Ist das Ausbildungszeugnis nur okay?

infusorosso · 24.07.14, 18:07

Hallo,

habe mein Ausbildungszeugnis heute, nach 6 Monaten erhalten.

Wie würdet Ihr das Zeugnis deuten?

Passagen die Rückschlüsse auf meine Person oder Firma schließen können, habe ich unkenntlich gemacht. Es handelt sich um ein Industrieunternehmen mit X.000 Mitarbeitern.

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Wir lernten Hr. XX als aufgeschlossenen und verantwortungsbewussten Auszubildenden kennen. Sein Arbeitstil zeichnete sich durch Eingeninitiative und Selbstständigkeit aus. Aufgrund seines Einsatzes und Interessen an Zusammenhängen im Unternehmen wurden Ihm schon während der Ausbildung eigene Projekte sowie Sacharbeiterfunktionen übertragen. Er führte die ihm übertragenen Aufgaben mit viel Fleiß, Interesse und Engagement zu unserer vollen Zufriedenheit aus.

Aufgrund seiner hilfsbereiten und freundlichen Art wurde Hr. XX von Vorgesetzen und Kollegen gleichermaßen geschätzt und anerkannt.

Wir hoffen auch weiterhin auf eine gute Zusammenarbeit und wünschen ihm für seine weitere Laufbahn viel Erfolg.

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drunke · 24.07.14, 18:33

nach "nur" 6 Monaten

Hört sich doch ziemlich gut an

" zu unserer vollen Zufriedenheit " - 2

zero_tolerance · 24.07.14, 18:53

1. Absatz = 2
2. Absatz = 1
3. Absatz = ?!?

Wieso weiterhin gute Zusammenarbeit wenn du gehst?
...viel Erfolg wünschen heisst EIGENTLICH, dass du hier nicht so der Hammer warst und Sie dir wünschen, dass du es wo anders besser machst :S

So etwas wäre gut bzw sgt:

"Wir bedauern das Ausscheiden von Herrn XXX sehr und wünschen Ihm weiterhin viel Erfolg in seiner Laufbahn" oder so :P

Begründung:

Bedauernsformel (es wird bedauert dass du gehst) + du warst sehr erfolgreich und sollst es bleiben

Wobei das auch jeder deuten kann wie er will, Arbeitszeugnis ist immer sehr subjektiv

Mat4ix · 24.07.14, 20:03

Das ist eine saftige 5

Also aufjedenfall die ersten paar Sätze, den Rest habe ich mir nicht mehr durchgeklesen.

Wurdest du rausgeschmissen?

Mr_Braun · 24.07.14, 20:12

Nach 6 Monaten? Halte ich für einen Witz und hätte ich bereits nach kurzer Zeit nach dem Dienstende abgemahnt mit Fristsetzung. Aber scheinbar bist du weiterhin dort beschäftigt? Soll das Ganze dein Endzeugnis (Ausbildungsende) darstellen?
Ich hätte mir ansonsten an deiner Stelle explizit ein qualifiziertes Zeugnis ausstellen lassen. Bedeutet, dass man auch etwas zu deiner Tätigkeitsbeschreibung formuliert. Die genannten "Sacharbeiterfunktionen" können alles mögliche sein und machen einem späteren Personaler es nicht einfacher.

Insgesamt finde ich das Zeugnis lachhaft. Da es für mich nichts aussagend ist. Die Zeugnisse, welche ich kenne sind mindestens eine Seite lang. Selbst mein Zwischenzeugnis, welches ich kürzlich nach 6 Monaten verlangt habe, ist eine Seite lang.

infusorosso · 24.07.14, 21:23

Also ich bin noch weiterhin bei dem Unternehmen beschäftigt.
In Summe ist das Zeugnis ucuh eine DIN A4 Seite lang, im ersten Absatz den ich weggelassen habe steht halt nur noch Name Geburtsdatum, Ausbuildungsberuf und eingesetzte Abteilungen.

