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MotherFocker
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Standard "Es hat mich angeekelt": Eisdiele schafft Bargeld ab

Zitat:
"Es hat mich angeekelt": Eisdiele schafft Bargeld ab
Von Lars Wienand
15.08.2020, 12:47 Uhr



Nur mit Karte, Paypal oder mobilem Bezahlen: Manual Costantin vor der "Blauen Eisdiele", in der er kein Bargeld mehr akzeptiert.
(Quelle: Stefan Butz/Kreativlabor Butz)


2018 wurden die Plastikstrohhalme ausgemustert, 2019 die Plastikschälchen für Bananasplit – und jetzt war das Bargeld dran: Eine Eisdiele in Rheinland-Pfalz erlaubt nur noch digitales Bezahlen. Der Eismacher erklärt es im Interview.

Wer bei Manuel Costantin in Bad Kreuznach ein Eis kaufen will, muss sein Geld stecken lassen. Der 44-Jährige ist Inhaber der wahrscheinlich ersten Eisdiele in Deutschland, die kein Bargeld mehr akzeptiert. Costantin ist Eismacher in vierter Generation, aber er hat nicht nur das Familien-Eiscafé "Riviera" umgetauft in "Blaue Eisdiele". Er probiert auch sonst viel Neues aus.

Der Vorstoß, kein Bargeld mehr zu akzeptieren, hat dem 44-Jährigen aber auch einen Boykott-Aufruf eingebracht. Wieso er daran festhält und auch einen Rüffel seines Vaters nicht so ernst nimmt, erzählt er im Interview.

Herr Costantin, wissen Sie noch, was die letzte Bezahlung mit Bargeld bei Ihnen war?


Manuel Costantin: Das war am 20. März, der letzte Tag, bevor die Gastronomie für Publikum geschlossen wurde. Es dürfte ein Spaghetti-Eis gewesen sein, klassisch für 5,70 Euro.

Und als Sie wieder öffnen durften, haben Sie entschieden, dass Sie kein Bargeld mehr annehmen.

Wir hatten zwischenzeitlich Eis ausgeliefert und durften ab dem 20. April wieder zum Mitnehmen öffnen, Nur Thekenverkauf, nur Kartenzahlung. Ich habe mir viel Mühe gegeben mit dem Hygienekonzept. Es gibt keine Eiskarte auf Papier mehr, dafür haben wir QR-Codes und geben bei Bedarf Tablets heraus, die wir desinfizieren. Das Personal hat Pager, und man kann es so vom Tisch rufen. Über den Shop online kann man auch bestellen und zur Wunschzeit am Onlineschalter abholen. Und ich habe entschieden, dass wir kein Bargeld mehr annehmen.

Die Berufsgenossenschaft Handel hält eine Übertragung des Erregers über Scheine und Münzen für unwahrscheinlich. Es gibt aus früheren Epidemien keine Hinweise, dass Bargeld eine relevante Infektionsquelle ist.

Corona war auch für mich nur der letzte ausschlaggebende Punkt. Über Bargeld hatte ich schon vorher nachgedacht. Es hat mich immer angeekelt, dass meine Angestellten Geld in die Hand nehmen, wenn sie Eis verkaufen. Sie nutzen zwar Servietten für die Waffeln und Löffel für Obst auf den Bechern. Für mich ist hygienisch gesehen Bargeld in der Gastronomie ein Unding.

Ich will auch kein Bargeld mehr annehmen, wenn durch Corona keine Gefahr mehr besteht. Ich will auch nicht täglich mit den Einnahmen zum Einzahlungsautomaten laufen, wo ich vielleicht auch noch überfallen werde.

Haben Sie sich vorher Rat geholt? In Hamburg akzeptiert Public Coffee Roasters seit Ende 2017 kein Bargeld.


Ich hatte da keine Vorbilder, ich geh meinen eigenen Weg. Ich überlege mir gerne was Neues. Wenn Sie den ganzen Tag Eis machen, dann brauchen Sie das. Ich habe mich dann im Internet informiert, dass das zulässig ist und es keine Pflicht für mich gibt, Bargeld anzunehmen.


"Die Blaue Eisdiele": So nannte der Volksmund das Eis-Cafe "Riviera" in Bad Kreuznach – und Chef
Manuel Costantin übernahm das und taufte es um. Er experimentiert und modernisiert laufend.
Heute dürfte es Deutschlands digitalste Eisdiele sein. (Quelle: Stefan Butz/Kreativlabor Butz)


Das denken viele Menschen.

Ja, hier stand auch jemand, der mich anzeigen wollte. Ich lege ja vorher sehr deutlich fest, zu welchen Bedingungen man sich ein Eis kaufen kann, also bevor ein Vertrag und eine Zahlungspflicht zustande kommen. Jeder kann selbst festlegen, wie er Verträge gestaltet, das ist Vertragsfreiheit. Ich muss nur auszeichnen, dass ich kein Bargeld annehme. Das ist unmissverständlich bei uns durch Aufkleber und Hinweise.

Und die Kunden akzeptieren das?

