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Ungelesen 21.08.17, 17:10   #3
pauli8
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Und was sagt der Aufgeklappte Text in der Quelle im Startthread dazu:

Zitat:
Quellentext


Wer prägt das Bild der Politik in den Medien?
Eher die Politik ...? [...] Die Tatsache, dass Nachrichten praktisch in Echtzeit elektronisch übermittelbar sind, hat Möglichkeiten und Bedingungen der Politikvermittlung [...] revolutioniert. Eine weitere wichtige Rahmenbedingung hat sich aufseiten der Presse verändert: [...] Der Konkurrenzkampf " vor allem der privaten Medien " und dies gilt für TV, Internet und Print, hat die Werthaltigkeit der Inhalte verändert.

Unter der Beachtung des nach wie vor und heute sogar oft vermehrt geltenden journalistischen Lehrsatzes "Only bad news are good news" müssen Storys und ihre Überschriften möglichst reißerisch, möglichst skandalträchtig oder exklusiv sein, um es auf die Titelseite oder die TOP-Position einer Zeitung oder einer Nachrichtensendung zu schaffen. Scheinbar sind nur dadurch Auflage und Quoten zu steigern oder zu halten. Viele Medienhäuser haben ihre Journalisten sogar dazu verpflichtet, Storys möglichst so zuzuspitzen, dass eine Vorabmeldung mit ziemlicher Sicherheit von der Konkurrenz übernommen wird, um damit kostenlose Werbung für das eigene Produkt zu machen.

[...] Dies hatte und hat gravierende Folgen für die Politik: Politiker, die diese Gesetzmäßigkeiten verstanden haben, können sehr bewusst den "Waren-Charakter", den Marktwert einer Sachäußerung einschätzen, einsetzen und damit die Nachfrage nach ihrer Position in einer bestimmten politischen Agenda bis zu einem gewissen Grade steuern.

[...] Journalisten und Redaktionen, die " noch verstärkt durch Personalabbau " diesem hier beschriebenen wirtschaftlichen Druck ausgesetzt sind, sind immer öfter versucht, vermeintliche politische Neuigkeiten ungeprüft sofort in den Äther oder ins Web zu schicken, um die Nase vorn zu haben oder nicht hinter der Konkurrenz zurückzubleiben.

Für die Politik heißt das: Selbst ein Hinterbänkler, der für die Entscheidung einer Regierungsfraktion kaum Bedeutung hat, kann mit der richtigen Zuspitzung, der möglichst krassen Einzelmeinung, einen Platz, zumindest kurzzeitig, in den Nachrichten finden. Die dann abgefragte Reaktion der Fraktionsführung oder der politischen Konkurrenz natürlich ebenso. So entsteht ein Hype, der mindestens ein paar Stunden anhält. [...]

Politisches Handeln hat in der Regel zwei mögliche Entstehungsursachen: 1. reale Probleme oder 2. strategische Ziele, und es braucht 3. Personifizierung. Die Realität: Es gibt tatsächlich Probleme, Sachverhalte, Fragen, die sofort und möglichst sachgerecht von der Politik entschieden und beantwortet werden müssen. Dies sind Agenden, die keine Inszenierung brauchen, sich meistens sogar einer Inszenierung entziehen, [...]. Die Finanzkrise z. B. war " vor allem 2008 " eine solche Wirklichkeit, wo Politik handeln musste, ohne großartige Inszenierungsmöglichkeiten oder Alternativen zu haben. [...]
Die Fiktion, die Realität werden soll! Damit haben wir es in der Regel zu tun. Basieren politische Entscheidungen doch meist auf Programmen, Plänen, Wünschen der Parteien und/oder der dort maßgeblichen Personen für die Zukunft. [...] Gerade wenn eine neue politische Idee propagiert oder eine bisherige Strategie verändert werden muss, brauchen Sie eine Person, die das glaubwürdig vermittelt. [...]
Die Positionierung von Hans Eichel [...] zum Star des ersten Kabinetts Schröder war viel zufälliger als oft unterstellt. [...] Eine Botschaft, die damals noch inszeniert werden musste, war die der Haushaltskonsolidierung. [...] Das haben wir genutzt: Seine zufällig entstandene Sparschweinsammlung auf dem Ministerschreibtisch, die für die Kameras inszenierte Fahrradfahrt mit dem Haushaltsentwurf ins Kanzleramt, seine persönliche Bescheidenheit, [...] passten ins Bild und zur damals als notwendig erkannten und nach und nach propagierten Konsolidierungspolitik.

