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IPCC-Bericht: "Klimaschutz ist eben ein quälender Prozess"

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Ungelesen 07.10.18, 05:21   #1
pauli8
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Standard IPCC-Bericht: "Klimaschutz ist eben ein quälender Prozess"

Zitat:
IPCC-Bericht:
"Klimaschutz ist eben ein quälender Prozess"


Nerviger geht's kaum: Wenn der Weltklimarat tagt, wird um jedes Wort gerungen. Kann dabei sinnvoller Klimaschutz rauskommen? Sogar nur so, sagt Forscher Ottmar Edenhofer.

Interview: Nick Reimer

04. Oktober 2018, 19:08 Uhr

in Eiszapfen am Pastoruri-Gletscher in Peru. Im Zuge des Klimawandels schmilzt nicht nur das Eis an Nord- und Südpol. © Mariana Bazo/Reuters

Das Ringen um mehr Klimaschutz geht weiter. Was müsste die Weltgemeinschaft tun, um das Zwei-Grad-Ziel noch zu erreichen? Wären eigentlich 1,5 Grad schon zu viel? Wie lässt sich verhindern, dass der Globus sich bald unaufhaltsam erwärmt? Wenn der Weltklimarat IPCC tagt, geht es bürokratisch, politisch und diplomatisch zu. Kann dabei überhaupt etwas entstehen, woran sich am Ende alle halten? Ottmar Edenhofer war selbst schon bei solchen Verhandlungen dabei. Er hat uns erklärt, warum das anstrengende Ringen um jeden Absatz wichtig ist.

ZEIT ONLINE: In Südkorea sitzt im Moment der Weltklimarat IPCC mit Regierungsvertretern zusammen, um über die Zusammenfassung des "Sondergutachtens 1,5 Grad" abzustimmen. Sie haben so ein Verfahren 2014 in Berlin geleitet. Was passiert dabei?

Ottmar Edenhofer: Sehr viel. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben einen Entwurf vorbereitet. Satz für Satz dieser Zusammenfassung wird an die Wand projiziert. Die Regierungsvertreter fragen dann zum Beispiel, ob man manches nicht anders formulieren könnte, anderes überhaupt rein muss. Und die Wissenschaftler erklären, warum der jeweilige Aspekt wichtig ist. Satz für Satz wird so durchgegangen. Wenn es keine Einwände mehr gibt, nimmt der Vorsitzende einen Hammer, schlägt für alle hörbar auf Tisch und sagt "Adopted". Dann kann der Satz nicht mehr verhandelt werden.
ZEIT ONLINE: Ist das nicht ziemlich zermürbend?

Edenhofer: In den ersten Tagen denkt man, wir werden nie fertig, weil sich die Delegierten am Anfang in Nebensächlichkeiten festbeißen. Aber das ist Taktik. Die wichtigen Dinge sollen unter Zeitdruck verhandelt werden, wenn die Nerven schon blank liegen und sich der Schlafentzug bemerkbar macht. Erfahrene Diplomaten wissen, dass sie hier ihre entscheidenden Anliegen durchboxen können. In dieser Situation müssen die Vorsitzenden Nervenstärke beweisen, es gilt Drohungen auszuhalten und immer freundlich zu bleiben. Wer ausrastet, hat verloren. Wie durch ein Wunder ist bislang das Dokument nach einer Woche verabschiedet worden.

ZEIT ONLINE: Ein Verfahren, bei dem die Regierungen versuchen, ihre Interessen ins Dokument zu schmuggeln?

Edenhofer: Im Prinzip ja – aber nur bei der Zusammenfassung für die Entscheider, der eigentliche Bericht bleibt unverändert das Werk der Wissenschaft. Bei dem Kapitel zum 5. Sachstandsbericht des Weltklimarates, bei dem ich als Co-Vorsitzender das Prozedere begleitet habe, gab es zusätzlich noch eine so genannte technische Zusammenfassung des 1.450 Seiten langen Berichts. Das war sehr hilfreich, weil wir immer sagen konnten: Das, was ihr von uns erwartet, ist vom Gutachten gar nicht gedeckt.
Mir war sehr wichtig, die wissenschaftliche Integrität des Dokuments zu wahren. Aber natürlich versuchen die Regierungen, Einfluss zu nehmen.

