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Ungelesen 09.06.21, 19:19   #27
Draalz
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Zitat von kleineszickchen Beitrag anzeigen
Wolfgang Reitzle, einer der wohl besten und bekanntesten deutschen Wirtschaftsmanager:

Und die berechtigte Frage meinerseits wäre: Geht es ihnen um das Klima oder ist der Verbrennungsmotor das Böse schlechthin? Für mich hat diese Diskussion mit Rationalität und Fakten nicht mehr viel zu tun. Vielmehr frage ich mich im Umkehrschluss: Haben die Grünen vielleicht über die Klimapolitik vor, uns Bürgern genau vorzuschreiben, was wir zu tun haben und die von ihnen ausgewählte Technologie ist alternativlos?
Klingt nach Verschwörungswahn.

Hier mal ein Manager, der verstanden hat, worum es geht:
Zitat:
Braunschweiger Zeitung - Interview mit Prof. Dr.-Ing. Heinz Jörg Fuhrmann

21.05.2021 | Meldung der Salzgitter AG

"Bei uns kann der Vorstand noch selbst arbeiten"

Heinz Jörg Fuhrmann geht nach mehr als 25 Jahren bei der Salzgitter AG in den Ruhestand. Im Interview spricht der Vorstands*-Chef über den radikalen Umbau des Unternehmens zum CO2-armen Stahlproduzenten sowie über Wettbewerber aus China.

Bei dem Stahlhersteller Salzgitter AG endet eine Ära: Heinz Jörg Fuhrmann geht nach mehr als 25 Jahren bei der Salzgitter AG, da*von zehn Jahre als Vorstands-Chef, im Juli in den Ruhestand. Auf ihn folgt der ehemalige Vattenfall-Ma*nager Gunnar Groebler. Fuhr*mann, den Mitarbeiter manchmal einfach nur „Professor" nennen, hat die Umbrüche der Branche mit*erlebt: Von Konsolidierungen über harten Dumping-Wettbewerb bis zum Börsengang. Den Wandel der Industrie zum klimaschonenden Produzenten trieb der 64-Jährige voran. Im ersten Teil des Interviews mit unserer Zeitung blickt er zurück auf den Verkauf der Salzgitter AG durch die Preussag, den Börsen*gang des Stahlherstellers und eine steile Lernkurve beim Hedging von Rohstoffen.


Der Vorstandsvorsitzende der Salzgitter AG, Heinz Jörg Fuhrmann, während des Interviews mit der Braunschweiger Zeitung. Der künftige Ruheständler nahm sich für das Abschluss-Interview vergangene Woche viel Zeit: Der Gesprächstermin dauerte rund drei Stunden. Foto: Bernward Comes

Herr Fuhrmann, hätten Sie zu Be*ginn Ihrer Laufbahn gedacht, dass Sie zum Ende Ihrer Karriere als „grüner" Top-Manager bezeichnet werden?
Fuhrmann: Vor 2015 nicht. In 2015 ist mir innerhalb 14 Tagen klar ge*worden, dass die ganzen Versuche misslingen werden, mittels Lobby*ing den zunehmenden Engpass freier Zuteilungen von C02-Zertifi*katen dauerhaft auf ein erträgliches Maß einzugrenzen. Stattdessen gab es nur zwei Alternativen: Entweder unser integriertes Hüttenwerk in Salzgitter wird innerhalb der nächs*ten zwei Jahrzehnte zum Industrie *Museum, oder wir bauen die Metal*lurgie radikal um. Der rechtzeitige Erwerb von ausreichend C02-Zerti*fikaten gibt uns die Zeit, dies zu tun. Für mich war vollkommen klar, dass sich das Unternehmen in Tei*len neu erfinden musste – und ich mich damit auch.

