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Ministerium für Gummistiefel

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Ungelesen 19.02.20, 21:18   #1
pauli8
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Standard Ministerium für Gummistiefel

Zitat:
Kiyaks Deutschstunde / Julia Klöckner

Ministerium für Gummistiefel

Eine Kolumne von Mely Kiyak




Julia Klöckner ist die Vertreterin bäuerlicher Interessen. Ihre Agrarpolitik erlaubt es Bauern, die Umwelt zu versauen. Aber schuld soll natürlich der Aldi-Kunde sein.

5. Februar 2020, 12:56 Uhr

Diese Kolumne, um das gleich zu Anfang klarzustellen, wird sich keinen Deut Mühe geben, sich auch nur im Ansatz feinfühlig weder hinter die deutschen Bauern zu stellen noch hinter ihre Politik.

Das zuständige Haus hieß mal "Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft", dann wieder "Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz" und heißt nun "Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft".

Bauernministerium oder einfach Gummistiefellobby wären etwas präziser und treffender. Abgesehen davon, dass das, was deutsche Bauern auf den Feldern und Äckern betreiben, mit Landwirtschaft im klassischen Sinne gar nichts mehr zu tun hat. Es handelt sich um eine stinknormale Industrie, die technisch mit jedem anderen Industriezweig vergleichbar ist.
Wissen alle, wie Kuhställe mittlerweile aussehen? Kühe werden nicht wie Lebewesen behandelt, sondern wie Güter, mit Robotern gemolken, von Maschinen gefüttert.

Ach so, ganz vergessen zu erwähnen, es geht heute um Julia Klöckner. Seit einigen Tagen macht sie sich stark für fairen Wettbewerb, der nicht "auf dem Rücken der Landwirtschaft ausgetragen werden" dürfe. Außerdem seien "dauerhafte Tiefstpreise ein fatales Signal für die Wertschätzung von Lebensmitteln".

Das waren ihre Worte, bevor sie sich mit Vertretern der Megadiscounter Aldi, Lidl, Rewe und Edeka traf und ihre Bitte vortrug, den Bauern doch bitte bessere Preise zu zahlen. Das klingt super nobel, ist es aber nicht.

Man darf sich die Preisentwicklung nicht so vorstellen, dass Bauer Hauke und Bauer Hinnerk ihre Milch- und Fleischpreise jeweils mit den Discountern oder Molkereien oder den Fleisch verarbeitenden Betrieben individuell oder in kleinen Kooperativen verhandeln, weshalb es jetzt des Schutzes der Ministerin bedürfe. Es ist vielmehr so, dass sich in dieser Preisverhandlung – das Wort "Wertschätzung" darf man ruhig durch das Wort "Geld" austauschen, denn es geht nur um Geld – Multiriesen einander gegenüberstehen. Oder wie es im Tagesspiegel sehr treffend hieß: "Goliath gegen Goliath."

Beispiellose Preiskämpfe

Es gibt keinen Weltmarkt, der deutsche Bauern in die Knie zwingt, sondern es handelt sich um ein System, in dem Bauern mitmachen und die eigene Misere mitverantworten. Die Agrarindustrie ist ein Geschäft, das über Masse läuft und sich über Lohndumping finanziert. Außerdem ist es ein Business, egal, ob dabei mit Milch, Fleisch oder Getreide gehandelt wird, das so funktioniert: je mehr, je größer, desto mehr Agrar-Subventionen. Die Subventionen waren nie abhängig davon, wie freundlich man zu Tieren und zur Umwelt war, sondern sie bemessen sich an der Größe der Äcker, der Maschinen, der Betriebe und so weiter.

So eine Dynamik führt langfristig natürlich zu einem Kollaps. Der sinkende Milchpreis hat nichts damit zu tun, dass Lidl oder Lidlkäufer ihre Milch nicht wertschätzen, sondern dass zu viel Milch auf dem Markt ist. In einem gesunden Markt würde nur so viel Milch produziert, wie die Menschen in der Umgebung des Bauern an Käse, Joghurt und Milch benötigen. Überproduktion führt zu einem beispiellosen Preiskampf (mit der Nebenwirkung, dass überschüssige Lebensmittel vernichtet werden). Nach Jahrzehnten des Kapitalismus sollte man es eigentlich langsam kapiert haben.