ZEIT ONLINE: Geben Sie uns mal ein Beispiel?

Edenhofer: Es gab mehrere Grafiken, die die historischen Emissionen aus verschiedenen Perspektiven darstellten. Unter anderem sah man dort, wie viel die Länder seit der Industrialisierung emittiert haben und welchen Zusammenhang von Wohlstand und CO2-Ausstoß es gibt: Je reicher die Bevölkerung eines Landes wurde, umso stärker stiegen auch dessen Emissionen.

So eine Grafik belegt natürlich, dass die Entwicklungsländer leider denselben falschen Weg gehen wie zuvor die Industrieländer. Das wollten damals Staaten wie Indien oder China aber nicht so deutlich dokumentiert sehen. Sie haben sich durchgesetzt, also flogen die Grafiken aus der Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger. Wir haben sie dann aber später in der Fachzeitschrift sehr sichtbar veröffentlicht, nicht gerade zur Freude der Länder, die diese Graphiken aus der Zusammenfassung für Entscheidungsträger verbannt haben (Science: Dubash et al., 2014).

ZEIT ONLINE: Die Politik versucht von der Wissenschaft ein ihr genehmes Ergebnis zu bekommt – ist das nicht absurd?

Edenhofer: Vielleicht für Außenstehende, ich habe das Verfahren aber immer verteidigt. Denn die Regierungen müssen ja den gesamten Bericht zur Kenntnis nehmen. Das I in der Abkürzung IPCC steht beim Weltklimarat ja nicht für "International", sondern für "Intergovernmental". Das macht die Einzigartigkeit dieses Gremiums aus.

ZEIT ONLINE: Inwiefern?

Edenhofer: Alle Regierungen sind beteiligt, müssen dem Bericht zustimmen und haben Einfluss und Zugang zu den wissenschaftlichen Berichten. Das bedeutet im Umkehrschluss: Nicht einmal Saudi-Arabien kann noch behaupten, wir hätten kein Klimaproblem. Denn natürlich zeichnet auch Saudi-Arabien die Berichte ab. Alle Länder sind gezwungen, sich intensiv mit der Wissenschaft auseinanderzusetzen, Satz für Satz, das ist großartig. Wer die Zusammenfassung für Entscheidungsträger verändern will, muss den Bericht schon sehr genau gelesen haben, sonst bleibt die Intervention wirkungslos.

Und keine Regierung kann ihre Interessen gegen alle anderen allein durchsetzen!

ZEIT ONLINE: Aber sollte so ein Bericht nicht rein aufwissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen – gerade wenn er der Politik als Entscheidungshilfe dient?

Edenhofer: Den Entscheidungsträgern mangelt es in der Regel nicht an Meinungen, ihnen fehlt ein fundierter Überblick über die Lösungsmöglichkeiten. Ohne den Expertenrat könnten Politikerinnen und Politiker oft nicht einmal die Optionen identifizieren, die ihnen zur Lösung eines Problems zur Verfügung stehen.

Insofern ist die Arbeit des Weltklimarates wichtig und richtig: Der IPCC verwickelt Politik und Wissenschaft in einen gegenseitigen Lernprozess. Und Klimaschutz ist eben ein quälender Prozess, weil es um richtig viel geht. Aber das Ziel ist die Qual wert: Am Ende geht es um den Schutz der Menschen vorRisiken wie Extremwetter, Meeresspiegelanstieg, Wirtschaftsschäden, auch zusätzlichen Konflikten.

"Statt ehrgeizigerer Ziele brauchen wir ehrgeizigere Maßnahmen"

ZEIT ONLINE: Nun kommt das Sondergutachten zu einem 1,5-Grad-Ziel: Was ist davon zu erwarten?

Edenhofer: In einer so kurzen Zeit, in nur zwei Jahren, ein so komplexes Thema zu begutachten: Also, ich hätte abgelehnt. Zumal allen klar ist, dass eine Temperaturbegrenzung der Erderwärmung auf höchstens durchschnittlich 1,5 Grad Celsius nur noch sehr schwer zu machen ist. Am Handlungsdruck wird der Bericht nichts ändern.