Hat das mehr Spaß gemacht, oder war es mehr eine Herausforde*rung?
Zu Anfang war es vergleichbar mit der Ochsentour unseres Börsen*gangs 1998 und der Spaßfaktor durchaus begrenzt. Seit zwei Jahren macht mir dies Freude, weil es uns mit dem Technologieprojekt Salcos (Salzgitter Low CO2-Steelmaking; Anm. d. Red.) gelungen ist, die Salz*gitter AG zur Referenz in Sachen Dekarbonisierung der Stahlindust*rie in Deutschland zu entwickeln. Das haben wir mit Bordmitteln so*wie einem kleinen und sehr enga*gierten Team erreicht, was personell und finanziell weit geringer ausge*stattet ist als bei manchen Wettbe*werbern in Europa. Wir haben her*vorragende Mitarbeiter, die sich sehr mit dem Unternehmen identifi*zieren. Sie sind im besten Sinne Überzeugungstäter. Inzwischen gibt uns der Erfolg recht, und nichts ist motivierender. Salzgitter hat die klare Führungsrolle bei der Dekar*bonisierung der Stahlindustrie.

Die deutsche Stahl AG ist nach wie vor ein Thema, also der Zusam*menschluss der deutschen Stahl*produzenten. Lehnen Sie dieses Konzept weiterhin ab?
Dazu ist die Aussage des Salzgitter*-Konzerns seit Jahren konstant: Wir verweigern uns keinerlei Zusam*menarbeit mit anderen Unterneh*men, wenn sie beiderseits Vorteile bringt. Aber wir sind nicht dazu be*stimmt andere Unternehmen zu ret*ten, die durch eigene Fehler in Schwierigkeiten gekommen sind. Das ist nicht unsere Aufgabe. Uns ist bis heute kein Konzept bekannt, welches für die Salzgitter AG und ihre Mitarbeiter erfolgversprechen*der wäre als die Eigenständigkeit. Wenn solch ein Vorschlag eines Ta*ges vorläge, müsste er geprüft wer*den. Das gebietet die unternehmeri*sche Verantwortung.

Nicht nur die Salzgitter AG, die ganze Stahlindustrie muss dekar*bonisiert werden, um die Klimazie*le zu erreichen. Könnte nicht vor diesem Hintergrund eine Stahl AG zielführend sein?
Ich wünsche es primär der Salzgit*ter AG und sekundär auch allen an*deren Standorten in Deutschland, dass sie es ans rettende Ufer schaf*fen.

Aber nicht gemeinsam?
Es muss Standort für Standort transformiert werden, wenn sie nicht mittel- bis langfristig geschlos*sen werden sollen. Das wird nicht billiger oder teurer unter dem Dach einer deutschen Stahl AG. Zudem bin ich ein überzeugter Marktwirt*schaftler und halte einiges von Viel*falt in der Wirtschaft. Der Wettbe*werb der Ideen und Konzepte war noch nie schlecht und tut uns gera*de in der zweiten industriellen Re*volution, an deren Anfang wir gera*de stehen, wirklich gut.

Wie war Ihr erster Eindruck, als Sie am 1. August 1995 in Salzgitter an*gefangen haben?
Die Preussag Stahl AG, wie das Unternehmen damals hieß, war ein anlagentechnisch modernes, pro*zesstechnisch konservatives und wirtschaftlich grundsolides Unter*nehmen, das zu 99,77 Prozent der Konzernmutter Preussag in Hanno*ver gehörte. In der Stahlwelt hatte Preussag Stahl einen guten Ruf, in der Öffentlichkeit war das Unter*nehmen weniger bekannt. Preussag Stahl war gut geführt, aber extrem zentralistisch und hierarchisch or*ganisiert. Im Vergleich zu meinem vorherigen Arbeitgeber, hatte ich zunächst den Eindruck ich sei drei Jahrzehnte zurückversetzt.
Es gab aber Bestrebungen im Vor*stand, dies zu ändern und das war auch ein Motiv für mein Engage*ment. Ich bin ja bereits mit 39 Jah*ren am 1. Oktober 1996 in den Vor*stand berufen worden und war vol*ler Ideen. Mein Einstellungsge*spräch mit dem Preussag AG-Vor*standsvorsitzenden Michael Fren*zel war sehr freundlich, wir hatten zunächst ein gutes Verhältnis.

Wann kam der Bruch?
Zur Jahreswende 1997/98. Herr Frenzel hatte vom Preussag-Kern*aktionär, der Westdeutschen Lan*desbank, den Auftrag, die Preussag von einem Gemischtwarenladen zu einem Logistik- und Tourismus*konzern zu formen, der er als Tui heute ist. Das war mit großen Ausei*nandersetzungen verbunden. Wir wären beinahe an den Wettbewer*ber Voestalpine verkauft worden - in einem Akt politischer Hinterzim*mer-Diplomatie, mit uns als Opfer. Mit dem Mut einiger Menschen, an deren Spitze der damalige Minister*präsident Gerhard Schröder stand, ist es gelungen, das abzuwenden - obwohl bereits ein unterschriebe*ner Kaufvertrag vorlag. Der Vor*stand hat seine Unterstützung ver*weigert. Eine mutige gemeinsame Entscheidung, weil der Ausgang nicht gewiss war.

