtigkeit) verliert er sowohl die Garantie, als auch die gesetzliche Gewährleistung.
Ausnahmen zu Fall 1 und 2:
Wird ganz explizit mit der Aufrüstbarkeit des Rechners/Notebooks geworben (vom Garanten) erlischt die Garantie auch dann nicht, wenn eben die beworbene Sache (bsp. RAM) erweitert wurde. Auch hier gilt. Nichts kaputt machen. Rechnung eines Fachhändlers über den Einbau der Sache, ist ein guter Nachweis bei Streitigkeiten.
Im ungünstigten Fall musst du als Kunde dann vor Gericht klagen um dein Recht einzufordern. Leider ist immer noch so eine Grauzone vorhanden.
Gruß Europe
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