Destiny · 24.07.14, 21:43

Dann dürfte das okay sein, oder? Weil er ist ja weiter beschäftigt, also nix mit Bedauern des Ausscheidens und was er weggelassen hat, ist halt, was er in der Ausbildung gemacht hat.

Vorgesetzte als erstes genannt, danach Mitarbeiter. Das ist super. Kunden hatte er anscheinend keine, deshalb wurde da auch nichts genannt. Bei Kundenkontakt müsste diese Reihenfolge sein: Kunden, Vorgesetzte, Mitarbeiter/Kollegen.

zero_tolerance · 25.07.14, 01:59

Mit einer Seite lang meinte Mr_Braun nicht, dass noch ein Briefkopf usw. da ist (solltest du aber als "Industriekaufmann" wissen - das ist auf JEDEM Dokument, welches die Firma ausgiebt... Auch die Abteilung usw. ist normal wegen der Vollständigkeit...

Habt ihr sowas nicht in der Ausbildung zumindest mal angesprochen?!?!?

Worauf Mr_Braun raus will - und ich mir keine Gedanken gemacht habe, weil ich es als selbstverständlich angesehen habe - WO SIND DIE TÄTIGKEITEN?!?!?!

Bei mir ist das zwar schon weit über 10 Jahre her mit der Ausbildung, aber damals stand alles "wichtige" (anhand des Wochenberichts oder wie das komische Buch hieß), was ich gemacht habe drin - aber auch bei den Praktika während des Studiums stand immer ALLES drin

wie z.B.

- Collection Feedback (Questionnaire, Evaluation, Presentation)
- Organisation Range Review (Pre-Organisation, Execution, Post-Treatment)
- Market-Research (Developing Score-Card For Advanced Customer Identification)
- ....

Damit kann man dann schön nachvollziehen, was du kannst/gemacht hast - und nicht nur, dass du da warst und "toll" oder "nicht toll" warst

EDIT

Bei mir waren die Dinger zum Teil auch mal 2 Seiten lang wenn der Briefkopf größer war oder ich mal mehr oder weniger Aufgaben hatte - und ich glaube du hast in einem bestimmten Zeitraum (z.B. 1 mal pro Jahr) das RECHT auf ein Zwischenzeugnis (wobei das meist mit einem Gespräch/Feedback gemacht wird)

@Mr_Braun DOPPELPOST!!!!! :P

Erebos76 · 28.07.14, 12:57

Woher kommt eigentlich die Paranoia, jedes Zeugnis und mit ihm verbunden jedes Komma erst einmal negativ deuten zu wollen?

Die von infusorosso eingestellten Passagen lassen darauf schließen, daß

1. er ein

Zitat:

aufgeschlossener und verantwortungsbewusster Auszubildender

ist, dessen
2.

Zitat:

Arbeitstil

sich auszeichnet durch

Zitat:

Eingeninitiative und Selbstständigkeit

und wegen
3.

Zitat:

seines Einsatzes und Interessen an Zusammenhängen im Unternehmen

ihm schon
4.

Zitat:

während der Ausbildung eigene Projekte sowie Sacharbeiterfunktionen übertragen

wurden, die er
5.

Zitat:

mit viel Fleiß, Interesse und Engagement zu unserer vollen Zufriedenheit

ausführte.
6. Außerdem kennt man ihn als

Zitat:

hilfsbereiten und freundlichen

Azubi, der
7.

Zitat:

von Vorgesetzen und Kollegen gleichermaßen geschätzt und anerkannt

wurde.

Das ist ein gutes Zeugnis und es spricht für Dich, daß Du während Deiner Ausbildung eigene Projekte und Verantwortungsbereiche hattest.

Lass Dir keinen Blödsinn einreden. Das sind alles nur Phobien.

Du hast ein gutes Zeugnis. Punkt.

Destiny · 28.07.14, 13:19

zu unserer vollen Zufriedenheit = das ist aber nicht mehr so gut. Zu unserer vollsten Zufriedenheit wäre besser.

Gibt da leider die Zeugnissprache. Es klingt super, aber ist versteckte Sprache für Personaler.

