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pauli8
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Standard CDU - Das große Merzverständnis

Wieder eine gute Kolumne von Sascha Lobo…

Zitat:
CDU

Das große Merzverständnis

Eine Kolumne von Sascha Lobo

Friedrich Merz bedient die Hoffnung mancher nach einem Politpatriarchen, einem harten Hund, der mit harter Hand alles wieder in Ordnung bringt. Doch das ist heute nur noch konservative Männeresoterik.

19.02.2020, 15:15 Uhr



Friedrich Merz
CLEMENS BILAN/EPA-EFE/REX

In der Nacht nach dem Thüringer Höcke-Debakel von CDU und FDP schoss Friedrich Merz vier Tweets zur politischen Situation raus. Drei davon beginnen mit dem Wort "ich". Der letzte erreichte eine gewisse Berühmtheit: "Ich werde mich in den nächsten Wochen und Monaten noch stärker für dieses Land engagieren." Jeder dritte Tweet von Merz beginnt derzeit mit diesem Wort. Ich, ich, ich. Man kann das für symptomatisch halten. Merz' gesamte Kommunikation, insbesondere im und mit dem Netz, erscheint verräterisch. Sie drückt das politische Missverständnis aus, das Friedrich Merz verkörpert: das große Merzverständnis.

Das große Merzverständnis ist, dass man im Rückwärtsgang ein Rennen gewinnt, wenn man zum Ausgleich besonders knorzig losröhrt. Als Merz sozialisiert wurde, mag das noch funktioniert haben. Inzwischen handelt es sich um konservative Männeresoterik: die Hoffnung, dass nach Merkel ein potenter Politpatriarch, ein harter Hund mit harter Hand alles wieder in Ordnung bringe. Merz' Herrensprüche bedienen die Männersehnsucht nach Abschätzigkeit: "Reiner Zufall, dass die Tiefs gerade Frauennamen haben", sagte er spöttisch zum Wetter, und es ist unwichtig, ob das auf AKK und Merkel gemünzt war.

So klingen die Gags eines Mannes, der das Geschlecht – und alles, was für ihn dranhängt – womöglich als relevantesten Unterschied sieht. Konservative im Selbstähnlichkeitsfuror feiern Merz, weil sie sich endlich wieder selbst feiern möchten. Merz ist altes, weißes Männerkonzentrat. Aufgetragen auf die wunden Seelen der selbsterklärten Leistungsträger.

Zitat:
Sascha Lobo



Urban Zintel

Jahrgang 1975, ist Autor und Strategieberater mit den Schwerpunkten Internet und digitale Technologien. 2019 erschien bei Kiepenheuer & Witsch sein Buch "Realitätsschock: Zehn Lehren aus der Gegenwart". In seinem "Debatten-Podcast" reagiert Lobo auf Zuschriften zu seinen Kolumnen.
Moped- und Black-Rocker Friedrich Merz ist der Kandidat des sich noch einmal aufbäumenden 20. Jahrhunderts. Aber er scheint in verstörender Weise vom 21. Jahrhundert überfordert – und man erkennt es an seiner Kommunikation. Auf Twitter, in klassischen Medien, aber auch auf Veranstaltungen. Merz kommt schwer mit einer Zeit zurecht, in der durch soziale Medien jedes Wort öffentlich werden kann. Auch wenn die Tagesschau gerade keine Kamera aufgebaut hat. Immer wieder hat er sich auf vermeintlich kleinen Veranstaltungen davontragen lassen und – offenbar auch nach eigener Lesart – höchst destruktives Zeug gesagt.

Vor wenigen Tagen sprach er von der AfD als "Gesindel". Mit dem Ziel, die Hälfte der rechten Wähler für die CDU zurückzugewinnen, erscheint eine Beschimpfungsstrategie nicht als der cleverste Ansatz. Merz hat es sogar geschafft, mit seiner Erklärung die Situation zu verschlimmern, indem er behauptete, mit "Gesindel" weder die Wähler gemeint zu haben noch die gewählten Abgeordneten. Aber wen dann? So hat Merz zuerst potenzielle Wähler beschimpft, dann durch eine absurde Erklärung seine Glaubwürdigkeit beschädigt und insgesamt durch den Eindruck des unsicheren Herumlavierens seine Autorität erschüttert. Auch dieser Fehltritt ist symptomatisch: Er entlarvt das völlig fehlende Gespür des Kandidaten Merz für die sozial-medial geprägte Öffentlichkeit des 21. Jahrhunderts. Das unterscheidet ihn von Figuren wie Donald Trump, der auch für das patriarchale 20. Jahrhundert steht (abgesehen davon, dass Merz Vollblutdemokrat ist und Trump von Kinderkäfigen bis Justizverachtung faschistoid agiert).

In der "ZEIT" hat Christian Bangel in einem brillanten Text den ostdeutschen Aspekt des großen Merzverständnisses abgebildet. Er beschreibt, wie die Merkelzeit vielleicht einen Anlass, aber keinesfalls die Grundlage des flächigen Rechtsextremismus der dortigen Wähler darstellt. Und dass deshalb Merz kaum die Lösung für das ostdeutsche AfD-Problem sein dürfte. Weil sich ein bestürzend großer Teil der Ost-CDU einen Vorsitzenden wünscht, der ihnen – falls das mit dem Abluchsen von Stimmen nicht klappt – eine Zusammenarbeit mit den Faschisten der AfD ermöglicht. Das wird eher nicht passieren, aber angesichts von Merz klar antilinker Position wird eine andere Frage essenziell. Vielleicht nicht beim Kandidaten selbst, aber in jedem Fall bei seiner Partei.

