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Ungelesen 26.06.17, 04:27   #22
MunichEast
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Nordhausen. Rainer Sturm gibt die Richtung vor: „Wir gehen in den Keller.“ Er tritt durch ein Tor in eine komplett eingerichtete Autowerkstatt. Auf einer Hebebühne steht ein schwarzer Mini, zum Dran-Herumschrauben. Auf Regalen sind Motoren, Bremsschläuche und Druckluftbremsen aufgereiht. „So können wir gleich praktisch zeigen, was wir theoretisch erklären“, sagt Sturm, 53, Lehrer am Berufsschulzentrum in Nordhausen.

Das Schuljahr ist vorbei, Sturm hat seine Schützlinge in die Ferien entlassen. Es ist das vorläufige Ende eines einmaligen Experiments: Ein Jahr lang hat der Pädagoge eine Klasse ausschließlich mit Flüchtlingen unterrichtet - junge Männer aus Eritrea, Syrien, dem Irak.

Sie alle werden zu Kfz-Mechatronikern ausgebildet. Ihr Lehrherr: Helmut Peter. Der Mann mit der Halbglatze und dem jovialen Lächeln ist so etwas wie der Autokönig in der Stadt am Thüringer Harzrand. In der Halleschen Straße reiht sich eins seiner Autohäuser an das andere. Insgesamt hat der Unternehmer 24 Autohäuser in Thüringen, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen, 700 Mitarbeiter stehen auf der Lohnliste. Über Peter sagen sie in Nordhausen, er sei ein Patriarch, aber einer mit gutem Herzen.

Altmaier will mehr Flüchtlinge engagieren

Das Experiment beginnt an einem Freitag im Oktober 2015. Peter hat zum Oktoberfest in seine Mercedes-Filiale im niedersächsischen Duderstadt geladen. Ehrengast: Peter Altmaier. Der Kanzleramtsminister von der CDU ruft die versammelten Unternehmer dazu auf, sich stärker für Flüchtlinge zu engagieren. Gastgeber Peter lässt sich das nicht zweimal sagen: „Gebt mir 20 Flüchtlinge und ich mache eine Peter-Klasse daraus!“, ruft er in den Saal.

Seit Jahren bildet er so viele junge Leute aus, dass diese am Nordhäuser Berufsschulzentrum stets eine eigene Klasse füllen. Diesmal also nur mit Geflüchteten. Von den anfangs 15 Männern sind zehn heute noch dabei.

Als im Sommer und Herbst 2015 Flüchtlinge in großer Zahl nach Deutschland kamen, hoffte die Wirtschaft, unter ihnen die in vielen Branchen so dringend benötigten Fachkräfte zu finden. Nun klagen viele Unternehmen über bürokratische Hürden bei der Einstellung, über mangelnde Schulbildung und fehlende Sprachkenntnisse. Helmut Peter aber hat einfach gemacht. Der Unternehmer kennt jeden in Nordhausen, und jeder kennt ihn. Sonst hätte es wohl nicht geklappt. „Man kann viele Hürden so leichter aus dem Weg räumen“, sagt er.

Trotzdem war es ein Experiment mit ungewissem Ausgang. „Die größte Herausforderung war, dass wir gar nicht wussten, was auf uns zukommt“, so sagt es Achit Tölle, der Ausbildungsleiter bei Peter. „Am Anfang ging es weniger um die Ausbildung, eher um Wohnungssuche oder Behördengänge.“ Dafür haben sie sich einen Verein mit ins Boot geholt, der die jungen Männer im Alltag berät und betreut.