Es folgte die Übernahme durch das Land und die Nord-LB. Wie ging es weiter?
Die Österreicher warfen uns da*mals "Wirtschaftsstalinismus" vor, was nicht stimmte. Es war der Be*ginn einer tollen Erfolgsgeschichte, die bis heute anhält.

Wie bewerten Sie in diesem Zu*sammenhang die Rolle des Landes als Ankeraktionär?
Das Land spielt eine entscheidende Rolle. Wenn wir nicht das Land als Ankeraktionär mit einer Sperrmi*norität in der Hauptversammlung hätten, wäre die Salzgitter AG von den immer wieder kommenden Wellen der Konsolidierung ins offe*ne Meer geschwemmt worden. Das ist so gewesen und gilt auch nach vorne hin. Der Salzgitter-Konzern ist ein Beispiel dafür, dass es Konstellationen gibt, in denen eine öf*fentliche Beteiligung sehr gut und stabilisierend wirkt, wenn das Unternehmen wettbewerblich und marktwirtschaftlich funktioniert.

Wenn die unternehmerische Frei*heit nicht eingeschränkt wird?
Genau das ist der Punkt. Gleichgül*tig welche Koalition in Hannover regiert hat, ist dies stets respektiert worden. Wir pflegen eine Partner*schaft zu wechselseitigem Vorteil. Mit der Minderheitsbeteiligung sind wir vor feindlichen Übernah*men geschützt, und betrachten es als Teil unseres Auftrags, die Ent*wicklung der Standorte in Nieder*sachsen und Sachsen-Anhalt nach Kräften zu fördern. Wenn es sinn*voll ist, ziehen wir das Engagement an unseren heimischen Standorten risikobehafteten Investments in Übersee eindeutig vor.

Was waren die stärksten Verände*rungen in Ihrer Zeit in Salzgitter?
Der Stahlmarkt hat sich seit 1995 extrem verändert. So sind mittels Fusionen neue und größere Akteu*re entstanden. China produziert heute mehr als die Hälfte des welt*weit erzeugten Stahls, rund 800 Mil*lionen Tonnen pro Jahr. 1995 be*wegte sich China noch auf dem Niveau von 90 Millionen Tonnen per anno - also gerade doppelt so viel wie Deutschland - und produ*zierte nur für den eigenen Bedarf. Zudem haben sich große stahlver*brauchende Märkte zunehmend abgeschottet, allen voran die USA. Dadurch wurde der globale Wettbe*werb insgesamt für alle Akteure und besonders für die Player in der EU wesentlich härter.
Außerdem: Die EU bleibt hingegen ein vergleichsweise offener Stahl*markt. Aufgrund dieser liberalen Handelspolitik etablierten sich Länder wie Indien, Südkorea oder die Ukraine mit zum Teil unfairen Praktiken als Dauerexporteure in die EU. Deshalb reagiere ich aller*gisch, wenn mit Blick auf die EU-*Produzenten von Überkapazitäten gesprochen wird. Wenn Importe – zum Teil zu Dumpingpreisen – einen immer größeren Anteil am EU-Stahlverbrauch decken und gleichzeitig von Überkapazitäten der EU-Stahlerzeuger gesprochen wird, die es zu reduzieren gelte, dann endet dieses Kapitel erst mit der Stilllegung des letzten Stahl*werks in der EU. Diese Logik akzep*tiere ich nicht. Eine weitere Verän*derung ist, dass der Markt volatiler geworden ist, sich schneller verän*dert.

Nennen Sie bitte ein Beispiel.
Früher gab es im Rohstoffeinkauf und in der Kundenbeziehung über*wiegend Verträge mit ein- oder so*gar mehrjähriger Laufzeit. Heute herrscht eine ganz andere Dynamik mit zum Teil täglichen Veränderun*gen. Dementsprechend mussten wir Instrumente entwickeln und einführen wie beispielsweise das Hedging.

