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Draalz
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Standard Die Sprachbarriere fällt

Zitat:
KI-Übersetzungen

Die Sprachbarriere fällt


Eine Kolumne von Christian Stöcker


Vielen Menschen ist noch nicht klar, dass die Welt vor einer Revolution steht: Schon sehr bald werden weite Teile der Menschheit ohne Hemmnisse miteinander kommunizieren können. Was macht das mit uns?

18.02.2024, 16.37 Uhr


Diskussionsrunde (Symbolbild): Verstehen wir uns bald alle gut? Foto: Luis Alvarez / Getty Images

Der Name des – je nach Lesart – polnischen oder russischen, in jedem Fall aber jüdischen Augenarztes Ludwik Lejzer Zamenhof dürfte den meisten Menschen unbekannt sein. Es gibt allerdings eine eingeschworene Gemeinde von Menschen, die jährlich seinen Geburtstag feiern, rund um die Welt: den Zamenhoftag am 15. Dezember.

Zamenhof hat Fans in China und den USA, Russland und der Ukraine. In Herzberg am Harz heißt seit 2017, anlässlich seines hundertsten Todestages, ein Platz nach ihm. Und all das trotz der Tatsache, dass Zamenhofs wichtigstes und größtes Projekt aus heutiger Sicht als zwar idealistisch und vom Gedanken her schön, aber an der Praxis weitgehend gescheitert gelten muss: Er erfand und entwickelte die Kunst- oder »Plansprache« Esperanto. Der Name sollte Hoffnung ausdrücken.

Englisch vor Mandarin und Hindi

Zamenhof, der in einem damals zu Russland gehörenden Teil Polens aufwuchs, sprach Polnisch, Russisch und Jiddisch, später in der Schule in Warschau lernte er auch noch Deutsch, Französisch, Griechisch, Latein, Englisch und Hebräisch. Als Jude in einem polnischen Teil Russlands waren ihm Ausgrenzung und Unterdrückung wohlbekannt. Er entwickelte einen Traum: Er wollte die Sprache als Hindernis auf dem Weg zur Völkerverständigung im engeren Sinn abschaffen und hoffte auf eine dadurch geeinte Menschheit. Jetzt steht Zamenhofs Traum vor der Verwirklichung – allerdings ganz anders, als er sich das vorgestellt hatte.

Esperanto hat sich bekanntlich nie durchgesetzt, obwohl es beispielsweise in China bis heute [url=http://esperanto.china.org.cn/]Nachrichten in Zamenhofs Kunst- oder Plansprache[Uurl] gibt und weiterhin regelmäßig Esperanto-Weltkongresse stattfinden. Weltweit können, je nach Quelle 100.000 Menschen oder zwei Millionen Menschen Esperanto. Knapp 1,5 Milliarden sprechen und verstehen Englisch, mehr als zwei Drittel davon als Zweitsprache. Mandarin sprechen etwa 1,1 Milliarden Menschen, Hindi knapp 610 Millionen, Spanisch knapp 560 Millionen.

Ein neues Zeitalter zieht herauf

Englisch ist von allen Sprachen vermutlich diejenige, die Zamenhofs Ideal einer »internationalen Sprache« am nächsten ist – aber auch diese Sprache beherrschen eben über 80 Prozent der Menschen bis heute nicht.

Jetzt stehen wir an der Schwelle eines neuen Menschheitszeitalters, was die Möglichkeiten zur Verständigung angeht: In spätestens wenigen Jahrzehnten, vermutlich viel früher, wird es völlig selbstverständlich sein, dass sich nahezu jeder Mensch auf dem Planeten Erde mit nahezu jedem anderen Menschen unterhalten kann, und zwar in seiner oder ihrer jeweiligen Muttersprache. Dass es so weit kommt, ist so gut wie sicher (wenn die hochtechnologische Zivilisation, die wir Menschen geschaffen haben, so lange durchhält).

Hardware und Software sind längst da

»Jeder, der diese Sprache erlernt hat, muss sie sofort zum Verkehr mit anderen Nationalitäten benutzen können«, schrieb Zamenhof in seinem Esperanto-Gründungswerk. In Zukunft wird man zum Verkehr mit anderen Nationalitäten nichts mehr erlernen, sondern nur ein mit einem entsprechenden Gerät verbundenen Kopfhörer mit Mikrofon tragen müssen. Die Hardware für den Universalübersetzer á la »Star Trek« besitzen viele Erdenbürger längst: Ein Smartphone (geschätzt fast fünf Milliarden Menschen benutzen heute schon eines) und Kopfhörer mit Mikrofon. Die Software gibt es auch schon, sie ist nur noch nicht flächendeckend und in der nötigen Konfiguration im Einsatz.

Spracherkennungssysteme funktionieren mittlerweile bekanntlich bemerkenswert gut, maschinellem Lernen sei Dank. Der Baustein Spracherkennung ist also vorhanden – und der Baustein Universalübersetzer auch: Das deutsche Übersetzungssystem DeepL beherrscht den Betreibern zufolge bislang 32 Sprachen, Google Translate angeblich über 100. Der Dienst kann schon jetzt gesprochene Sprache in übersetzter Form transkribieren. Aber es gibt auch nichtkommerzielle Angebote, die Douglas Adams’ Babelfisch mittlerweile sehr nahekommen.

