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Ungelesen 21.08.17, 16:00   #1
pauli8
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Standard Wer Journalisten sind und wie sie arbeiten

Zitat:
Wer Journalisten sind und wie sie arbeiten

Sie nennen sich Redakteure, Reporter, Kritiker oder Journalisten und arbeiten für Zeitungen, Zeitschriften, Nachrichtenagenturen, Rundfunksender oder Internet. Dazu recherchieren sie Quellen, bewerten Informationen und machen daraus Nachrichten für die Öffentlichkeit.


Das Selbstbild der Journalisten in Deutschland

Das, was wir in Zeitungen und Zeitschriften lesen, im Radio hören, im Fernsehen oder online sehen, wird von Journalistinnen und Journalisten hergestellt. Sie entscheiden im Arbeitsalltag, welche Ereignisse öffentlich werden, wie sie dargestellt werden und welche Themen in der Berichterstattung weniger Beachtung finden. Daher wird den Journalisten große Macht und Verantwortung innerhalb der Gesellschaft zugeschrieben. Allerdings arbeiten sie nicht willkürlich oder auf sich allein gestellt. Das Mediensystem mit seinen historischen, rechtlichen, politischen und ethischen Grundlagen markiert den Rahmen ihrer Tätigkeit. In Deutschland ist dieser Rahmen etwa bestimmt durch die in der Verfassung verankerte Meinungs- und Pressefreiheit und durch die in den Landespresse- und Landesmediengesetzen sowie in den Rundfunkstaatsverträgen festgeschriebenen Regelungen, zum Beispiel zur Trennung von Redaktion und Werbung oder zu Auskunftsrechten gegenüber Behörden.

Darüber hinaus sind ethische Grundsätze institutionalisiert, etwa im Deutschen Presserat oder in den Selbstverpflichtungen der Medien. Ebenso wird die Arbeit der Journalistinnen und Journalisten in Deutschland durch die ökonomischen, organisatorischen und technischen Gegebenheiten in den Medienunternehmen und Redaktionen geprägt. Beispielsweise hängt es von der finanziellen und personellen Ausstattung einer Redaktion ab, wie viel Zeit ein Journalist für die Recherche seiner Themen hat; aus dem organisatorischen Aufbau und Ablauf einer Redaktion und ihrer technischen Ausstattung ergeben sich unterschiedliche Aufgaben und Arbeitsgebiete für Journalisten. Außerdem ist die Produktion von Medieninhalten durch professionelle Standards, Regeln und Routinen geprägt, die von den Journalisten in der Ausbildung erlernt werden, sich in der redaktionellen Sozialisation vertiefen und über die verschiedenen Medien hinweg angewendet werden.

Diese vielfältigen Rahmenbedingungen und Einflussfaktoren lassen freilich Raum für Handlungen, über die einzelne Journalisten selbst entscheiden und die - innerhalb der jeweiligen Umstände - so oder auch anders ausgeführt werden könnten. Wer diese Journalisten sind, welche Merkmale und Einstellungen sie haben, wie sie sich beruflich orientieren und welche Verhaltensmuster sie entwickeln, ist daher Gegenstand der journalistischen Berufsforschung.

Von besonderem Interesse ist dabei die Frage, welches Bild die Journalisten selbst von ihrer beruflichen Rolle haben. Was erwarten sie sich von ihren eigenen beruflichen Leistungen, welche Absichten und Ziele verfolgen sie bei ihrer Arbeit? Zu diesem so genannten Rollenselbstverständnis werden Journalistinnen und Journalisten von Wissenschaftlern befragt. Allerdings ist die Aussagekraft solcher Selbstbeschreibungen und Absichtserklärungen in der Forschung umstritten, denn es ist unklar, welche Bedeutung das Selbstverständnis der Journalisten in ihrer alltäglichen Arbeit hat. Man weiß nicht, inwiefern sie ihr Rollenselbstbild in der beruflichen Alltagspraxis, also beim Schreiben von Texten oder Produzieren von Sendungen, auch umsetzen können oder ob es sich eher um idealisierte Selbstbilder handelt. Zum Stellenwert des journalistischen Selbstverständnisses für die Berichterstattung finden sich verschiedene Positionen, die zwischen den folgenden gegensätzlichen Auffassungen stehen:

Auf der einen Seite steht die Annahme, dass Journalisten mit ihren Kommunikationsabsichten bereits ihre berufliche Wirklichkeit beschreiben. Nach dieser Position lässt sich von den Rollenbildern der Journalisten direkt auf die Ausübung ihres Berufs schließen. Wenn zum Beispiel ein Großteil der Politikjournalisten angibt, es sei ihnen in ihrem Beruf wichtig, aktiv die politische Tagesordnung mitzubestimmen, dann wird nach dieser Auffassung daraus gefolgert, dass die politische Berichterstattung aktiv Themen setzt und damit Einfluss auf die öffentliche Meinung oder sogar auf die Entscheidungen von politischen Akteuren nimmt.

Im Gegensatz dazu steht die Position, dass das berufliche Selbstverständnis einzelner Journalisten weitgehend bedeutungslos für ihre Berufswirklichkeit sei, weil die vielschichtigen Arbeitszusammenhänge in den Redaktionen zu wenig Raum für die Umsetzung ihrer individuellen Ziele und Absichten ließen. Wenn beispielsweise Journalisten formulieren, die Kritik und Kontrolle der Mächtigen sei ein zentrales Ziel ihrer Arbeit, lässt dies, so die Auffassung dieser Forschungsrichtung, nicht auf eine kritische Berichterstattung durch die Medien schließen, sondern wird als Selbstüberschätzung der Journalisten gedeutet.

Dazwischen findet sich die Auffassung, dass die Kenntnis journalistischer Selbstbilder aufschlussreich sein kann, wenn man ihre eingeschränkte Aussagekraft in der Interpretation berücksichtigt. Dann werden die Journalisten nicht nur nach ihren Absichten gefragt, sondern auch danach, inwiefern sie diese im beruflichen Alltag umsetzen können. Damit lässt sich erstens prüfen, inwiefern ihr Rollenbild mit ihrer Arbeitswirklichkeit übereinstimmt. Zweitens lassen sich die Rollenbilder auch als Idealvorstellungen und Normen der Journalisten lesen, also als die Wertvorstellungen, an die sie sich in Zweifelsfällen halten. Wenn beispielsweise ein Großteil der Journalisten angibt, dass die neutrale, präzise und schnelle Information ihres Publikums ein wichtiges Ziel ihrer Arbeit sei, lässt sich daraus schließen, dass die Ausgewogenheit, Korrektheit und Schnelligkeit der Berichterstattung im Zweifelsfall wichtiger ist als eine ausführliche Recherche der Hintergründe eines Themas.

Als im Jahr 2005 zuletzt eine repräsentative Stichprobe der hauptberuflichen Journalisten in Deutschland zu ihren Merkmalen und Einstellungen erhoben wurde, erhielten diejenigen Rollenbilder die größte Zustimmung, die auf Information und Vermittlung angelegt sind.

Information und Vermittlung:

Fast neun von zehn der befragten Journalisten (89 %) wollten ihr Publikum möglichst neutral und präzise informieren, acht von zehn (79 %) wollten komplexe Sachverhalte vermitteln und jeweils drei Viertel (74 %) beabsichtigten, Informationen möglichst schnell zu vermitteln sowie die Realität so abzubilden, wie sie ist. Immerhin sechs von zehn befragten Journalisten (60 %) wollten sich auf Nachrichten konzentrieren, die für ein möglichst breites Publikum interessant sind. Die Aufgabe, die Öffentlichkeit zuverlässig und schnell mit Informationen zu versorgen, gehört damit zentral zum beruflichen Selbstverständnis der Journalisten in Deutschland - auch in Ressorts und Medien mit unterhaltenden Schwerpunkten, wie beispielsweise Publikumszeitschriften und Lifestyle-Ressorts.