Wir haben Umsatzeinbußen, aber die haben alle und die führe ich auf Corona zurück. Wir können ja auch viel weniger Plätze besetzen. Es bleiben auch keine treuen Gäste wegen des Bargeldthemas weg. Uns kommt auch zugute, dass wir meist größere Becher zu einem höheren Durchschnittspreis verkaufen. Für einen Eissalon in einer Fußgängerzone mit viel Laufkundschaft auf die Hand wäre es sicher schwieriger.

Ich bin auf Sie aufmerksam geworden, weil auf Twitter Fans von bargeldlosem Zahlen Ihre Eisdiele cool finden. Hat Sie so was auch schon erreicht?

Ich bekomme nicht alles so direkt mit. Ich stehe ja in der Eisküche und arbeite wie ein Pferd mit Klappen auf den Augen und den Ohren. Um Social Media kümmert sich auch jemand für mich sehr gut. Ich schaue gar nicht mehr auf Kommentare und Rezensionen, weil es mir irgendwann auf die Nerven gegangen ist.



Es gab auch einen Boykottaufruf, unter anderem von einem Funktionär des Schaustellerverbands.

Ich habe mir nicht angeschaut, wer da was schreibt. Ich fand aber Boykottaufrufe traurig. Ich habe ja nichts Böses im Sinn, ich plane weder die Bargeldabschaffung, noch habe ich andere subversiven Ideen. Es gibt Leute, die meinen sie würden entmündigt oder sie würden gläsern dadurch, wenn sie bei mir ein Eis digital zahlen. Glauben die, die Versicherung wird teurer, weil sie sieht, dass sie zu viel Süßes essen?

Sie können also versichern, dass Sie nicht Teil eines geheimen Plans von Bundesregierung, Weltbank oder einer geheimen Elite sind, das Geld abzuschaffen?

Es gab Leute, die so was tatsächlich unterstellt haben. Ich habe keine Ahnung, warum Leute erbittert eine kleine Eisdiele ins Visier nehmen. Wenn ich kaputt gehen würde, könnte die Regierung immer noch in fünf Jahren das Bargeld abschaffen – was ich aber nicht glaube. Ich bin kein Politiker, ich bin Eismacher. Ich will nur mein Eis verkaufen und das so gut wie möglich. Dazu probiere ich auch viele neue Sachen aus. Wenn Sie etwas verändern, verunsichern Sie aber die Leute und stoßen immer auf Widerstand.


Gelati am Gardasee: Manuel Costantins Großvater Italo Mosena in den 30er-Jahren mit Eiskarren.
Die Familie stammt aus dem Zoldo-Tal in den Dolomiten Italien. (Quelle: privat)


Was hätte Ihr Großvater gesagt, der war ja auch Eismacher?

Wieso Großvater? Das fängt schon bei meinem Vater an! Der hat mir schon gedroht: "Fang wieder mit dem Bargeld an! Was soll das?" Das ist eine Generation, die sich das nicht vorstellen kann. Dabei zahlt er selbst überall mit Karte – kontaktlos.

Bargeld ist vielen Menschen wichtig.


Ich selbst kann nicht verstehen, wieso Menschen mit Bargeld einen anderen Wert verbinden. Man kann das Gefühl für Wert haben, auch wenn man eine Zahl sieht. Geld ist einfach eine Zahl. Da kann mir keiner erzählen, er verliert den Durchblick, wenn er nicht mit Bargeld bezahlt.

Beim Zahlen mit Bargeld fallen aber keine Gebühren an, digital schon. Wo bleiben die hängen?

Ich habe meine Preise nicht angehoben. Warum soll ich die Preise anheben wegen ein paar Gebühren? Ich habe zwar nichts zu verschenken. Aber wir haben von der Regierung die Mehrwertsteuersenkung bekommen, das ist eine gute Hilfe. In Italien, wo ich zur Schule gegangen bin, haben sie das nicht.

Und ihr Personal büßt für die Umstellung mit weniger Trinkgeldern?

Dafür haben wir tatsächlich noch Geldboxen. Es ist wohl weniger geworden, wie für uns alle. Wir werden die Trinkgelder auch in die digitalen Zahlprozesse integrieren, aber das ist zum Teil nicht so einfach. Es muss ja sauber getrennt werden.

Und wenn Kinder ein Eis wollen? Die laufen nicht mit Karte rum.

Wir bieten schon seit sieben Jahren digitale Gutscheinkarten an, damit waren wir auch eine der ersten Eisdielen. Der Opa kann seinem Kind auch eine Wertkarte geben, da kann das Kind sich sein Eis kaufen. Generell werden die Wertkarten gut angenommen, wir haben trotz Corona-Beschränkungen in diesem Juli mehr Gutscheine verkauft als im vergangenen Jahr.

Und jetzt erkundigen sich auch andere Gastronomen bei Ihnen?


Bisher noch nicht. Das ist eine große Umstellung, und ohne damit etwas gegen Kollegen sagen zu wollen, ist das Interesse an bargeldlosem Bezahlen in der Gastronomie nicht sehr hoch.
Quelle
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