Erebos76 · 28.07.14, 14:02

Zu unserer vollen Zufriedenheit ist aber grammatikalisch korrekt, denn "vollen" ist der Superlativ. Zur "vollsten" existiert gar nicht in der deutschen Sprache.

Deswegen ist hier die große Frage: hat der Junge nur "gut" gearbeitet, oder hat der AG im Deutschunterricht aufgepasst?

Ich verstehe durchaus was Du meinst, Destiny. Ich möchte auch niemanden persönlich angreifen, versteh mich bitte nicht falsch. Mein Post ist an die Allgemeinheit gerichtet.

Aber bei jedem Zeugnis geht das Gerätsel los, ob es nun gut oder schlecht ist. Und immer dann kommt diese ominöse "Geheimsprache" ins Spiel, die auserwählten Personalern vorbehalten ist. Bei der es (angeblich) versteckte Codes gibt, die Rückschlüsse auf eine Person geben.

Sorry, aber das ist kompletter BLÖDSINN!

Erstens frage ich mich, wer legt denn diese Geheimsprache fest? Und wo wird sie gelehrt? Gibt es da irgendwo Höhlen mit satanischen Wandmalereien, an deren Eingang man eine Jungfrau opfert, einen Liter Blut trinkt und dann zum Kreis der Erlauchten gehört? Also bitte...

Zweitens greifen wir mal in die Praxis: in jedem mittelständischen Betrieb werden Arbeitszeugnisse von ganz stinknormalen Kaufleuten geschrieben. Müssen die alle einen Lehrgang "AZ-Deutsch / Deutsch-AZ" belegen? Nein. Das sind wie bereits erwähnt Leute wie alle anderen auch, die bei Weggang eines Mitarbeiters nachfragen, was er so gemacht hat und wie er so drauf war.

Es gibt nur weniges, das ich über Arbeitszeugnisse mit Sicherheit sagen kann:

- ein Arbeitszeugnis besteht aus einem Sachteil, in dem die Tätigkeiten eines AN beschrieben und mittels Steigerungsformen in ihrer Leistung bewertet werden.

- weiterhin aus einem persönlichen Teil, in dem der AN in seiner Person (pünktlich, höflich, interessiert, fleißig etc.) beschrieben wird.

- und zu guter letzt besteht es aus der Abschiedsformel, in der das gegenseitige Wohlwollen (nicht) ausgedrückt wird.

Und mehr steckt in einem AZ nicht drin. Alles andere sind paranoide Phobien.

Destiny · 28.07.14, 14:19

Erebos76: Ich verstehe dich vollkommen, aber diese Geheimfloskeln werden von großen Firmen gerne genutzt und auch von Personalern oder Chefs, welche davon was verstehen.

Hier kannst du ein wenig nachlesen:

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Wenn du an einen Chef gerätst, der Deutsch kann und volle Zufriedenheit schreibt und es auch so positiv meint, hast du halt Pech, wenn du an Geheimsprachcodes gewöhnte Personaler gerätst, die aus dem positiven Zeugnis alles negativ verstehen.

Diese Erfahrung musste ich leider auch schon das eine oder andere Mal machen, weil ich nämlich u.a. wegen der vermeintlich schlechten Zeugnisse abgelehnt wurde, die aber von einem 60jährigen Chef formuliert wurden, der keinerlei Zeugnisgeheimsprache kannte.

Erebos76 · 28.07.14, 18:33

Zitat:

Zitat von Destiny

diese Geheimfloskeln werden von großen Firmen gerne genutzt und auch von Personalern oder Chefs, welche davon was verstehen.

Nochmal, es gibt keine Geheimfloskeln. Die von Dir verlinkte Seite ist eines von vermutlich 25 Mio. Ergebnissen bei der Suche nach "Arbeitszeugnis Deutung" und beinhaltet nichts anderes wie den von mir erwähnten 1. Teil des Arbeitszeugnisses. Mit Komparation wird die Leistung bewertet. Und im 2. Teil, der Beschreibung der Arbeitspersönlichkeit, sind die Standardgeschichten wie "geselliger Mitarbeiter" drin. Daran ist nun wirklich nichts aufregend.

