N'abend!
Als ehemaliger Zeitsoldat muss ich da ja förmlich drauf antworten
Zuallererst Folgendes: Die Karriereberater bei der Bundeswehr wissen mehr. Die beraten Dich freundlich und stehen Dir bereitwillig Rede und Antwort. Nimm mit denen Kontakt auf.
So.
Um Offizieranwärter zu werden musst Du zunächst den nicht ganz trivialen Test an der Offizierbewerberprüfzentrale (OPZ) bestehen. Den Sporttest kann man als normal fitter Mensch problemlos bestehen, aber die legen auch auf andere Sachen wert. Der Test dauert nich umsonst drei Tage oder so.
Wenn die der Meinung sind, dass die Dich haben wollen, hast Du auf jeden Fall mindestens ein Gespräch für Deine Karriereplanung. "KSK" kannste da sicher anbringen, das werden die Dir aber nicht versprechen können weil die Zugangsvoraussetzungen dort recht hart sind und neben dem Bestehen des Auswahlprogramms auch vom Abschneiden in Deinen Laufbahnlehrgängen abhängen.
Grob gesagt teilt sich die Offizierausbildung in folgende Abschnitte:
- Start als einfacher Soldat (OA), also Schütze, Flieger, Jäger, Kanonier, ...
- Grundausbildung
- Offizierlehrgang
- Studium an einer der Universitäten der Bundeswehr in Trimestern (ziemlich viel Stoff in ziemlich kurzer Zeit aber dafür bei vollen Bezügen)
- Führungstraining
- weitere Lehrgänge für Deine Fachverwendung innerhalb der Truppe
- dazwischen immer mal wieder Truppenpraktika und andere Verwendungen
- Deine eigentliche Verwendung als Offizier in der Truppe
Auf jeden Fall vergehen mehrere Jahre bevor Du Deinen ersten Stern auf der Schulter bekommst, i.d.R. nach erfolgreichem Abschluss Deines Studiums
Irgendwann dazwischen kannste Dich dann auch fürs KSK bewerben. Aber richte Dich darauf ein, dass Du bereits mehrere Jahre lang Soldat sein wirst, bis es soweit ist.
Was die Verdienstmöglichkeiten angeht: Soldaten werden wie Bundesbeamte besoldet. Die genauen Sätze weiß ich nicht genau, das kannste aber nachlesen. Losgehen tut's irgendwie bei 1,4k€ Netto/Monat. Je älter Du wirst und nach Beförderungen gib's mehr. Zuschläge gibt's z.B. für Auslandseinsätze, Schichtarbeit, Wochenenddienste, Dienst auf Schiffen oder Flugzeugen uvm.
Während und nach Deiner Dienstzeit steht Dir ein reichhaltiges Angebot des Berufsförderungsdienstes der Bundeswehr zur Verfügung um weitere zivile Qualifikationen zu erlangen. Kostenlos.
Apropos kostenlos: Solange Du Soldat bist, hast Du freie Heilfürsorge. D.h.: Die Bundesrepublik Deutschland kommt für Deine komplette Gesundheitsfürsorge auf, Du brauchst als keine Krankenversicherung. Medikamente kosten Dich nix und selbst Dinge wie Kondome, Anti-Mückenzeug und Sonnencreme kannste Dir einfach so beim Sani in Deiner Kaserne abholen.
Hört sich nicht schlecht an, oder?
Deswegen folgt hier das große
ABER:
Geh nochmal in Dich und überlege Dir, ob Du das wirklich möchtest.
1. BW als Offizier dauert laaaaange
Als Offizier verpflichtest Du Dich auf jeden Fall für mindestens 12 Jahre. Das ist eine verdammt lange Zeit. Solltest Du zwischendurch rauswollen, ist das zwar möglich, aber mitunter mit Nachteilen verbunden. So kann es sein, dass die BW von Dir die Kosten für Deine Ausbildung (oder Teile davon) zurückhaben möchte. Das können schnell Zehntausende €uros sein.
2. Nicht jeder Soldat wird Berufssoldat
Richte Dich zunächst darauf ein, dass Deine Dienstzeit nach 12-15 Jahren endet und Du einen neuen Job benötigst. Du bist dann Mitte 30 und hast noch nie in Deinem Leben in einem zivilen Beruf gearbeitet. Entsprechend begeistert werden potentielle Arbeitgeber auf Deine Bewerbung reagieren.
Es gibt zwar Eingliederungshilfen und allerlei Bildungsangebote, eine Übernahmegarantie z.B. als Beamter in irgendeiner Zivilbehörde gibt's aber nicht. Der Übergang ins Zivilleben wird dramatisch erleichtert wenn Du während Deiner Dienstzeit eine Tätigkeit ausgeübt hast, für die es ein ziviles Äquivalent gibt.
Beispiel: Wenn Du 15 Jahre lang Elektroniker für Flugzeugradare am Eurofighter warst (bzw. später ein Team oder eine Kolonne von Elektronikern beaufsichtigt hast), stellt Dich Airbus viel lieber ein, als wenn Du 15 Jahre lang Gefreite anschreiend durchs Unterholz gekrochen bist.
Berufssoldat zu werden (also bis zur Rente Uniform zu tragen) ist zwar grundsätzlich möglich, aber Bewerber gibt's viele und Stellen dafür sind rar (wenn Du nicht gerade eine Tätigkeit ausübst, wo's gerade Bedarf gibt). Außerdem ist Dein Zeitfenster dafür sehr eng und genommen werden meist nur die Leute, die bessere Noten, Bewertungen während ihrer bisherigen Verwendung erhalten haben als fast alle anderen.
3. Auslandseinsätze, KSK und der ganze Rest
Unterschätze nicht die psychologischen Konsequenzen eines Einsatzes im Krisengebiet. Ich kenne genug Leute, die nicht einmal aktiv an Kampfhandlungen teilgenommen haben und dennoch hoch traumatisiert z.B. aus Afghanistan zurückgekehrt sind. Ein sehr guter Freund von mir wacht nach über 5 Jahren seit seinem letzten Afghanistaneinsatz immer noch nachts schreiend und schweißgebadet auf - und der war da nur als Buchhalter eingesetzt.
Und selbst wenn Dir die posttraumatische Belastungsstörung erspart bleibt - unterschätze nicht, was für Auswirkungen, z.B. auf Beziehungen und Freundschaften es hat, wenn Du alle paar Jahre quer durch die Republik versetzt wirst und darüber hinaus alle 1-2 Jahre für 3-6 Monate in Richtung Afghanistan oder so verschwindest. Spoiler: Is nich schön. Meistens.
Fazit:
Eine Karriere bei der Bundeswehr ist ohne Zweifel spannend und voller Herausforderungen. Aber überleg Dir dit Janze wirklich sehr gut. Ich will Dir das auf gar keinen Fall ausreden, ich versuche Dir hier nur ein paar Infos zu geben, die ich vor fast 20 Jahren auch gut hätte gebrauchen können. Für mich war nach 4 Jahren BW Schluss, aber je länger Du die Uniform trägst, desto hakeliger wird häufig der Übergang ins Zivilleben danach.
Und jetzt hab ich keine Lust mehr, weiterzuschreiben
LG