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[Recht & Politik] Demokratieförderung: Hangeln von einer Befristung zur nächsten

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Ungelesen 06.11.18, 20:38   #1
Wornat1959
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Standard Demokratieförderung: Hangeln von einer Befristung zur nächsten

Zitat:
Demokratieförderung
Hangeln von einer Befristung zur nächsten

Familienministerin Franziska Giffey will Demokratieprojekte künftig einfacher fördern. Wie frustrierend deren Arbeit bisher ist, zeigt ein Beispiel aus Chemnitz.

Von Naomi Bader
6. November 2018, 17:57 Uhr 62 Kommentare


( Bundesfamilienministerin Franziska Giffey © Carsten Koall/Getty Images )

Susanne Heydenreich muss sich bald vielleicht das dritte Mal in diesem Jahr arbeitssuchend melden. Dabei hat sie genug zu tun: Heydenreich leitet in einem Chemnitzer Jugendclub das Projekt Komm rein!, das Kinder und Jugendliche fit für Demokratie machen soll. Doch ob es das im kommenden Jahr noch geben wird, entscheidet sich erst ein paar Wochen vorher, wie so oft.

Viele der Kinder, die zu ihr kommen, wohnen in dem Stadtteil Sonnenberg, sie kommen aus einem "sozioökonomisch abgehängten Milieu", sagt Heydenreich. Im Projekt sollen die Kinder lernen, eigene Wünsche zu formulieren, zu argumentieren und gemeinsam Entscheidungen zu treffen. Grundvoraussetzungen, um die Gesellschaft mitzugestalten. Dabei ist es Heydenreich wichtig, ihnen zu zeigen, dass es keinen Gegensatz zwischen "denen da oben" und "uns da unten gibt".

In den vergangenen Monaten wurde viel über Menschen diskutiert, die sich vom politischen System und der Mehrheitsgesellschaft verabschiedet haben, Sachsen stand besonders im Fokus. Ein Projekt wie Komm rein! leistet also einen wichtigen Beitrag gegen die Spaltung der Gesellschaft. Das sehen auch das Familienministerium und das Land Sachsen so, sie fördern das Projekt. Für zwei Jahre stehen Heydenreich 108.000 Euro zur Verfügung. Davon finanziert sie Sachkosten, eine Forschungsbegleitung durch die Fachhochschule Dresden, um die Wirksamkeit des Projektes zu prüfen, und ihre 30-Stunden-Stelle.

Bereits im Sommer nach dem Regierungswechsel musste Heydenreich um die Fortsetzung fürchten. Und damit es 2019 weitergehen kann, muss sie die Gelder rechtzeitig beantragen. Die Formulare dazu fehlten allerdings bis zum 2. Oktober in dem internen Serviceportal für das Bundesprogramm Demokratie leben!.

Das Problem heißt modellhafte Projektförderung
Den Zuwendungsbescheid erhalte sie allerfrühestens Mitte November, schätzt Heydenreich. Sie rechnet zwar mit einer Zusage, weil der letzte Ergebnisbericht anerkannt und das Gesamtkonzept positiv beurteilt wurde. Doch der Bescheid ist auch die Planungs- und Vertragsgrundlage, die sie benötigt, um etwa die Forschungsbegleitung zu bezahlen oder die Honorarstellen auszuschreiben. "Um stabil weiterarbeiten zu können, bräuchten wir den Bescheid drei Monate vorher", sagt sie.

In Sachsen, so wie in ganz Deutschland, arbeiten viele engagierte Menschen in Projekten der Demokratieförderung. Sie geben Kurse in Jugendzentren, kooperieren mit Schulen, beraten Vereine und lokale Verantwortungsträger. Mancherorts sind sie eins der wenigen Freizeitangebote außerhalb rechter Strukturen. Doch es wird ihnen erstaunlich schwer gemacht.

Das Problem heißt modellhafte Projektförderung: Bundes- und Landesministerien, aber auch private Stiftungen, fördern bestimmte Projekte. Die sollen möglichst innovativ sein, zum Beispiel eine neue Methode anwenden. Zusätzlich ist die Förderung der Projekte immer zeitlich begrenzt. Denn Bildung ist eigentlich Ländersache, nur unter diesen Ausnahmen darf der Bund fördern. Und wenn der Zuschuss vom Bund fehlt, unterstützen auch die Länder die Projekte oft nicht weiter.

Die Befristung bedeutet einen hohen bürokratischen Aufwand, der allerdings schon früher beginnt: Die Anträge, die Menschen wie Heydenreich schreiben müssen, umfassen oft mehr als 20 Seiten. Je nachdem, ob Geld bei Bund oder Land beantragt werden soll, sind sie unterschiedlich aufgebaut. Und auch wenn das Land Sachsen das Projekt kofinanziert, müssen sie zwei separate Anträge stellen. Die Phase der Antragstellung, Planung und Konzeption wird oft nicht finanziert, Heydenreich arbeitet dann ehrenamtlich.

Familienministerin kündigt Gesetz an
Das vielleicht größte Problem aber: Modellprojekte enden, selbst wenn ihre Wirksamkeit bewiesen ist. Finden Mitarbeiter keine alternativen Wege, um das Projekt auch ohne Hilfe von Bund und Ländern zu finanzieren, bedeutet das das Ende. Manchmal schon nach zwei Jahren, wie vielleicht in Heydenreichs Fall. Und das nächste Projekt soll wieder neu, wieder anders sein. Für viele Menschen, die in dem Bereich tätig sind, ist das sehr frustrierend. Und die Zielgruppe, etwa Kinder und Jugendliche, verliert das Vertrauen.