[...] Aber [...] eine Inszenierung scheitert, wenn die Grundlage verändert wird. Als 2002/2003 die Wirtschaft und im Nachlauf die Steuereinnahmen einbrachen, Renten-, Kranken- und Pflegeversicherungen unterfinanziert waren, [...] [war] die Konsolidierung des Haushaltes [...] Geschichte, der Finanzminister entzaubert. Person und Politik passten nicht mehr überein. [...]

Klaus-Peter Schmidt-Deguelle, "Fiktion, die Realität werden soll", in: epd medien Nr. 26/27 vom 10. April 2010

... oder eher der Journalismus? [...] Der politische Journalismus steht seit Jahren vor einem ernsten Problem: Wenn das Ansehen der Politik und das Interesse an ihr immer weiter abnehmen, wie kann dann ein Journalismus überleben, der sich tagtäglich mit Politik beschäftigt? Die unausgesprochene, aber häufigste Antwort darauf lautet: Wir stellen uns an die Spitze der Politikverdrossenheit und weisen immerzu nach, dass die Politiker von niedrigen Motiven getrieben sind, süchtig nach Aufmerksamkeit, gierig nach Macht, dem Volk entfremdet, und reden können sie auch nicht.
Das funktioniert [...]. Aber wie lange? Nachhaltiger Journalismus ist das jedenfalls nicht. Wenn so etwas dennoch grassiert, dann weniger aus rationalen als aus psychologischen Gründen.

Das vergangene Jahrzehnt hat den klassischen Journalismus in eine Selbstachtungskrise gestürzt. Wiederum war der Siegeszug des Internets nicht der Grund dafür, sondern nur der Anlass. Auf die Herausforderung durch das Netz reagierten die meisten Zeitungshäuser mit Umsonstjournalismus im Internet. Zudem sollten die hoch spezialisierten Schreiber alles zugleich sein, Blogger, Twitterer, Fotograf, Filmemacher " Generaldilettanten eben. Obendrein wurde der Untergang der Printmedien besungen [...]. All das trug nicht eben zur Selbstachtung unseres Berufsstandes bei. Und wer sich selbst nicht achtet, achtet auch keinen anderen, am wenigsten die Politik. [...]

Oft wird dem Journalismus [aber auch] vorgeworfen, er stecke mit der Politik unter einer Decke. [...] Dieser Vorwurf trifft schwer, weil der Journalismus aus dem Kampf gegen die Macht hervorgegangen ist (gegen diktatorische Macht allerdings). [...]

Sind Journalisten nun Teil des Systems? Sie dürfen es nicht sein, wenn damit gemeint ist, dass sie gemeinsame Kampagnen machen und einander schonen. Sie müssen es sein, wenn mit diesem System die Demokratie gemeint ist.
Denn, ja, wir haben ein Interesse daran, dass der demokratische Rechtsstaat, dass Meinungsfreiheit und Pluralismus überleben, das gehört zu unserer Natur. Deswegen sollte politischer Journalismus kein gemeinsames Interesse haben " außer die Erhaltung der Reproduktionsmöglichkeiten demokratischer Politik. Konkret bedeutet das, dass wir gegen jede konkrete Politik anschreiben können, nur nicht gegen alle Politik. Dass wir die Kriterien der Kritik offenlegen müssen und diese Kriterien nicht so anlegen dürfen, dass die Politik immer nur verlieren kann.
Auf die Dauer liest sich das auch besser.

Bernd Ulrich, "Was ist bloß mit uns los?", in: Die Zeit Nr. 51 vom 16. Dezember 2010


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Das ist kein Widerspruch zu deinem Beitrag...nur eine etwas ausführlichere Darlegung.
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