Was bedeutet das konkret?
Eisenerz war ein Gut, das weltweit preislich für ein Jahr verhandelt wurde. Stieg die Nachfrage, dann wurden auch mal 3 Prozent Preis*erhöhung durchgesetzt. Heute ver*zeichnen wir diese 3 Prozent biswei*len in einer Tagesveränderung. Auf*grund der starken Nachfrage insbe*sondere aus China waren die Roh*stofflieferanten nicht mehr zu die*sen langfristigen Verträgen bereit. Das galt es zunächst zu akzeptieren. Sodann hat uns dieser Umstand an*gespornt, den Mustang reiten zu ler*nen - und am Ende haben wir dem Ganzen etwas Gutes abgewonnen. In Summe fällt die Bilanz eindeutig positiv aus.

Wie funktioniert Hedging?
Wir schließen für einen Teil der Rohstoffbezüge der Zukunft preis*bezogene Verträge mit einer Bank ab. Diese sucht eine Gegenpartei, die eine von unserer Erwartung ab*weichende Einschätzung für die Entwicklung beispielsweise des Eisenerzpreises hat. Das sind zum Beispiel spekulationswillige Anle*ger. Liegt der tatsächliche Markt*preis bei einem erwarteten Preisver*fall unter dem vertraglich fixierten Wert, ist die Gegenseite der Gewin*ner, liegt er darüber, sind wir es. Das ist Chance und Risiko. Aber auch, wenn ich gar nichts täte, nicht auf die meines Erachtens wahr*scheinliche Marktveränderung re*agieren würde, wäre das Spekula*tion. Ich kann nicht umhin, mich für einen Weg zu entscheiden.

Worauf sind Sie stolz?
Auf den Börsengang 1998, dessen Projektleiter ich als junges Vor*standsmitglied gewesen bin. Das war eine ungeheure Herausforde*rung, zumal die Salzgitter AG erst kurz zuvor selbstständig geworden war. Wir hatten alle keine Erfah*rung mit einem solch komplexen Projekt – und großen Zeitdruck. Er*schwerend kam hinzu, dass sich im Sommer 1998 die Konjunkturwol*ken verdunkelten. Investmentban*ker, die uns begleitet haben, waren pessimistisch gestimmt – ob unserer fehlenden Erfahrung auf dem Bör*senparkett. Aber wir haben zuver*lässig wie ein Schweizer Uhrwerk geliefert. Das ist der Spirit dieses Unternehmens.

Hat sich der Börsengang ausge*zahlt?
Ja, wir haben seither unseren Kon*zernumsatz beinahe verdreifacht und die Belegschaft verdoppelt. Das Eigenkapital ist mehr als vervier*facht und der Aktienkurs hat sich fast verdreifacht. Wir haben seither alles aus eigener Kraft finanziert, keinen Cent Kapitalerhöhung oder Corona-Hilfsspritzen benötigt. Das ist die tolle Bilanz einer beeindru*ckenden Teamleistung. Das gilt auch für das „Trainerteam", das ich zehn Jahre lang leiten durfte. Unse*re Besonderheit ist der mitarbeiten*de Vorstand, der nicht nur delegiert, sondern noch selbst arbeiten kann.

Was war das unternehmerische Ziel nach dem Börsengang?
Das Unternehmen war schon da*mals gut aufgestellt, aber ein reiner Walzstahlhersteller an drei Produk*tionsstandorten in Salzgitter, Peine und Ilsenburg mit Schrottversor*gung und etwas Stahlhandel - soli*de, aber eine graue Maus. Das mö*gen viele kurzfristig orientierte In*vestoren nicht, genauso wenig wie meinen Grundsatz „weniger ver*sprechen, mehr halten". Wir kön*nen nicht daran interessiert sein, dass Anleger mit uns schnelles Geld machen, sondern wollen nachhaltig liefern.
Von 1999 an haben wir den Kon*zern aktiv weiterentwickelt, um ihn breiter aufzustellen – mit perma*nent steigender Qualität und Pro*duktvielfalt. Außerdem wurden Wachstumsfelder ergänzend zur reinen Stahlproduktion erschlos*sen: Prominente Beispiele sind der Erwerb der Mannesmannröhren* Werke AG und der Klöckner-Werke AG mit ihrem Spezialanlagenbau. Wichtiges Element ist unsere maß*gebliche Beteiligung am erfolgrei*chen Kupferproduzenten Aurubis.

