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Doku liefert erschütternde Einblicke: Wie sich Deutschland sein Jobwunder erkauft

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Ungelesen 03.08.17, 09:30   #1
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Standard Doku liefert erschütternde Einblicke: Wie sich Deutschland sein Jobwunder erkauft

Zitat:
ZDF-Doku liefert erschütternde Einblicke: Wie sich Deutschland sein Jobwunder erkaufte

Deutsche Unternehmen melden Rekordgewinne, der Arbeitsmarkt boomt und die Steuereinnahmen brechen alle Rekorde: Die ganze Welt beneidet derzeit die Bundesrepublik für diese Leistung. Doch wie kam es dazu - und wer geht trotzdem leer aus? Eine ZDF-Doku liefert erschütternde Einblicke.

Es ist noch gar nicht so lange her: Im Oktober 2004 war jeder zehnte Erwerbsfähige (10,1 Prozent) in Deutschland ohne Job, 4,4 Millionen Menschen. 2005 gab es den Negativrekord von über fünf Millionen. Deutschland galt als „kranker Mann Europas“, der „Reformstau“ schien unauflöslich, der Arbeitsmarkt erstarrt.

Der damalige Kanzler Gerhard Schröder von der SPD war in die Enge getrieben, auch in seiner eigenen Partei. Schröder versuchte den politischen Befreiungsschlag - und brachte 2003 mit einer Regierungserklärung die Hartz-Reformen auf den Weg: Die Sozialsysteme sollten saniert, die Lohnnebenkosten gesenkt, Zu- und Abgang zum und vom Arbeitsmarkt erleichtert werden.

Die zentralen Elemente der Agenda 2010

Arbeitslosengeld floss fortan nicht mehr so lang. Langzeitarbeitslose erhielten nur noch Leistungen auf Sozialhilfeniveau. Arbeitslosen- und Sozialhilfe wurden zum neuen Arbeitslosengeld II (Hartz IV) zusammengelegt.

Staatliche Arbeitslosenvermittlung und kommunale Sozialhilfe wurden in den Jobcentern zusammengelegt. Einschnitte gab es auch bei der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung. Gleichzeitig sanken die Steuern für Unternehmen - oder wurden gleich ganz abgeschafft.

Die Bemühungen fruchteten: 43 Millionen Menschen haben heute einen Job, so viele wie nie zuvor. Dementsprechend lag die Zahl der Arbeitslosen mit 2,7 Millionen 2016 auf dem niedrigsten Stand seit einem Vierteljahrhundert. Auch wenn moderate Lohnabschlüsse und die gute Konjunktur dabei halfen, ist unter Volkswirten unbestritten, dass die Agenda 2010 den Grundstein dafür legte und das neue deutsche Wirtschaftswunder möglich machte.

Aber bei weitem nicht alle Menschen in Deutschland sind mit der Entwicklung zufrieden. Sie erlebten vielmehr ihr blaues Wunder, wie die ZDF-Doku „Wer gewinnt beim Aufschwung?“ am Dienstagabend zeigte. Die Reporter ließen diejenigen zu Wort kommen, die sich als Verlierer der Reformen verstehen.

Beispiel Hartz IV

Hartz-IV soll helfen und den Menschen das Allernötigste sichern. Was das heißt, fasste der Architekt der nach ihm benannten Hartz-IV-Reform, Peter Hartz, gegenüber dem ZDF mit drastischen Worten zusammen: „Wir haben die Zumutbarkeit neu definiert“, sagte. Das Ergebnis: Für viele Menschen ist Hartz IV vor allem ein Armutsurteil: Ein Alleinstehender bekommt im Schnitt 409 Euro plus Miete pro Monat.

Ginge es um das eigentliche Ziel von Hartz IV, nämlich die Menschen wieder schneller in den Arbeitsmarkt zu bringen, dann wäre die Arbeitsmarktreform gescheitert: Nur jedem Sechsten gelingt das.

Ifo-Chef Clemens Fuest will trotzdem nicht an dem Modell rütteln. Dem ZDF sagte er: „Bei mehr als fünf Millionen Arbeitslosen musste der Druck erhöht werden.“

Beispiel Arbeitslose

Vom Druck können die Arbeitslosen ein Lied singen. Für sie haben die Härten an allen Fronten zugenommen. Vor allem der Druck, auch unliebsame Jobs anzunehmen, um nicht in Hartz IV abzurutschen. Tatsächlich akzeptieren Arbeitslose weitaus häufiger und schneller als früher schlechter bezahlte Jobs an weiter entfernten Orten.