Das Zuviel beeinflusst nicht nur den Preis vor Ort, sondern hat auch Auswirkungen auf den Milchpreis woanders, im Ausland, wo es keine staatlichen und europäischen Geldtöpfe gibt. Wenn sogar der Sprecher des Bundesverbandes deutscher Milchviehhalter Hans Foldenauer vor seinen eigenen Mitgliedern warnt ("Man muss die globalen Märkte vor uns schützen"), wird das Ausmaß der desaströsen Situation auf beeindruckende Weise illustriert. Das alles hat mit dem Konsumenten erst mal gar nichts zu tun.

Die Exportorientierung großer Multis und die Produktionsbedingungen der Bauern gingen immer Hand in Hand. Wer sich für Namen interessiert, braucht übrigens einfach nur seinen Frischkäse, die Schmelzkäsezubereitung, die Kochsahne aus der bunten Plastikflasche und so weiter umzudrehen und schauen, wer als Hersteller genannt wird. Ministerium, Produzentenverbände und Discounter funktionieren dabei wie ein Tisch, dem ein Bein fehlt, der schief zwar, aber gerade so noch stehen kann.

Würde sich auch nur eines der verbleibenden Tischbeine etwas bewegen, fiele das ganze Konstrukt auseinander. Wie immer im Kapitalismus, der sich nie am Bedarf, sondern immer nur am Wachstum orientiert, machen dabei einige wenige die ganz große Kohle, die große Masse in der Mitte kommt irgendwie zurecht und einige wenige ruiniert es und sie geben auf.

Jedes Jahr geben Betriebe, vor allem in der Milchbranche, auf. Man erinnert sich vielleicht an den Satz der Kapitalismuskritiker, dass Wachstum nicht unendlich möglich ist. In diesem Markt geht sicherlich noch einiges, aber irgendwann wird der Kollaps kommen.

Der FDP nahm man ihre Klientelpolitik immer übel

Es wird am schlimmsten diejenigen treffen, die keine Stimme haben. Das sind die Böden, das Grundwasser, die Insekten, die Grundvoraussetzung für alles Leben auf der Welt. Also das echte lebendige Leben, nicht die Sojaschnitzel, produziert im Erlenmeyerkolben. Die kann man zwar auch essen, aber die kommen schon tot auf die Welt. In diesem Kreislauf jedenfalls nahmen Bauern, Lebensmittelerzeuger und Supermärkte mit, was mitzunehmen war. Jetzt, wo es langsam preislich kaum mehr runtergeht, fangen sie offenbar an, sich gegenseitig an den Kragen zu gehen.

Genau genommen wäre es gar nicht die Aufgabe von Tier- und Umweltschützern, auf diese Missstände aufmerksam zu machen, sondern die Aufgabe von Landwirten. Sie müssen aus diesem kaputten System aussteigen, statt auf einem von minderwertigen Lebensmitteln überschwemmten Markt immer nur für Preise zu kämpfen. Geld, Geld, Geld, das ist die einzige Sprache, die Bauern verstehen. Darüber setzt ihr Verstand aus, ihr Mitgefühl, vor allem ihre Verantwortung gegenüber der Umwelt. Deutschland drohen wegen jahrelanger Überschreitung der Nitratgrenzwerte im Grundwasser millionenschwere Strafen der EU-Kommission.

Die Düngeverordnungen sind einfach nur ein Witz. Die Politik erlaubt den Bauern, die Umwelt zu versauen, aber schuld ist der Aldi-Konsument. So lange die Bauern keinerlei ethischen Kompass haben, braucht man kein Mitgefühl mit ihnen zu haben. Und wenn man es formuliert, drehen sie durch. Sollen sie doch. Sie gehören zu den am meisten geschützten Berufsgruppen dieses Landes. Sie haben ein eigenes Ministerium. Und sie haben Minister, die wahnsinnig Angst vor dieser sehr speziellen Gruppe haben.
Das Ministerium funktioniert dabei wie die Interessenvertretung der Bauern. Bis auf wenige Ausnahmen war es immer in der Hand von CDU und CSU. Sie ist somit auch eine Bauernpartei, Klientelverband, Servicestelle, eine Art Geldabholstelle mit der Möglichkeit, Verordnungen zu bestellen. Der FDP nahm man ihre Klientelpolitik immer übel. Ihre Art der Klientelpolitik – Beispiel Mövenpick-Steuer – ist aber gar nichts im Vergleich zur Klientelpolitik von Julia Klöckner und ihren Vorgängern. Von einer ermäßigten Umsatzsteuer auf Hotelübernachtungen geht niemand kaputt. Von deutscher Agrarpolitik aber alles.

