[pauli8]

In Wiesbaden gekürt
"Postfaktisch" ist Wort des Jahres 2016
09.12.2016, 11:37 Uhr | dpa


"Postfaktisch" ist Wort des Jahres 2016. (Quelle: dpa)

Der Begriff "postfaktisch" ist zum "Wort des Jahres" 2016 gekürt worden. Das gab die Gesellschaft für deutsche Sprache am Freitag in Wiesbaden bekannt.

In politischen und gesellschaftlichen Diskussionen gehe es zunehmend um Emotionen anstelle von Fakten, erklärte die Gesellschaft für deutsche Sprache in Wiesbaden. Insofern stehe das Wort für einen tiefgreifenden politischen Wandel. Immer größere Bevölkerungsschichten seien aus Widerwillen gegen "die da oben" bereit, Tatsachen zu ignorieren und sogar offensichtliche Lügen zu akzeptieren. Die Entscheidung der Jury sei einstimmig ausgefallen, sagte der Vorsitzende der Gesellschaft, Professor Peter Schlobinski.

Die Gesellschaft wählte das "Wort des Jahres" erstmalig 1971 aus, seit 1977 sucht die Jury alljährlich aus Tausenden Vorschlägen Wörter und Wendungen heraus, die das politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben sprachlich besonders bestimmt haben. 2015 lag der Begriff "Flüchtlinge" ganz vorn. "Postfaktisch" hatte es vor kurzem in der englischen Übersetzung "post-truth" schon zum "International Word of the Year" 2016 gebracht.

"Brexit" auf Platz zwei
Auf Platz zwei der Liste der Gesellschaft landete das Kunstwort "Brexit", mit dem der geplante Ausstieg Großbritanniens aus der Europäischen Union (EU) bezeichnet wird. Das vorangegangene Referendum sei zugleich ein "Triumph postfaktischer Politik" gewesen, denn die Befürworter seien mit zum Teil gezielten Fehlinformationen vorgegangen.
Auf Platz drei wählten die Experten den Begriff "Silvesternacht", mit dem nach den massenhaften Übergriffen auf Frauen vor allem in Köln nun neue, unerfreuliche Assoziationen verbunden seien.

Für die Auswahl entscheidend ist der Sprachgesellschaft zufolge nicht die Häufigkeit eines Ausdrucks, sondern vielmehr seine Signifikanz, Popularität und sprachliche Qualität. Die Berliner "Lichtgrenze" zum Mauerfall-Jubiläum war das "Wort des Jahres" 2014. Den sprachlichen Nerv der Zeit hatten in den Jahren zuvor - nach dem Urteil der Jury - die Abkürzung GroKo für Große Koalition (2013), die Rettungsroutine (2012) und der Stresstest (2011) getroffen.

Eine andere Jury aus Sprachwissenschaftlern und Journalisten kürt zudem jedes Jahr ein "Unwort". Am 10. Januar wird die Entscheidung für 2016 bekanntgegeben.

Quelle:
[ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]

Diese Wahl war gut !

[MotherFocker]

Beschreibt exakt dieses Phänomen in den Communities, Regenbogenpresse und Stammtischen.

Wenn Fakten plötzlich nicht mehr ausreichen und mit Mutmassungen und Emotionen aufgefüllt und weitergegeben werden.

Der "Brexit" auf Platz zwei ist mitunter auch eine Folge von "postfaktischem Wissen".

Nur myGully ist davon verschont geblieben. Wirklich! Mindestens ein User beweist es täglich aufs Neue

[pauli8]

Jeder ist mehr oder weniger "Post-Faktiker"...auch ich.

Es kommt trotzdem immer darauf an in welchem Umfang, welcher Qualität und mit welcher Absicht das geschieht.

[brainworld]

Ist schon traurig mit ansehen zu müssen, wieviele Schreibtischtäter und Sesselpuper sich mit
solchen Studien beschäftigen.Brauchen wir das?
Das verschleuderte Geld hätte so manchem Schulgebäude vielleicht mehr gebracht und den Kindern die in solchen,,Ruinen,,etwas anständiges lernen sollten.

[Nana12]

Nach dem Unwort Lügenpresse nun postfaktisch als das Wort des Jahres. Man gibt sich kämpferisch, und man weiß wo der Feind steht: All jene die nicht mehr Glauben was an Parolen ausgegeben wird. Wo früher in der bürgerlichen Aufklärung Kritik und Analyse an der Tagesordnung stand, ist nun Wettbewerb angesagt. Wettbewerb auf dem Meinungsmarkt, und das auch mit Schlägen unterhalb der Gürtellinie wie dieser subtile Kampfbegriff verdeutlicht.