Kritik, Kontrolle, Engagement:

Eine weitere Dimension der journalistischen Rollenbilder umfasst einen (gesellschafts-)kritischen, politischen, anwaltschaftlichen Journalismus. Ein solchermaßen engagiertes Selbstverständnis wird insgesamt von deutlich weniger Journalisten geteilt als das Selbstbild des Informationsjournalisten. Zwar hatte 2005 gut die Hälfte der Journalisten (58 %) die Absicht, in ihrem Beruf Missstände in der Gesellschaft zu kritisieren; aber nur noch jeder Dritte (34 %) wollte normalen Leuten eine Chance geben, ihre Meinung zu Themen von öffentlichem Interesse zum Ausdruck zu bringen. Sich für die Benachteiligten in der Bevölkerung einsetzen wollten weniger als drei von zehn Journalisten (29 %); als Kontrolleur von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft (watchdog) sah sich knapp ein Viertel (24 %). Weniger als ein Siebtel der befragten Journalisten (14 %) erhob gar den Anspruch, die politische Tagesordnung zu beeinflussen und Themen auf die politische Agenda zu setzen.

Service und Unterhaltung:

Neben den "klassischen" Rollenselbstbildern, die sich auf Information und Vermittlung sowie auf Kritik, Kontrolle und Engagement beziehen, gibt es interpretative, orientierende, ratgeber- und serviceorientierte Kommunikationsabsichten. Die Dimension des Ratgeber- und Service-Journalismus fand 2005 - ähnlich wie die Merkmale eines engagierten Rollenbildes - nur mäßige Zustimmung der befragten Journalisten: Rund vier von zehn Journalisten wollten neue Trends aufzeigen und neue Ideen vermitteln, positive Ideale vermitteln...[...]
(Da der Artikel sehr umfangreich ist, bei Interesse in der Quelle mehr...und durch die Aufklapptexte. Die einzelnen Punkte in der Sidebar kann man auch nutzen)

Quelle:
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Ungelesen 21.08.17, 16:48   #2
baldurgarda2
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Und ein paar Jahre später hat sich das "Berufsbild" völlig geändert So sehr, dass selbst Jounalisten laut darüber nachdenken ;-)

Hans-Ulrich Jörges (Stern):
„Es ist etwas faul in unserer Branche. […] Vor allem was die schreckliche Erscheinungsform des Rudeljournalismus angeht. Wir haben es mit einer veränderten Medienhierachie zu run. Es sind die Online-Medien, die mittlerweile den Takt vorgeben. Was am Morgen Top-Thema bei Spiegel Online ist, läuft am Abend ihn ähnlichem Stil in der Tagesschau. Wir lügen nicht – wir sind schlampig, denkfaul und ein bisschen propagandistisch.“

Giovanni di Lorenzo (Zeit):
„Wir waren aber zumindest in der Anfangszeit geradezu beseelt von der historischen Aufgabe, die es nun zu bewältigen galt. Damit einher ging die Missachtung der Ängste in der Bevölkerung. Noch problematischer war die kritiklose Übernahme der Erklärungen einer Bundesregierung, der nun jedes Wort recht war, sich etwas nachträglich schönzureden, was in Wirklichkeit ungeplant passiert war.“

Journalisten heute wollen "erziehen": [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]

Und der "moderne" Journalismus war Thema einer Studie: [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]
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Ungelesen 21.08.17, 18:10   #3
pauli8
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Und was sagt der Aufgeklappte Text in der Quelle im Startthread dazu:

Zitat:
Quellentext


Wer prägt das Bild der Politik in den Medien?
Eher die Politik ...? [...] Die Tatsache, dass Nachrichten praktisch in Echtzeit elektronisch übermittelbar sind, hat Möglichkeiten und Bedingungen der Politikvermittlung [...] revolutioniert. Eine weitere wichtige Rahmenbedingung hat sich aufseiten der Presse verändert: [...] Der Konkurrenzkampf " vor allem der privaten Medien " und dies gilt für TV, Internet und Print, hat die Werthaltigkeit der Inhalte verändert.

