[MunichEast]

Nach Fackelwurf auf Roma-Familien Bewährungsstrafen für Angeklagte

Ulm. Weil sie mit einer brennenden Fackel Roma-Familien aus ihrer Kleinstadt vertreiben wollten, sind vier Männer vom Landgericht Ulm zu Jugendstrafen auf Bewährung verurteilt worden. Außerdem ordnete das Gericht am Mittwoch den Besuch einer KZ-Gedenkstätte an - samt zehnseitigem handschriftlichen Bericht über Gefühle und Eindrücke vor Ort. Die Jugendstrafe eines fünften Angeklagten, der sich einsichtig gezeigt hatte, wurde für eine Bewährungszeit von eineinhalb Jahren ausgesetzt. Sollte er sich in dieser Zeit nichts zu Schulden kommen lassen, wäre die Sache laut Gericht damit vom Tisch.

Die Kammer sah es als erwiesen an, dass die zur Tatzeit zwischen 17 und 19 Jahre alten Deutschen im Mai 2019 aus rassistischen Gründen eine Fackel auf eine Wiese in Erbach (Alb-Donau-Kreis) geworfen haben, um die dort campenden Roma-Familien zu vertreiben. Es handle sich um gemeinschaftliche Nötigung in 45 Fällen, sagte der Richter und attestierte den Angeklagten «Fremdenfeindlichkeit», «Rassismus» und «Antiziganismus». Die Männer hätten «Angst und Schrecken» verbreiten wollen. Ein Wohnwagen, in dem eine schlafende Frau mit ihrem neun Monate alten Sohn lag, wurde laut Anklage nur knapp verfehlt.

Ursprünglich waren die jungen Männer wegen versuchten Mordes und Brandstiftung angeklagt worden. Doch den für eine Verurteilung in diesen Punkten nötigen Vorsatz sah das Gericht nicht als erwiesen an. Die Männer hatten den Fackelwurf zu Prozessbeginn gestanden und sich entschuldigt. Es sei nur ein Streich gewesen. Das Gericht verhängte für die vier Angeklagten Jugendstrafen zwischen zehn Monaten und einem Jahr und vier Monaten auf Bewährung.

Der Verband der Deutschen Sinti und Roma in Baden-Württemberg begrüßte die Entscheidung des Gerichts. «Das Vertrauen in den Rechtsstaat ist heute weiterhin gestiegen und zeigt, die Geschichte ist ernst genommen worden», sagte der Landesvorsitzende Daniel Strauß. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Zu Gunsten der Männer wertete das Gericht die Geständnisse und die Entschuldigungen. Dagegen hätten Aussagen, Bilder und Chatverläufe die politische Gesinnung der Angeklagten ans Licht gebracht - wie etwa ein Foto mit Hitler-Gruß im Garten des Großvaters. Auch Adolf Hitlers Geburtstag sei gefeiert worden, sagte der Richter. Sich selbst hatten die Männer zu Prozessbeginn als «rechts offen» bezeichnet. Die Kammer attestierte den Männern eine Reifeverzögerung, weshalb sie nach Jugendstrafrecht verurteilt wurden.

Sie hatten den Ausführungen des Gerichts zufolge bereits mit einem toten Schwan, einem Böller sowie einem Schild mit den Worten «Not Welcome» (Nicht willkommen) versucht, die Roma-Familien zu vertreiben. Die Männer und Frauen verließen schließlich die angemietete Wiese vorzeitig nach dem Fackelwurf. Die Menschen hätten den Ort in Panik und Todesangst verlassen, sagte der Nebenklagevertreter nach der Urteilsverkündung. Für die Roma-Familien sei dies kein Jugendstreich gewesen, sondern todernst. «Alle Beteiligten hatten großes Glück.»[ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]

Der Prozess wurde schon einmal in einer anderen Diskussion angesprochen, diese wurde aber wegen üblichem Störfeuer geschlossen. Die Strafen halte ich für zu milde.

[Uwe Farz]

Auch Adolf Hitlers Geburtstag sei gefeiert worden, sagte der Richter.

Immer wieder die gleiche Scheisse.
17 u. 19 Jahre alt und dumm genug, um eventuell die eigene Zukunft wegzuwerfen.
Ist das mangelnde Bildung oder ist es in gewissen Kreisen "en vogue" sich mit Nazi Attitüden zu produzieren?
Scheinbar gibt es immer mehr davon.
Ich finde auch, dass das Urteil sehr milde ausgefallen ist.

[eitch100]

Ich sage mal so, dass sie zu Bewährungsstrafen verurteilt wurden, finde ich jetzt nicht völlig daneben. Sie scheinen Ersttäter und aufgrund der "Reifeverzögerung" (herrliches Wort) auch nicht die Allerhellsten zu sein. Ich denke nicht, dass die im Knast etwas dazulernen. Aber diese lächerlichen Bewährungszeiten und Auflagen finde ich ehrlich zweifelhaft. Nicht nur in diesem Fall sondern im Allgemeinen. Ich weiß nicht, was prinzipiell dagegen spricht, die Bewährungszeit (natürlich je nach schwere der Tat) auf 5 oder gar 10 Jahre zu erhöhen. Und ganz ehrlich, wer vom Gericht schon diesen "Vertrauensvorschuss" einer Bewährung erhält und dann trotzdem wieder straffällig wird, sollte wenigstens mit dem doppelten der zur Bewährung ausgesetzten Strafe bestraft werden. Juristen werden mir da vermutlich widersprechen und sie werden auch gute Gründe dafür anbringen, aber irgendwie passt doch das Verhältnis nicht.

[Kirkwscks4eva]

Vielleicht haben die Jungs ja etwas daraus gelernt. Zu wünschen wäre es. Die Strafen gehen okay nach unserem Rechtssystem.

Ich hätte es allerdings begrüßt wenn auch eine gemeinsame Begegnung mit den Roma stattgefunden hätte.

[wennsdennseinmuss]

Zitat von Kirkwscks4eva

Ich hätte es allerdings begrüßt wenn auch eine gemeinsame Begegnung mit den Roma stattgefunden hätte.

Das ist ein guter Vorschlag.

Ich finde überdies schon, das z.B. 1 Jahr Haft für einen Mordversuch, einen Warnschuss an diese jugendlichen Täter abgeben würde und eventuell ein abschreckendes Beispiel für andere wären. Kirkwscks4eva Vorschlag könnte dann am besten nach der Entlassung als Auflage mit staatlicher Begleitung ansetzen, damit es frisch in Erinnerung bleibt. Es muss aber abgeklärt werden, ob die Tat-Opfer dies auch wollen würden. Meist ist es aber wohl so, weil die Frage nach dem Warum im Raum steht.

Denn was heisst schon auf Bewährung? Sie sind draussen wieder unterwegs. Das Jugendstrafrecht sollte schon etwas härter reformiert werden. Denn solche Strataten entsprechen ja auch dem von Erwachsenen Kriminellen, da muss künftig was mit Ansage und echten Warnschüssen her.

Und Strafe sollte auch wieder Strafe sein, das ist es nicht: [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]

"Bewährung" beeindruckt doch niemand wirklich. Es geht ja bei solchen Fällen nicht um Kavaliersdelikte.