Nicht viel besser geht es denjenigen, die einen Job gefunden haben. Denn gleichzeitig haben atypische, teils auch prekäre Beschäftigung, Minijobs und Leiharbeit deutlich zugenommen.

Beispiel Niedriglohn

Im Jahr vor dem Inkrafttreten der Hartz-IV-Reform waren rund sieben Millionen Beschäftigte im Niedriglohnsektor beschäftigt. Dazu zählt jeder, der weniger als zwei Drittel des mittleren Brutto-Stundenlohns verdient. Fünf Jahre nach der Reform galt das schon für knapp acht Millionen Beschäftigte.
Arzthelferin Andrea Mayereder aus München ist eine von ihnen. In ihrer Praxis verdient sie als Angestellte nur 1000 Euro netto im Monat. Deshalb sei sie auf einen Zweitjob angewiesen, wenn sie in ihrer Heimatstadt bleiben möchte, erzählt sie vor der Kamera. Mayereder teilt sich ihr Schicksal mit drei Millionen anderen Menschen in Deutschland. Tendenz steigend.

Beispiel Leiharbeit

Noch unsicherer ist das Leben in Deutschland für diejenigen, die mit Leiharbeit ihr Geld verdienen. Sie wechseln ständig den Einsatzort und müssen sich obendrein mit geringer Entlohnung zufriedengeben. Das mittlere Monatsbruttogehalt eines Leiharbeiters betrug im Jahr 2015 gerade einmal 1799 Euro. Zum Vergleich: Bei Vollbeschäftigten sind es 3084 Euro.
Was hinzu kommt: Wer einmal im Heer der Leiharbeiter gelandet ist, hat es schwer, den Weg zurück in ein normales Beschäftigungsverhältnis zu finden. Im ZDF berichtet eine Frau, wie sie ihre Festanstellung verlor und dann als Leiharbeiterin weiterbeschäftigt wurde. 80 Bewerbungen schrieb sie seither – vergebens: Den Sprung zurück hat sie nie mehr geschafft.

Beispiel Vermögensverteilung

Die schlimmsten Sorgen könnte theoretisch ein kleines finanzielles Polster lindern. Geld haben wir schließlich genug: Das Privatvermögen der Deutschen beläuft sich auf neun Billionen Euro – macht im Schnitt 110.000 Euro für jeden Bundesbürger. Doch von so viel Solidarität ist die Gesellschaft weit entfernt: Die untere Hälfte der Deutschen besitzt gerade einmal auf 2,5 Prozent des Privatvermögens. Gleichzeitig verfügen die reichsten zehn Prozent von uns über 60 Prozent des gesamten Vermögens. Das Geld ist also extrem ungleich verteilt.

Nicht einmal mehr hohe Bildung schützt vor Armut und Unsicherheit. Die Wissenschaftlerin Denise Dörfel von der TU Dresden ist so ein Beispiel: 24 Verträge hat sie schon erhalten – und hat das gründlich satt: „Es nervt einfach“, schimpft die Psychologin in die Kamera des ZDF-Teams.

Beispiel Rentner

Nicht auszudenken, was auf die wissenschaftliche Mitarbeiterin im Alter wartet. Schon heute beziehen eine halbe Millionen Rentner Grundsicherung – Tendenz stark steigend. Die Unternehmen, denen die Senioren früher dienten, fahren gleichzeitig Rekordgewinne ein. Seit 1991 verdreifachten sich die Unternehmensgewinne auf 543 Milliarden Euro, haben die ZDF-Rechercheure errechnet.

Beispiel öffentliche Investitionen

Hinzu kommt: Obwohl der Staat sich über Rekordeinnahmen bei der Steuer freut, spart er an allen Enden. Öffentliche Investitionen wurden überall zurückgefahren – und das rächt sich nun. Etwa bei der Infrastruktur. Deutschlands Brücken zerbröseln, öffentliche Gebäude werden nicht saniert, Straßen verkommen zu Buckelpisten.

Fragt sich nur: Wie kommen wir da wieder raus?
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