"Klimaziele gehen mit Einbußen einher"

Der scheidende Salzgitter-AG-Chef Fuhrmann fordert, Bürger über Folgen der Klimaziele ehrlich aufzuklären.

Wenn Sie Charakterfestigkeit, unternehmerischen Wagemut und Strategie gewichten, was ist am bedeutsamsten für einen Mana*ger?
Charakterfestigkeit! Selbstver*ständlich und notwendigerweise ge*hören unternehmerisches Denken und Strategie dazu, auch der Mut zu kalkuliertem Risiko. Risiken kann ich aber nur eingehen, wenn sich das Unternehmen es finanziell leis*ten kann. Dafür glaube ich mit Cha*rakterfestigkeit gesorgt zu haben. So waren wir bei den Mannesmann*röhren-Werken und den Klöckner* Werken in der Lage, schnelle Kauf*entscheidungen zu treffen. Das wa*ren Akquisitionen zu ausgespro*chen günstigen Kaufpreisen.
Charakterfestigkeit hat auch dafür gesorgt, dass wir gegen den damali*gen Zeitgeist entschieden haben, keine Stahlwerke in Übersee zu kaufen oder zu bauen. Es hat auch ein hohes Maß an Charakterfestig*keit erfordert, als im März 2020 nicht nur sensible Naturen von der näher rückenden Corona-Pande*mie entsetzt waren, und es galt, auf nicht gesicherter wissenschaftli*cher und medizinischer Grundlage zügig abzuwägen zwischen dem Gesundheitsschutz der Mitarbei*tenden und dem Überleben der Konzernunternehmen mit ihren Arbeitsplätzen.
In diesem Moment können Sie an der Spitze eines Unternehmens sehr einsam sein. Ich hatte 48 einsa*me Stunden, bis meine Marschrou*te gefestigt war. Leider vermisse ich in der Politik häufig Charakterfes*tigkeit.

Zitat:

Der Vorstandsvorsitzende der Salzgitter AG, Heinz Jörg Fuhrmann, im Interview mit der Braunschweiger Zeitung. Foto: Bernward Comes
Wann denn?
Wenn zum Beispiel in Wahlkampf*zeiten immer ehrgeizigere Klima*ziele ausgegeben und die Bürger nicht über die Folgen aufgeklärt werden. Unausgesprochen bleibt, dass ein immer forcierterer Ausstieg aus kohlenstoffbasierten Prozessen nicht ohne Einbußen an Wohl*stand, Lebensqualität, Mobilität ge*schehen wird. Die Transformation der Zivil- und Industriegesellschaft ist ein Vorhaben, das die deutsche Wiedervereinigung zeitmäßig und finanziell um ein Vielfaches über*steigen wird. Dies wird den Bürgern aber nicht offen erklärt. Da schei*nen mir die Grünen manchen Ver*tretern anderer Parteien durchaus voraus zu sein, weil sie zuweilen auch unbequeme Wahrheiten aus*sprechen. Diese Erkenntnis ist übri*gens Teil meines eigenen Lernpro*zesses seit 2015.

Hat dieser Erkenntnisprozess auch auf Ihr Privatleben abgefärbt?
Ja, ich kaufe zum Beispiel nur noch Eier von Höfen mit freilaufenden Hühnern, wo die männlichen Kü*ken nicht geschreddert werden. Ich würde auch kein Billigfleisch kau*fen. Auch dann nicht, wenn mein Einkommen niedriger wäre. Es ist eine Frage der Überzeugung. Man muss bei sich selbst anfangen, beim eigenen Verhalten. Leider erleben wir es in unserer Gesellschaft oft genau umgekehrt, es existiert zuwei*len eine erschreckende Bigotterie - auch in der Politik. Sie muss für rea*listische und praktikable Lösungen sorgen. Das ist der Unterschied zwi*schen Gesinnungsethik und Verant*wortungsethik.