Flüchtlinge seien fleißig und engagiert, sagt Sturm

Und wie ist es nun gelaufen, das Experiment? Statt einer Antwort legt Tölle einen Stapel Papier auf den Tisch - die Zeugnisse der Flüchtlingsklasse. Der Leistungsstand: unterschiedlich, sowohl zwischen einzelnen Fächern als auch innerhalb der Klasse. Von 1 bis 4 sind alle Zensuren dabei. Ein Blick auf die Zeugnisse der 17 deutschen Auszubildenden des ersten Lehrjahres zeigt: Unterm Strich unterscheiden sich die Leistungen der beiden Klassen nicht. „Die sind alle fleißig und motiviert“, sagte Klassenlehrer Sturm über seine Flüchtlinge, „die wollen einen Beruf erlernen, in dem sie später arbeiten können.“

Der letzte Montag vor den Ferien, auf der Tafel in ihrem Klassenraum stehen deutsche Wörter - ein großer Mann, eine kleine Frau, ein liebes Kind. Zwei Stunden Deutsch liegen hinter den jungen Männern, die die Sprache anfangs kaum oder wenig beherrschten.

Mittlerweile kommt Alan Ahmed, einem 19-jährigen syrischen Kurden, der Satz „Ich liebe Autos!“ flüssig über die Lippen. Die Sprache erwies sich anfangs als größte Hürde, erinnert sich Sturm. Auch für ihn: „Das war das, wovor ich Respekt hatte.“

Nach den Ferien wollen sie in Nordhausen die zweite Stufe des Experiments zünden: Die Flüchtlingsklasse wird aufgelöst, die jungen Männer aus Eritrea, Syrien und dem Irak werden gemeinsam mit deutschen Lehrlingen lernen. Bloß Deutschunterricht wird öfter auf dem Stundenplan stehen als bei den Einheimischen. „Dann geht die Integration erst richtig los“, sagt Ausbildungsleiter Tölle.

Integration - ein großes Wort. Biniam Teklay, 28, lächelt sein strahlendstes Lächeln. Ja, mit seinen Kollegen in der Werkstatt komme er gut klar, sagt der Mann aus Eritrea. Aber deutsche Freunde habe er noch nicht gefunden. Und manchmal, wenn er im Supermarkt einkauft, erzählt er, schauen ihm die Leute so komisch über die Schulter. „Als ob wir Afrikaner alle Diebe wären!“ Tölle, ein ruhiger, väterlicher Typ, versucht zu beruhigen: Die wenigsten Deutschen dächten so, sagt er.

„Wer hier leben will, muss unsere Gepflogenheiten akzeptieren.“

„Die Integration ist nicht einfach“, sagt Helmut Peter, der Chef. Das fange bei Pünktlichkeit und Pflichtbewusstsein an. „Da müssen wir ständig dranbleiben.“ Von Peters weichem Südharzer Singsang sollte man sich nicht täuschen lassen. Er ist derjenige, der hier die Ansagen macht. Sein Credo: „Wer hier leben will, muss unsere Gepflogenheiten akzeptieren.“ Deshalb ist es zwar in Ordnung, dass die Muslime unter den Lehrlingen das Freitagsgebet verrichten wollen. „Aber dann müssen sie die Zeit eben nacharbeiten.“ Deshalb hat der Chef verfügt, dass „die Jungs“, wie er sie nennt, ihren Führerschein auf Deutsch machen. Und nicht auf Arabisch, wie einige von ihnen das wollten. Das Geld dafür schießt das Unternehmen erst einmal vor.

In der kommenden Woche beginnt der Fahrschulunterricht. Biniam Teklay bereitet sich schon vor. Er tippt auf seinem Smartphone herum, zeigt Trainingsfragen für die Prüfung. Er strahlt: „41 richtig beantwortet, nur eine falsch!“ Der junge Eritreer ist ehrgeizig, er will es schaffen. „Die Deutschen müssen eine Frage einmal lesen, um sie zu verstehen. Ich muss fünfmal lesen.“ (mz)

http://www.mz-web.de/thueringen/inte...ildet-27857890
Ein schöner Artikel zum Thema Integration vom 25.06.2017. Integration schafft man immer nur gemeinsam ! Einer muss wollen und der andere ermöglichen , 1+1 ist 2
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