Dabei fingen nicht die Wirrköpfe aus Hinterwäldlerblogs damit an, sondern diejenigen die gewisse Zustände als "alternativlos" verklärten. Als die Demokratie von angeblichen Demokraten faktisch für Tod erklärt wurde, indem sie das für unzulässig erklärten wovon eine Demokratie lebt: Die Alternativen. Jeder, der den immer enger gesetzten Rahmen des Erlaubten sprengte, wurde und wird zur Unperson erklärt (mit immer geringeren Erfolg).
Jüngst erklärte Merkel alle zu kurz Gekommenen zu "Globalisierungsverlierern", die man nur wieder überzeugen müsse. Man müsse sie überzeugen, dass die Armut, Spaltung und Perspektivlosigkeit, welche nicht nur in Deutschland stetig zunehmen, eben alternativlos sei. Die Friseurin, der Paketzusteller, die Altenpfleger etc: Sie haben im direkten Wettbewerb zum billigen Asiaten verloren. Deswegen lasse ich mir auch immer in China die Haare schneiden. Und wer sowas glaubt, der ist intellektuell so schwach ausgestattet, dass er genauso gut glauben könnte Angela Merkel sei ein Klon von Eva Braun und der Holocaust eine Lüge der jüdischen Weltverschwörung. Ich könnte hier noch eine Reihe Schildbürgerstreiche aufzählen, die so hirnbefreit sind wie genannte Verschwörungstheorien, aber offiziell "Fakt" sind.

Hier wird der Wettbewerb verdeutlicht. Ob ich jetzt an die jungfräuliche Empfängnis glaube oder an 72 Jungfrauen im Paradies: Habe ich das Recht mich über den jeweils anderen lustig zu machen? Bin ich wirklich so viel schlauer? Oder bin ich nur in die andere Richtung durchgedreht?

Die etablierte Politik ist so ziemlich am Ende, egal wie man es formuliert. Entweder geht man den Holzweg einfach zuende mit katastrophalen Ausgang, oder man beschließt einen Richtungswechsel. Nach den Erfahrungen der Geschichte, wird sich eine Elite wahrscheinlich nicht für Letzteres entscheiden. Wer eine alternativlose Politik verkünden lässt für den sind Alternativen eben unvorstellbar und jeder hat das zu begreifen.

Deswegen würde ich auch gerne wissen, wie man sich das Normalsterblicher das Leben im intellektuellen Schützengraben so vorstellt? Trump wird Präsident, van der Bellen hat nur knapp gewonnen und Renzi verloren. Der Brexit ist ausgemacht. Vielleicht wird ein Alternativloser in Paris Präsident und der Euro siecht noch etwas länger vor sich hin, anstatt sofort auseinanderzubrechen - aber auch nur vielleicht.
Meine Frage: Wo ist da die Perspektive? Glaubt irgendjemand, dass das Festhalten an herausgegebene Parolen irgendwann zu einem guten Ende führt? Oder um es mit Pispers Worten zu sagen: Wieso glaubt ein jeder er säße im letzten Waggon, der oben an der Klippe hängen bleibt, wenn der Zug in den Abgrund rast? An welcher Stelle wird mal dem Auseinanderbrechen der westlichen Gesellschaften wirklich entgegen gewirkt, anstatt die über die Rand Gefallenen zu denunzieren?

[pauli8]

Zitat von brainworld

Ist schon traurig mit ansehen zu müssen, wieviele Schreibtischtäter und Sesselpuper sich mit solchen Studien beschäftigen. Brauchen wir das?
....

Leider handelt es sich nicht um eine Studie. Warum das keine Studie ist ? Darauf musst du selber kommen.

Achtung folgende Zeilen können teilweise Spuren von Ironie enthalten.

Unbedingt brauchen wir das nicht. Denn künftig sollte ich mein Weltbild nur noch nach Beiträgen in myGully ausrichten, oder aber durch Meinungen in den anderen sozialen Medien wie Facebook. Postfaktisch eben.
Aber Facebook gucke ich nie...das kommt immer so spät dran, denn ich muss ja früh am Morgen immer fit sein.

[eitch100]

"Postfaktisch" ist kein neues Phänomen, sondern nur ein neues Wort für ein altes Problem. Wer das nun völlig undifferenziert der Politik zuschreiben möchte und dabei ausschließlich mit Vokabeln wie "jeder", "alle", "immer" argumentiert, driftet gleich mal wieder in die Propagandaecke ab. Cybermobbing ist auch "postfaktisch" und alles andere als neu. Da werden/wurden z.B. Fakeseiten und/oder Fakeprofile erstellt und fröhlich erfunden und gelogen. Die Folgen vieler Betroffener (u.a. einige Selbstmorde unter Jugendlichen) sprechen da eine deutliche Sprache. Nur Cybermobbing hat sein politisches Einflussnahmepotenzial entdeckt. Dass die Politik bzw. Politiker zugegebenermaßen durch ihr "Benehmen" dem ganzen Problem zuträglich ist, steht da auf einem ganz anderen Blatt. Aber für einige scheint das ja immer noch unter Meinungsfreiheit zu laufen...