Wer allerdings im Sinne der Ver*antwortungsethik handelt und sich offen für einen scheinbar un*bequemen Weg entscheidet, wird häufig abgestraft - zum Beispiel bei Wahlen.
Die Kunst ist es aber, Entschei*dungsprozesse so zu gestalten, dass etwas Gutes daraus wird – für die Unternehmen und die Gesellschaft. Nehmen Sie unser Salcos-Projekt, mit dem die Stahlerzeugung schritt*weise unter Zuhilfenahme von Erd*gas und grünem Wasserstoff dekar*bonisiert werden soll. Unser Kon*zept wurde inzwischen von euro*päischen Wettbewerbern unter an*derem Namen übernommen. Wenn Salcos umgesetzt wird, ist es gut für die Erreichung der Klimazie*le und damit auch für die deutsche Gesellschaft, weil unser Konzept am preiswertesten, energieeffizien*testen und schnellsten zu verwirkli*chen ist. Das sind unabweisbare Vorteile.
Es ist allerdings nicht redlich, wenn Teile der Politik unter den Tisch fallen lassen, dass grüner Wasserstoff im Zuge der Transformation noch für mindestens zwei Jahrzehnte ein Engpassfaktor sein wird, weil es simpel nicht genügend erneuerbare Energien für die Herstellung von grünem Wasserstoff gibt. Das macht es schwer, die Klimaziele zu errei*chen. Deshalb werden zunächst wachsende Mengen Erdgas als Brü*cke benötigt, um die Transforma*tion zu bewältigen. Wenn in Deutschland aber neben Atom*kraft, Kohle und Erdöl in den nächs*ten wenigen Jahren auch noch auf Erdgas verzichtet werden soll, wird die Dekarbonisierung scheitern - mit katastrophalen Folgen für die heimische Industrie.

Wo soll das Erdgas herkommen?
Auch aus Russland! Nord Stream 2 muss fertiggestellt werden, weil sonst die Erreichung der Klimaziele für 2030 nicht gelingen kann. Der Einsatz von Erdgas kann bereits zwei Drittel der Emissionen integ*rierter Hüttenwerke wie in Salzgit*ter einsparen, weil wir derzeit noch Kohle einsetzen. Das restliche Drit*tel ist mit Wasserstoff zu schaffen, wenn genügend regenerative Ener*gie zur Verfügung steht.

Wie zuversichtlich sind Sie mit Blick auf die Produktion erneuerbarer Energien?
Hier befinden wir uns in einem Wettbewerb sämtlicher Branchen und Sektoren der Gesellschaft, die Energie verbrauchen. Daher wer*den Waren des täglichen Bedarfs und Konsumgüter teurer werden. Ich bin zwar zuversichtlich, dass Deutschland die Klimaziele errei*chen kann: Aber werden wir als in*takte Gesellschaft ankommen, die einen riesigen Aufwand gestemmt hat, oder wird unsere westeuropäi*sche Zivilisation darüber großen Schaden erleiden – mit erheblichen gesellschaftlichen Verwerfungen? Damit gibt es in Deutschland leid*volle Erfahrungen.

Dazu passt auch, dass sich Men*schen zunehmend von den be*stehenden Institutionen und vom Staat abwenden. Wie können die*se Menschen erreicht werden?
Nicht, indem diese beschimpft und deren kritische Auffassungen ge*brandmarkt werden, auch wenn sie nicht gefallen. Was als politisch kor*rekt empfunden wird, hat sich in der jüngeren Vergangenheit immer mehr verengt. Auf Radikales wird mit Radikalität und Verboten re*agiert. Das halte ich für bedenklich. Der gesellschaftliche Schaden, der daraus entsteht, ist größer, als eine radikale Meinung zu ertragen und sich mit ihr auseinanderzusetzen. Es muss mehr Toleranz, weniger Vorverurteilungen und einen offe*nen Diskurs geben.

Ist das Thema Energieversorgung die größte Herausforderung für die Salzgitter in den nächsten Jahren?
Ja! Weil die gesamte Gesellschaft sich in der Transformation befindet. Wenn wir – die Gesellschaft und die Industrie – klimaneutral werden wollen, geht das nur schrittweise mit grünem Strom und Erdgas als Brücke.

Werden Sie sich nach Ihrem Aus*scheiden weiter mit dem Thema Wasserstoff befassen?
Ebenfalls ja, auch wenn der Rah*men noch nicht feststeht.