Unter der Beachtung des nach wie vor und heute sogar oft vermehrt geltenden journalistischen Lehrsatzes "Only bad news are good news" müssen Storys und ihre Überschriften möglichst reißerisch, möglichst skandalträchtig oder exklusiv sein, um es auf die Titelseite oder die TOP-Position einer Zeitung oder einer Nachrichtensendung zu schaffen. Scheinbar sind nur dadurch Auflage und Quoten zu steigern oder zu halten. Viele Medienhäuser haben ihre Journalisten sogar dazu verpflichtet, Storys möglichst so zuzuspitzen, dass eine Vorabmeldung mit ziemlicher Sicherheit von der Konkurrenz übernommen wird, um damit kostenlose Werbung für das eigene Produkt zu machen.

[...] Dies hatte und hat gravierende Folgen für die Politik: Politiker, die diese Gesetzmäßigkeiten verstanden haben, können sehr bewusst den "Waren-Charakter", den Marktwert einer Sachäußerung einschätzen, einsetzen und damit die Nachfrage nach ihrer Position in einer bestimmten politischen Agenda bis zu einem gewissen Grade steuern.

[...] Journalisten und Redaktionen, die " noch verstärkt durch Personalabbau " diesem hier beschriebenen wirtschaftlichen Druck ausgesetzt sind, sind immer öfter versucht, vermeintliche politische Neuigkeiten ungeprüft sofort in den Äther oder ins Web zu schicken, um die Nase vorn zu haben oder nicht hinter der Konkurrenz zurückzubleiben.

Für die Politik heißt das: Selbst ein Hinterbänkler, der für die Entscheidung einer Regierungsfraktion kaum Bedeutung hat, kann mit der richtigen Zuspitzung, der möglichst krassen Einzelmeinung, einen Platz, zumindest kurzzeitig, in den Nachrichten finden. Die dann abgefragte Reaktion der Fraktionsführung oder der politischen Konkurrenz natürlich ebenso. So entsteht ein Hype, der mindestens ein paar Stunden anhält. [...]

Politisches Handeln hat in der Regel zwei mögliche Entstehungsursachen: 1. reale Probleme oder 2. strategische Ziele, und es braucht 3. Personifizierung. Die Realität: Es gibt tatsächlich Probleme, Sachverhalte, Fragen, die sofort und möglichst sachgerecht von der Politik entschieden und beantwortet werden müssen. Dies sind Agenden, die keine Inszenierung brauchen, sich meistens sogar einer Inszenierung entziehen, [...]. Die Finanzkrise z. B. war " vor allem 2008 " eine solche Wirklichkeit, wo Politik handeln musste, ohne großartige Inszenierungsmöglichkeiten oder Alternativen zu haben. [...]
Die Fiktion, die Realität werden soll! Damit haben wir es in der Regel zu tun. Basieren politische Entscheidungen doch meist auf Programmen, Plänen, Wünschen der Parteien und/oder der dort maßgeblichen Personen für die Zukunft. [...] Gerade wenn eine neue politische Idee propagiert oder eine bisherige Strategie verändert werden muss, brauchen Sie eine Person, die das glaubwürdig vermittelt. [...]
Die Positionierung von Hans Eichel [...] zum Star des ersten Kabinetts Schröder war viel zufälliger als oft unterstellt. [...] Eine Botschaft, die damals noch inszeniert werden musste, war die der Haushaltskonsolidierung. [...] Das haben wir genutzt: Seine zufällig entstandene Sparschweinsammlung auf dem Ministerschreibtisch, die für die Kameras inszenierte Fahrradfahrt mit dem Haushaltsentwurf ins Kanzleramt, seine persönliche Bescheidenheit, [...] passten ins Bild und zur damals als notwendig erkannten und nach und nach propagierten Konsolidierungspolitik.