[pauli8]

@Nana:

Dein Beitrag ist zwar sehr schön geschrieben. Trotzdem zielt er für mich überwiegend auf die Politik ab. Das war aber nicht die Hauptrichtung.

Erwähnt wird im Startpost:

... seit 1977 sucht die Jury alljährlich aus Tausenden Vorschlägen Wörter und Wendungen heraus, die das politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben sprachlich besonders bestimmt haben....

Wie ich die weiteren Links verstehe, ist damit dieses Jahr hauptsächlich eine Veränderung der Sprache im Web (z.B. die Jugendsprache) gemeint.

Der Vorsitzende der Gesellschaft für Deutsche Sprache Peter Schlobinski hat es verkündet, eine Jury hat es unter den Einsendungen ausgewählt.

Zur Person Schlobinksi:

[ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]

Arbeitsschwerpunkte
Deutsche Grammatik und Gegenwartssprache, Deutschdidaktik, Empirische Sprachwissenschaft, Soziolinguistik und Kontrastive Linguistik.
... und speziell zu den Bereichen von mediensprache.net:
• Digitale Kommunikation
• Mobile Kommunikation
• Linguistik
Projekte
• Sprachmuster und Sprachsymbole in rechts*******n Musikszenen. (Zusammen mit Dr. M. Tewes, Universität Hannover). DFG-Projekt. 9/2006-3/2010.
• Retrodigitalisierung ,Berlinisch’ (Zusammen mit Dr. M. Dürr, Zentrale Landesbibliothek Berlin). 2005 bis März 2008, gefördert von der ZLB.
• Jugendliche und ,ihre‘ Sprache. 1997/1998, gefördert von der Hanns-Lilje-Stiftung.
• Berlinisch. DFG-Projekt. (Zusammen mit Dr. H. Schönfeld, Akademie der Wissenschaften, Berlin). 1991/92. 1993-2000 Anschlussprojekt zusammen mit Prof. Dr. R. Reiher, Humboldt-Universität.
• Jugendsprache in Osnabrück. ABM/DFG-Projekt. 1992/93

Mediensprache:

[ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]

Für die Jury war entscheidend...

Für die Auswahl entscheidend ist der Sprachgesellschaft zufolge nicht die Häufigkeit eines Ausdrucks, sondern vielmehr seine Signifikanz, Popularität und sprachliche Qualität.

Der Überblick über Worte, Unworte, Sätze und Jugendwort der jeweiligen Jahre machen es deutlich:

[ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]

Da sehe ich sehr viel kunterbunt Gemischtes dabei.

[Nana12]

Also für mich sind die Kandidaten dieses Jahres und auch der Vergangenheit überwiegend stark aufgeladene Begriffe aus politischen Debatten. Gerade die Aktuellen werden auch zur Polarisation eingesetzt, was aber nicht mehr in die Zuständigkeit der Gesellschaft deutscher Sprache.

[srost]

Immer größere Bevölkerungsschichten seien aus Widerwillen gegen "die da oben" bereit, Tatsachen zu ignorieren und sogar offensichtliche Lügen zu akzeptieren.

Ja ist klar, diese verdammten Pressehuren. Die Gesellschaft für deutsche Sprache ist also auch nur ein Tool zur Täuschung, wie auch der Nobelpreis uvm.
Aber es funktioniert, die Lemminge verwenden es nun vermehrt. ^^ Ihr seit ja so unbeeinflusst und selbstständig.

[eitch100]

Zitat von srost

Ja ist klar, diese verdammten Pressehuren.

Das zeigt mal wieder deine ausgezeichnete Eloquenz... Respekt...

Du hast mit Sicherheit noch nie eine Diskussion verfolgt, wo sich seriöse Journalisten kontrovers über das Zeitgeschehen austauschen. Fast alle sind sich beispielsweise mittlerweile einig, dass die zum Teil wirklich einseitige Meinungsmache zur Hochzeit der Flüchtlingskrise ein Fehler war. Aber Meinungsmache ist keine Lügenpresse. Es gibt einen elementaren Unterschied zwischen Meinung und Lüge. Bei dir ist doch automatisch eine Lüge, was nicht deiner Meinung entspricht. Aber das nur nebenbei und das interessiert dich in deiner eingeschränkten Denkweise sowieso nicht...

Was ich eigentlich sagen wollte: deine sogenannten Pressehuren arbeiten in der Regel irgendwo, wo es wenigstens den Ansatz einer Recherche gibt. Wo du deine selbsternannten "Fakten" beziehst, ist eine solche Recherche verpönt, weil es die Seite überflüssig machen würde.

Und eins noch: Es ist ja bald wieder Weihnachten und du hast bestimmt wieder einen süßen Wunschzettel an den Weihnachtsmann geschickt, schließlich scheinst du ja auch noch an den kollektiven Selbstmord von Lemmingen zu glauben.