Die Ministerin verhandelt dann einfach neu

Wo soll man anfangen, das zu erklären? Soll man über minderwertigen Weizen reden, über Monokulturen, die Wurst, den Käse? Soll man über die Supermärkte reden, wo nur ein geringer Teil der angebotenen Waren wirklich ausschließlich aus Lebensmitteln besteht, die aus den Komponenten Boden, Wasser, Licht und Luft entstanden sind? Alles in diesem Komplex Agrarindustrie ist so unwiederbringlich defekt, dass es Zeit wird, dass sich die Bevölkerung wehrt. Alle Menschen in Deutschland sollten rebellieren. Denn es sind ihr Land und ihre Äcker, ihr Grundwasser und ihre Gesundheit. Sie bezahlen für all das mit ihrem eigenen Steuergeld. Sie subventionieren die Bauern, sie subventionieren die niedrigen Löhne, sie zahlen für die Lebensmittel immer zweimal, einmal beim Kauf und einmal für die Produktion, und sie kommen für alle Schäden auf, die die Agrarpolitik hinterlässt. Eine Agrarpolitik, die die Umwelt kaputt macht, die Luft, das Wasser, die Pflanzen, die Insekten, die Haut, die Atemwege, die Körper, die Arbeiter, die Konsumenten. Und statt dass sich irgendwer in diesem Wirtschaftszweig besinnt, schicken sie ihre Ministerin zum Verhandeln neuer Preise vor.

Es gibt in Deutschland Bauern, die eine alternative Form der Landwirtschaft betreiben. Die Ackerkunde und die Grundlagen von Ökonomie beherrschen. Die wissen, was sie womit pflanzen müssen, damit sie auf Pestizide verzichten können. Sie verwenden keine Hybridsaaten, sondern gutes, qualitatives Saatgut, sie haben Ahnung von Mischkulturen, von Viehwirtschaft im Einklang der Natur. Die Ministerin will doch so gerne fairen Umgang, Nachhaltigkeit und Wertschätzung. Bei diesen Leuten findet sie das. In der Nische, wo weder Produzenten noch Konsumenten Lust auf Schrottnahrung, hergestellt unter Schrottbedingungen, haben.

Deutschland müsste das Ziel verfolgen, dass jedes Lebensmittel von erlesener Qualität ist und keinen Umweltschaden hinterlassen hat. Dass es irgendwann völlig egal ist, ob man konventionelle oder biologisch-dynamische Lebensmittel kauft. Es müsste alles so vorzüglich modern und ökologisch sein, dass es eine Freude wäre, in jeden beliebigen Discounter zu gehen und einzukaufen. Der erste Schritt wäre, dass man das Umweltministerium und das Ernährungsministerium zusammenlegt. Das alles sind keine Utopien, sondern praktikable Lösungen als Konsequenz aus guter, der Zukunft zugewandter Politik.
Quelle:

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Ungelesen 20.02.20, 08:04   #2
nur.mal.unter.uns
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"Bravo" möchte man rufen. Und anfangen. Sofort.

Anfangen kann man am besten mit dem eigenen Einkaufsverhalten.

Den subventionierten Fraß nicht mehr kaufen. Und darüber reden.

Auch darüber, dass der Begriff "Konventionelle" Landwirtschaft ein Euphemismus sondergleichen ist. Konventionell hatten wir vor 100 Jahren. Heute haben wir eine intensivierte industrialisierte Landwirtschaft. Nix konventionell!!

Geändert von nur.mal.unter.uns (20.02.20 um 08:15 Uhr)
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