[...] Aber [...] eine Inszenierung scheitert, wenn die Grundlage verändert wird. Als 2002/2003 die Wirtschaft und im Nachlauf die Steuereinnahmen einbrachen, Renten-, Kranken- und Pflegeversicherungen unterfinanziert waren, [...] [war] die Konsolidierung des Haushaltes [...] Geschichte, der Finanzminister entzaubert. Person und Politik passten nicht mehr überein. [...]

Klaus-Peter Schmidt-Deguelle, "Fiktion, die Realität werden soll", in: epd medien Nr. 26/27 vom 10. April 2010

... oder eher der Journalismus? [...] Der politische Journalismus steht seit Jahren vor einem ernsten Problem: Wenn das Ansehen der Politik und das Interesse an ihr immer weiter abnehmen, wie kann dann ein Journalismus überleben, der sich tagtäglich mit Politik beschäftigt? Die unausgesprochene, aber häufigste Antwort darauf lautet: Wir stellen uns an die Spitze der Politikverdrossenheit und weisen immerzu nach, dass die Politiker von niedrigen Motiven getrieben sind, süchtig nach Aufmerksamkeit, gierig nach Macht, dem Volk entfremdet, und reden können sie auch nicht.
Das funktioniert [...]. Aber wie lange? Nachhaltiger Journalismus ist das jedenfalls nicht. Wenn so etwas dennoch grassiert, dann weniger aus rationalen als aus psychologischen Gründen.

Das vergangene Jahrzehnt hat den klassischen Journalismus in eine Selbstachtungskrise gestürzt. Wiederum war der Siegeszug des Internets nicht der Grund dafür, sondern nur der Anlass. Auf die Herausforderung durch das Netz reagierten die meisten Zeitungshäuser mit Umsonstjournalismus im Internet. Zudem sollten die hoch spezialisierten Schreiber alles zugleich sein, Blogger, Twitterer, Fotograf, Filmemacher " Generaldilettanten eben. Obendrein wurde der Untergang der Printmedien besungen [...]. All das trug nicht eben zur Selbstachtung unseres Berufsstandes bei. Und wer sich selbst nicht achtet, achtet auch keinen anderen, am wenigsten die Politik. [...]

Oft wird dem Journalismus [aber auch] vorgeworfen, er stecke mit der Politik unter einer Decke. [...] Dieser Vorwurf trifft schwer, weil der Journalismus aus dem Kampf gegen die Macht hervorgegangen ist (gegen diktatorische Macht allerdings). [...]

Sind Journalisten nun Teil des Systems? Sie dürfen es nicht sein, wenn damit gemeint ist, dass sie gemeinsame Kampagnen machen und einander schonen. Sie müssen es sein, wenn mit diesem System die Demokratie gemeint ist.
Denn, ja, wir haben ein Interesse daran, dass der demokratische Rechtsstaat, dass Meinungsfreiheit und Pluralismus überleben, das gehört zu unserer Natur. Deswegen sollte politischer Journalismus kein gemeinsames Interesse haben " außer die Erhaltung der Reproduktionsmöglichkeiten demokratischer Politik. Konkret bedeutet das, dass wir gegen jede konkrete Politik anschreiben können, nur nicht gegen alle Politik. Dass wir die Kriterien der Kritik offenlegen müssen und diese Kriterien nicht so anlegen dürfen, dass die Politik immer nur verlieren kann.
Auf die Dauer liest sich das auch besser.

Bernd Ulrich, "Was ist bloß mit uns los?", in: Die Zeit Nr. 51 vom 16. Dezember 2010


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