Ist es für Sie schmerzhaft, mitten im wegweisenden Salcos-Projekt zu gehen?
Es wäre falsch zu behaupten, dass mir dies leichtfällt. Mein berufliches Lebenswerk verbindet sich sehr stark mit der Salzgitter AG und ganz besonders mit Salcos. Ich übergebe aber den Stab an meinen Nachfolger auf Grundlage einer sehr zukunftsfähigen Aufstellung des Konzerns. Das bedeutet glei*chermaßen, dass es strategisch be*deutsame Projekte gibt, die weiter*geführt und -entwickelt werden müssen. Es wird die Aufgabe mei*nes Nachfolgers Gunnar Groebler sein, diesen Marathonlauf bis zur Realisierung von Salcos zu bewälti*gen.

Bleiben Sie dem Unternehmen verbunden, zum Beispiel im Auf*sichtsrat?
Es wäre absurd, wenn ich meine Verbundenheit zum Unternehmen betonte, aber grundsätzlich aus*schließen würde, irgendwann in der Zukunft zur Verfügung zu stehen. Ich bin da sehr gelassen. Zudem muss mein Nachfolger Gestaltungs*freiheit haben, das ist ganz wichtig. Nichts ist schlimmer als ein noch so erfolgreicher Vorgänger, der alles besser weiß und das womöglich auch noch öffentlich artikuliert. Das haben wir jahrelang bei Auru*bis erlebt.

Was machen Sie zukünftig mit Ihrer freien Zeit?
Alles, worauf ich mich freue. Vom Lesen hochinteressanter und doch schon angestaubter Bücher über mehr Tennisspielen bis zu dem Er*lebnis, auch an einem Werktag abends in die Oper zu gehen, ohne nach zehn Minuten einzunicken, weil einen die Erschöpfung des for*dernden Arbeitstages in Dunkelheit und wohliger Wanne einholt. Da*rauf freue ich mich! Und ich werde zum Beispiel das Buch „Die Selbst*gerechten. Mein Gegenprogramm – für Gemeinsinn und Zusammen*halt" von Sahra Wagenknecht le*sen.

Wollen Sie ein Buch über Ihre Er*lebnisse schreiben?
Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist. Dies wäre eine im Kern so rück*wärtsgewandte Tätigkeit. Man kann allein mit den Erfolgsrezepten von gestern die Fragen von übermorgen nicht beantworten, auch wenn eini*ge Pensionäre es meinen. Diesem Fehler möchte ich nicht anheimfal*len. Ich finde zum Beispiel auch nicht richtig, wenn ein Vorstands*vorsitzender nach dem Ausschei*den sofort Aufsichtsratsvorsitzen*der wird. War er erfolgreich, hat der Nachfolger keine Luft zum Atmen. War er nicht erfolgreich, ist der wei*tere Misserfolg fast vorprogram*miert. Deshalb ist die zweijährige Abkühlphase vor dem Wechsel in den Aufsichtsrat eine kluge Ent*scheidung.

Sind Sie mit der Wahl von Herrn Groebler als neuen Vorstandschef zufrieden?
Sehr! Herr Groebler bringt bedeu*tende Erkenntnisse und Erfahrun*gen für die erfolgreiche Weiterfüh*rung von Salcos als das mit Abstand wichtigste Zukunftsprojekt mit. Ich habe ihn als aufmerksame, wache Persönlichkeit mit gleichermaßen Sensibilität und Gestaltungswillen kennengelernt.

Quelle:

Braunschweiger Zeitung vom 19. und 20. Mai 2021.
Von Andreas Schweiger und Hannah Schmitz

Fotos: Bernward Comes
Quelle

So sehen für mich Visionäre aus, nicht irgendein Kerl, der darüber nachsinnt, ob der Verbrennungsmotor das böse schlechthin ist.
Zitat:
Zitat von kleineszickchen Beitrag anzeigen
Für mich sind die Grünen eine Art Diktatur aus Selbstdarstellung, Realitätsverlust sowie gespickt mit allen möglichen Verboten für das gemeine Volk.
Klingt für mich auch irgenwie nach Verfolgungswahn, aber Dir sei Deine Meinung zugestanden.

Letztendlich muss einjeder seine Wahl treffen, oder sie verweigern. Die Quellen dazu liegen uns offen, man muss sie nur zu interpretieren wissen.
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