Die eigentliche Katastrophe kommt auf dieses Land in dem Moment zu, wo Konservative und Wirtschaftsliberale sich entscheiden müssen, ob sie im Zweifel eher die Linkspartei oder die AfD an der Macht sehen wollen. Die Linkspartei war bereits in verschiedenen Bundesländern an der Macht beteiligt, und das Land ist nachgewiesenermaßen nicht untergegangen. Die AfD hingegen ist rechtsextrem und lässt ganz offen erkennen, was sie vorhat: die Abschaffung der liberalen Demokratie. Gerade erst hat Björn Höcke bei Pegida eine Rede gehalten, nach der wegen Volksverhetzung ermittelt wird. In der er die "Trockenlegung der Zivilgesellschaft" gefordert und politische Gegner als "geisteskrank" bezeichnet hat. So reden Nazis. So handeln Nazis übrigens auch, wenn man sie nicht aktiv daran hindert.

Würde ein Vorsitzender Merz die Autorität haben, einen CDU-Landesverband offensiv und nachhaltig zu sanktionieren, der – zunächst ganz niedrigschwellig – mit den Faschisten der AfD zusammenarbeitet? Und zwar insbesondere dann, wenn er bei den ersten Wahlen sein erklärtes Ziel, die Halbierung der AfD, offensichtlich nicht erreicht haben sollte?

Die jüngere Geschichte der AfD ist eine Geschichte der Radikalisierung

Ende 2018 twitterte Merz: "Wir können wieder bis zu 40 Prozent erzielen und die AfD halbieren. Das geht! Aber wir selbst müssen dafür die Voraussetzungen schaffen. Das ist unsere Aufgabe." Das scheint – wenn man von Christian Bangels spezifisch ostdeutscher Analyse absieht – auf den ersten Blick nicht ganz falsch. Darin besteht die Hoffnung der meisten nicht rechten Konservativen. Ursprünglich war die AfD im Westen ein Sammelbecken unionsnaher Wähler, die von Merkels Modernisierung enttäuscht waren. Leider scheint Merz nicht wahrhaben zu wollen, was ein Blick in die sozialen Medien – der Macht- und Kommunikationsbasis der AfD – rasch offenbaren würde: Die jüngere Geschichte der AfD ist eine Geschichte der Radikalisierung. AfD-Wähler wählen inzwischen mit großer Begeisterung Faschisten, in Ost und West. Nicht alle AfD-Wähler sind für die Demokratie verloren, aber ihr Verständnis von Politik hat sich mit der Partei radikalisiert. Mochten sie am Anfang noch empfänglich sein für leicht von Merz bespielbare Themen wie Eurokritik, EU-Bürokratie, Öffnung der Gesellschaft – sie sind es nicht mehr. Die AfD ist eine Partei des Protestes gegen die liberale Demokratie selbst geworden. Sie schöpft ihre Kraft aus dem rassistischen, antisemitischen, misogynen, kurz: antidemokratischen Ressentiments. Angetrieben von kollektivem Narzissmus und Nationalismus.

Eine Stimme für Merz ist selbstredend unendlich viel besser als eine Stimme für Nazis, aber die Zahl der enttäuschten erzkonservativen Wähler, die sich nicht von der AfD haben radikalisieren lassen, ist gering. Mit jeder Verschiebung der AfD-Machtzentren weiter nach rechts sind die merzhaften Wähler weniger geworden, weil sie entweder ihre inneren Faschisten entdeckt haben oder sich abwandten. Merz hofft auf die Hälfte, mir erscheint ein Fünftel realistischer. Und zwar höchstens.

Persönlich halte ich Merz für beinahe so klug wie er sich selbst, also für sehr intelligent, wenn ich auch eine politische Substanz über seine radikale Wirtschaftsliberalität hinaus vermisse. Aber meine große Befürchtung anhand seines rumpelfüßigen Werkes in der Öffentlichkeit ist, dass Merz den Kontakt zur Realität des 21. Jahrhunderts verloren hat. Dass sich deshalb seine Analysen, seine Rezepte, seine Visionen als untauglich erweisen. Der einzig für mich wirklich relevante Maßstab ist, ob Merz es schafft, die AfD von jeder Macht fernzuhalten. Ich hoffe sehr, dass er das hinbekommt, und es kann gut sein, dass ich mich in meiner Skepsis irre. Politische Esoterik kann wirksam werden, wenn ausreichend viele Leute daran glauben. Aber wie gut funktionieren die Einsichten eines Mannes, der sich als Multimillionär mit zwei Flugzeugen als "obere Mittelschicht" sieht? Und vor allem glaubt, das dem Publikum so verkaufen zu können? Auch das ist das große Merzverständnis: dass sich jemand für die Lösung hält, der die Öffentlichkeit so wenig verstanden hat.
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