[Melvin van Horne]

Moin,

ist ein wenig OT. Aber es fällt mir gerade ein. Kurz vor der Wende kam im Westfernsehen eine Kochsendung mit Paul Bocuse. Meine Mutter hat sich mit Zettel und Stift vor den Fernseher gesetzt um mitzuschreiben und uns mit französischer Küche zu verwöhnen. Ich sollte mit meinen Englischkenntnissen zur Seite stehen falls erforderlich.

Schalotten ging noch. Die sahen aus wie rote Zwiebeln und die hatten wir im Garten. Bei Creme Fresh (gut, wenn man einen kundigen Englischdolmetscher dabei hat) haben wir uns auf saure Sahne geeinigt. Bei Wolfsbarsch wuchsen die Zweifel an dem ganzen Projekt erheblich an. Und als Paule dann erklärte, dass es aber unbedingt ein handgeangelter Fisch sein müsse der wegen der Frische zwingend vom selben höchstens aber vom Vortag zu sein habe, hat Mutter das Schreibzeug weggelegt.

Bis zu ihren viel zu frühen Tod hat Mutter fast jedes Lob ihrer Kochkünste mit den Worten "ist handgeangelt" beantwortet. Auch bei ihren unübertroffenen Bratkartoffeln. Die, wir waren uns sicher, hätte Bocuse nicht so gut hinbekommen. Wolfsbarsch mag er ja gekonnt haben. Aber Bratkartoffeln hätte er wahrscheinlich mit irgendwelchen merkwürdigen Gewürzen verhunzt.

BTT. Naja. Anfang der neunziger war einem der Geschmack der Ostsachen ja noch relativ frisch in Erinnerung. Aber wie sieht es heute mit den Geschmäckern von damals aus? Könnte man da sicher bestimmen ob das noch genau so schmeckt?

Es ist ja nicht so, das nur für uns Ossis vieles verschwunden ist oder sich verändert hat, was es in unserer Kindheit gab. Nur kenne ich aus dem Westen keine Beispiele.

Ich wage zu behaupten das "Ostprodukte" die heute noch in den Supermarktregalen stehen, ihren Platz dort haben, weil sie gut sind. Um nur mit Ostalgie eine Marke am Leben zu halten, gibt es nicht mehr genug Ostalgiker. Solange sich keiner am Bautzner Senf vergreift, und damit meine vier B des grillens Bratwurst, Brötchen, Bautzner Senf und Bier aus dem Gleichgewicht bringt ist alles in Ordnung.