Statt ehrgeizigerer Ziele brauchen wir ehrgeizigere Maßnahmen, um die Emissionen zu senken. Aber der Bericht war der Situation nach der Klimakonferenz 2015 in Paris geschuldet: Vor allem die kleinen Inselstaaten brauchten dort ein Zugeständnis.

ZEIT ONLINE: Und das bestand worin genau?

Edenhofer: Denen war das vereinbarte Ziel, die globale Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen, nicht strikt genug, weil es für sie wirklich um die Existenz geht. Viele kleine Inselstaaten sind durch denAnstieg des Meeresspiegels immer stärker von Sturmfluten oder der Versalzung ihres Süßwassers bedroht, das muss man verstehen. Daher wurden die 1,5 Grad Celsius als anzustrebendes aber unverbindliches Ideal in den Text aufgenommen. Der Bericht ist aber nicht nur ein politisches Zugeständnis an die Verhandlungen; wir begreifen auch, dass die Folgen des Klimawandels heftiger sind, als bisher gedacht.

Der Sonderbericht wird helfen, die Folgen einer Welt, die sich um mehr als 1,5 Grad erwärmt, besser zu verstehen.

ZEIT ONLINE: Nun heißt es im Paris-Protokoll, der globale Temperaturanstieg solle "deutlich unter zwei Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau" gehalten werden. Die von den Ländern dafür selbst gesteckten Reduktionsziele reichen aber dafür nicht aus. Und die Bundesregierung will dieses selbst gesteckte Ziel – minus 40 Prozent bis 2020 gegenüber 1990 – nicht mehr einhalten. Was bedeutet das?

Edenhofer: Wer sein Ziel bis 2020 nicht schafft, der hat kaum eine Chance, sein 2030-Ziel zu schaffen. Das ist verheerend. Und Deutschland wird zunehmend zu einem Problem für Europa, das sich ja so gern als Vorreiter sieht. Wir brauchen einen Kohleausstieg – und zwar schnell! Und eine wirkungsvolle Bepreisung der CO2-Emissionen als Signal an alle Investoren. Um uns die Option offenzuhalten, das Klima wenigstens unter zwei Grad Celsius Erderwärmung zu stabilisieren, bleibt uns ein eng begrenztes Treibhausgasbudget, das noch in die Atmosphäre gelangen darf.

ZEIT ONLINE: Wobei der Trend global gerade in eine andere Richtung geht.

Edenhofer: Genau. Staaten wie die Türkei, Japan, Vietnam, Indonesien oder Ägypten setzen wieder verstärkt auf die Kohle. Der Handlungsdruck ergibt sich aus den internationalen Investitionszyklen: Wenn wir ein Emissionsbudget von ganz grob 1.000 Gigatonnen annehmen, so werden ein Drittel hiervon allein die Kohlekraftwerke produzieren, die am Netz sind oder noch ans Netz sollen.
Ein weiteres Drittel wird über die bestehende Infrastruktur erzeugt: Flughäfen, Autobahnen, Pipelines. Solange Deutschland an der Kohle festhält, solange wird es keine internationale Koalition für einen Kohleausstieg geben.

ZEIT ONLINE: Wonach es derzeit nicht aussieht: Aus der Kohlekommission wurde ein Ausstiegsdatum von 2035 oder 2038 kolportiert.

Edenhofer: Die Menschen, die im Hambacher Forst demonstrieren, machen uns bewusst, dass Zukunft mit der Verstromung von Kohle nicht gestaltet werden kann. Vielleicht entsteht ja so ein neuer Druck auf die Politik.

Der Bundesrechnungshof hat der Energiewende gerade ein verheerendes Zeugnis ausgestellt. In den vergangenen Jahren wurde zwar ein Haufen Geld ausgegeben, letztlich aber die Treibhausgasproduktion überhaupt nicht reduziert.

Meine Hoffnung ist, dass die Entscheider in Berlin erkennen, dass bei allen politischen Turbulenzen die Menschen letztlich Sicherheit suchen. Und die Klimastabilisierung schafft mehr Sicherheit.
Quelle:
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