Open-Source-KI kann 101 Sprachen

Diese Woche präsentierte ein wahrhaft internationales Team, das Zamenhofs Herz mit Freude erfüllt hätte, ein neues Sprachmodell namens Aya, ein »massives multisprachliches Modell zur Spracherzeugung, das Instruktionen in 101 Sprachen folgen kann«. Aya ist nicht primär ein Übersetzungswerkzeug, sondern eine Art multilinguales ChatGPT, das auch zahlreiche unterschiedliche Alphabete beherrscht. Hervorragende Übersetzungen fallen bei den vielsprachlichen KI-Assistenten der Zukunft gewissermaßen als Nebenprodukt ab.

Die Hälfte der Sprachen, die Aya versteht und spricht, gilt bislang als nicht ausreichend von solchen Modellen abgedeckt. Aya ist also das vielleicht derzeit breiteste, aber bei Weitem nicht das einzige Sprachproduktionssystem, das mehr Sprachen »spricht«, als ein Mensch jemals könnte. Es gibt zum Beispiel auch noch BLOOMZ und mT0, »eine Familie von Modellen, die menschlichen Anweisungen in Dutzenden Sprachen ohne vorheriges Training folgen können«.

Simultanübersetzer im Ohr

Weltweit arbeiten Menschen an Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen und natürlich auch in Unternehmen daran, die bereits existierenden Babelfisch-Maschinen immer besser zu machen. Insbesondere nichtkommerzielle Modelle wie die genannten konzentrieren sich dabei explizit auch auf Sprachen, die sonst unterrepräsentiert wären.

Die – nahe! – Zukunft der Kommunikation in fernen Ländern oder mit Menschen aus fernen Ländern wird sich deshalb so ähnlich anfühlen wie simultan übersetzte Interviews jetzt: Man hört den Originalton und mit leichtem Zeitversatz die Übersetzung, möglicherweise sogar in einer ähnlichen Stimmlage. Auch menschliche Stimmen – und mittlerweile sogar Gesichter – können Maschinen schon jetzt geradezu erschreckend gut kopieren, was in sehr naher Zukunft vermutlich für gewaltige Betrugswellen sorgen wird. Erste Fälle gibt es bereits.

Auch – sagen wir: manipulierte – Universalübersetzer bergen selbstverständlich Missbrauchspotenzial.

Unabsehbare Folgen

All das wird jedenfalls Folgen haben, die vielen Menschen bislang vermutlich noch nicht klar sind. Für Menschen, die mit der Synchronisation von Filmen ihr Geld verdienen, brechen womöglich bald schwierige Zeiten an: Zwar produzieren automatische Systeme zur lippensynchronen Maschinenübersetzung derzeit noch relativ monoton klingende Outputs, aber das wird nicht lange so bleiben. Diverse Start-ups arbeiten an »Dubbing«-KIs. Das Weltarchiv der synchronisierten Filme und anderer eingesprochener Texte, die in vielen Sprachen vorliegen, wird jetzt zum Trainingsreservoir für Synchronisationsmaschinen. In Zukunft werden auch Melodie und Emotionalität simulierbar sein.

Die Alltags-KIs, die viele Menschen eines Tages, wie im Film »Her«, selbstverständlich im Ohr tragen werden, werden es aber auch ermöglichen, in jedem beliebigen Land der Welt ohne Wörterbuch oder Sprachkurs zu kommunizieren. Wer persönliche Beziehungen pflegen, Literatur im Original genießen, oder im Geschäftsleben besonders höflich sein will, wird zwar wohl weiterhin Fremdsprachen erlernen – doch die Motivation und die Notwendigkeit, das zu tun, wird dramatisch sinken.

»Begann von einer glücklichen Zeit zu träumen«

Diese neue Welt ohne Sprachbarrieren wird aber auch Nachteile haben: Das Maschinen-Esperanto, das all den Übersetzungen am Ende zugrunde liegen wird, kann zu einer gewissen Verflachung in Formulierung, Ausdruck und Nuancen führen. KI-übersetzte Sprache wird zunächst weitgehend generisch sein und vermutlich sogar neue verkünstelte Sprache erzeugen, wie schlecht gemachte Synchronisationen schon jetzt: »Am Ende des Tages«, »macht Sinn«, »das dritte Rad«. Und wer will schon maschinenübersetzte Lyrik hören?

Insgesamt aber wird diese neue Welt Zamenhofs Ideal näherkommen, als je eine Plansprache das geschafft hat.

Zamenhof, der Idealist, schrieb einmal: »Ich begann von einer glücklichen Zeit zu träumen, in der der nationale Hass verschwindet und es nur eine Sprache und ein Land gibt, das mit vollem Recht allen seinen Benutzern und Bewohnern gehört, in dem die Menschen beginnen, einander zu verstehen und zu mögen.« Hoffen wir, dass er zumindest halbwegs recht behält.
Quelle: Spiegel
Wenn ich mir ansehe, wie schnell DeepL auf mein Browseraddon zum Übersetzen reagiert, kann ich mir das schon vorstellen.
Bei einer Milliarde Anfragen muss aber viel Rechenpower bereitstehen.
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