Familienministerin Franziska Giffey will das offenbar ändern. Im Mai entfristete sie die Laufzeit des Bundesprogramms Demokratie leben!. Auf der Konferenz des Programms am Dienstag sagte sie, Demokratiearbeit brauche verlässliche Strukturen und Kontinuität. Auf lange Sicht sei deshalb ein Demokratiefördergesetz notwendig.

Giffey sagte, sie könne niemandem erklären, dass der Bund zwar "auf ewig regionale Wirtschaftsförderung vor Ort" mitfinanzieren dürfe, aber Projekte und Initiativen, die sich für die Demokratie einsetzten, immer nur für ein paar Jahre von Modellprojekt zu Modellprojekt. Sie wolle das Bundesprogramm zur Förderung von Demokratie weiterentwickeln, kündigte die Ministerin an. Ab 2020 wolle sie sich auf drei Kernziele konzentrieren: "Demokratie fördern, Vielfalt gestalten, Extremismus vorbeugen."

Sebastian Reißig findet, dass ein Gesetz in die richtige Richtung geht. Er ist Geschäftsführer des Vereins Aktion Zivilcourage in Pirna, der sich in der Bildungs- und Beratungsarbeit engagiert, um die demokratische Kultur in Sachsen zu stärken. Reißig gründete den Verein vor 20 Jahren, als Reaktion auf hohe Wahlergebnisse der NPD und eine Skinheadszene in der Sächsischen Schweiz. Regelmäßig wenden sich Bürgermeisterinnen oder Bürgermeister an ihn und berichten von rechts*******n Vorfällen in ihren Gemeinden. Sie fragen Reißig: "Was kann ich jetzt machen?" Und er erarbeitet dann gemeinsam mit ihnen einen Plan.

Außerdem bietet der Verein Workshops für Jugendliche an und berät Pädagoginnen und Pädagogen sowie Ehrenamtliche. Brauchen diese bei Projekten Hilfe – etwa bei der Beantragung von Geldern –, ist Reißig Ansprechpartner.

Er hat die Erfahrung gemacht, dass eigentlich genug Geld da ist. Er ist auch nicht dafür, dass Projekte endlos und ohne klaren Nachweis der Wirksamkeit gefördert werden. Aber auch er sagt: "Wir brauchen längere Projektlaufzeiten, angepasste Abrechnungssysteme und eine engere Abstimmung zwischen Bund und Ländern, wenn es um Kofinanzierung geht, damit man nicht an drei Ecken denselben Antrag stellen muss", sagt er.

Wie viele andere Vereine arbeitet auch Aktion Zivilcourage mit einem sogenannten Fördermix. Neben Geld aus Bundesprogrammen bemüht Reißig sich um Spenden von Privatpersonen und Firmen. Dabei geht es ihm einerseits darum, dass auch Bürgerinnen und Bürger sich engagieren. Andererseits möchte er unabhängiger vom Geld des Staates sein und den Druck reduzieren, der auf dem ehrenamtlichen Vorstand des Vereins lastet. "Oft müssen die Vorstände Geld verauslagen und darauf vertrauen, dass der Zuwendungsbescheid noch kommt", sagt Reißig. Kommt der Bescheid nicht, können Vereine insolvent gehen.

"Demokratieförderung ist immer auch Beziehungsarbeit"
Susanne Heydenreich hat keine Zeit, Spenden zu akquirieren. Sie findet: Obwohl einzelne Projekte mit ausreichend Finanzmitteln ausgestattet werden, fehlt es an Geld, zum Beispiel für feste Stellen. "Die Projektförderung ist nicht das angemessene Finanzierungsmittel für dieses wichtige Thema." Das, was die Projektförderung verlange – stets neue Methoden, neue Ergebnisse –, sei nicht im Interesse der Kinder. Sie bräuchten jemanden, der kontinuierlich mit ihnen arbeitet. "Demokratieförderung ist immer auch Beziehungsarbeit und Beziehungsarbeit ist mit der Projektförderung kaum möglich", sagt Heydenreich.

Zwar werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Jugendclub von der Stadt finanziert und sind unbefristet. Doch müssen sie sich häufig um 20 bis 30 Kinder gleichzeitig kümmern, ein Thema wie Demokratie zu vertiefen, ist so nicht möglich. Mit den fünf bis sechs Kindern, mit denen Heydenreich jeweils im Projekt arbeitet, geht das eher.

Woher das Geld dafür kommt und welchen Namen es trägt, interessiert die Kinder nicht. "Projekt heißt für sie einfach nur, dass jemand da ist, der sich in Kleingruppen intensiv mit ihnen beschäftigt", sagt Heydenreich.

Von Giffeys Demokratieförderungsgesetz, wenn es denn kommt, wird Susanne Heydenreich allerdings nicht mehr profitieren. Selbst wenn ihr Projekt die Zusage für das Geld bekommt: Sie möchte nicht mehr unter so unsicheren Bedingungen arbeiten und beginnt bald einen neuen Job.
Quelle: zeit.de
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"Mitleid und Erbarmen hielten Bilbos Hand zurück. Viele, die leben, verdienen den Tod und manche, die sterben, verdienen das Leben. Kannst du es ihnen geben, Frodo? Dann sei nicht so rasch mit einem Todesurteil bei der Hand. Selbst die ganz Weisen erkennen nicht alle Absichten. Mein Herz sagt mir, dass Gollum noch eine Rolle zu spielen hat, zum Guten oder zum Bösen, ehe das Ende kommt." (Gandalf zu Frodo)
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