Und, wenn ich das noch ohne böse Absichten anmerken darf: nicht konkretisierten Formulierungen wie "große Firmen" und "Chefs, die etwas davon verstehen" - wer sind denn diese Leute? Das ist immer das Problem mit spekulativen Themen - es wird pauschal gesprochen und nichts klipp und klar benannt. Das ist so, als würde man von "der Jugend" oder "den Politikern" sprechen. Stammtischgespräche.

Den Teil "Personal" habe ich im BWL-Studium auch gehabt. Es gibt die Komparation, die Beschreibung der Person und die Art und Weise, Abschied voneinander zu nehmen. Mehr nicht.

Beste Grüße

Mr_Braun · 29.07.14, 19:17

Lieber Erebos76, so gern ich teilweise deine Beiträge in diesem Bereich lese, so ungern muss ich dir in diesem Faden widersprechen. Das Schreiben von Arbeitszeugnissen mit "Geheimfloskeln" ist berufliche Praxis in vielen Unternehmen. Das hat zum Großen Teil mit Unwissenheit und mangels rhetorischer Fähigkeiten vieler Unternehmer bzw. Personalverantwortlicher zu tun. Wenn man ein erweitertes Arbeitszeugnis haben möchte, gehen oftmals in der Abteilung die Augenbrauen hoch und die Schweißperlen rinnen die Stirn entlang; gefolgt von der Meldung: "Uhhh, Mist.. Ein Arbeitszeugnis habe ich noch nie geschrieben." Was wird in solchen Zusammenhang dann getan? Man sucht im Internet nach Arbeitszeugnis/-Floskelgeneratoren und bewertet dort den Mitarbeiter. Die entsprechenden Textpassagen werden dann einfach übernommen.
Das eigentliche Problem ist das Erkennen von Spreu und Weizen. Wer nutzt wissentlich solche Textpassagen zu geheimen Bewertungszwecken und welche schreiben eine freie Prosa.

Aber grundsätzlich ist auch ein Arbeitszeugnis nicht das Einzige Einstellkriterium.
Dazu zählt nun mal auch das Ego-Marketing/Selbstvermarktung und Authentizität.

Erebos76 · 30.07.14, 20:28

In allen Punkten stimme ich mit Dir überein.

Genau deswegen sehe ich auch keinen Widerspruch zu meinem Post. Es ist gängige Praxis, daß Bewertungen im Internet zusammengesucht werden. Und das ist genau der Ort, an dem sich diese Pseudo-Experten tummeln, die der Meinung sind, sie seien der Sprache der Arbeitszeugnisse mächtig. Und genau dort werden Inhalte dann in kopierter Form als eigenes Gedankengut angepriesen.

Wie gesagt, ich stimme in allen Punkten mit Dir überein. Und ich möchte mal eine Ecke weiter denken: es gibt keine zuverlässige Quelle gibt, die die Syntax der "Geheimsprache" definiert. Das sind alles, aber auch wirklich alles, eigene oder kopierte Interpretationen.

Ein Beispiel:

Das führt mich letztendlich zu dem Ergebnis, daß diese "Geheimfloskeln" inexistent sind. Jeder hat eine andere Ansicht, denn wenn ich 10 Leuten ein AZ vorlege, habe ich 10 Interpretationen. Und genau da kommt die Paranoia ins Spiel. Jeder meint, er müsse zwingend negative Punkte in einem AZ finden und sucht phobisch nach der "geheimen Sprache".

So sehr ich Dich und Deine Kompetenz schätze (und das wirklich von ganzem Herzen), MrBraun, so stur bin ich in diesem Thema. Und das tut mir auch nicht leid

Mir geht immer ziemlich schnell der Hut hoch beim Thema AZ, darunter leiden auch all meine Freunde und Bekannte. Das weiß ich aus zuverlässiger Quelle. Aber unterm Strich geht es mir darum, daß mal nicht so viel Tohuwabohu um AZ gemacht wird. Es ist viel weniger Realität wie Spekulation drin.