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Standard Corona-Pandemie: die Hochsaison der Besserwisser

Zitat:
Pandemie - EU - Psychologie

Corona-Pandemie: die Hochsaison der Besserwisser

• Zu Beginn der Pandemie rückten die Deutschen noch zusammen.

• Inzwischen aber schimpfen viele wie nie zuvor auf „die da oben“.

• Die ganze Fülle kollektiver Irrtümer will niemand mehr wahrhaben.


Matthias Koch

11.01.2021, 5:30 Uhr



Hannover. Die Viruswelle, sagte der Minister, erzwinge entschlossenes Handeln, „schnell, mit so wenig Bürokratie wie möglich“.

Es war der österreichische Innenminister Karl Nehammer, der so dynamisch sprach. Mit dunkelblauem Anzug und hellblauem Schlips stand er vor Journalisten auf dem Rollfeld des Wiener Flughafens.

Helfer des Roten Kreuzes hatten soeben eine Transportmaschine mit Hilfsgütern vollgestopft: Masken, Beatmungsgeräte, Desinfektionsmittel, zusammen 25 Tonnen. Die Spenden kamen aus mehreren EU-Staaten. Sogar die Tschechen, die wenige Monate später selbst noch schwer geprüft werden sollten, spendeten Atemgeräte.

Am frühen Morgen des 23. Fe¬bru¬ars 2020 hob die Maschine aus Wien-Schwechat dann ab und flog: nach China.




Aus der Reihe großer Irrtümer: Noch im Februar schickte der österreichische Innenminister Karl Nehammer Hilfsgüter nach China – kurz bevor in Europa die Pandemie ausbrach. © Quelle: BMI/Österreich

So beginnt die Geschichte der Virusabwehr in der EU, eine Geschichte kolossaler kollektiver Irrtümer. Ganz Europa fand es anfangs richtig, den Chinesen ein bisschen Hilfe zur Selbsthilfe zu geben, in der leisen Hoffnung, die Seuche auf Distanz halten zu können.

Ganz Europa? In Wien immerhin stellte ein Hinterbänkler von der Freiheitlichen Partei Österreichs, ein gewisser Hannes Amesbauer aus Bruck an der Mur, zu der Aktion eine parlamentarische Anfrage: „Wie sieht die Bevorratung in Österreich hinsichtlich Atemschutzmasken, medizinischer Handschuhe sowie Desinfektionsmitteln aus?“

Politiker, Journalisten, Ärzte – sie alle lagen falsch

Amesbauer, 39, ist kein Virologe, sondern gelernter Steinmetz und Kommandant bei der Freiwilligen Feuerwehr. Doch er hatte, mehr als er ahnen konnte, eine wirklich gute Frage gestellt: Schon eine Woche später herrschte quer durch Europa Alarmstufe Rot.
Nie haben so viele wichtige Instanzen in so vielen wichtigen Fragen so grundlegend falsch gelegen wie in den zurückliegenden Monaten. Alle können sich die Hand reichen, Politiker, Journalisten, Intellektuelle, sogar Ärzte. „Alltagsmasken sind regelrechte Virenschleudern“, dozierte der Chef des Weltärztebundes, der deutsche Radiologe Frank Ulrich Montgomery, in einem Interview Ende April. Zwei Tage später wurde eine Maskenpflicht in ganz Deutschland eingeführt.

Hätte, hätte, Fahrradkette

Theoretisch hätten die Deutschen die Kurven flacher halten können, wenn sie dem Rat etwa der Göttinger Physikerin Viola Priesemann gefolgt wären. Die forderte große Härte auch bei niedriger Inzidenz – und war darin insgeheim mit Angela Merkel, selbst Physikerin, einig.


Hätte, hätte, Fahrradkette: Eine solche zwar logische, aber knallharte Linie erlaubten die – juristisch zuständigen – Länder nicht. Deren Ministerpräsidenten suchten in guter Absicht stets einen pragmatischen Ausgleich aller Interessen. Dass sie sich dabei am Ende heillos verstiegen, gab bislang nur einer klar zu, Bodo Ramelow von der Linkspartei, Regierungschef in Thüringen.

Hinzu kommt ein zweifelhafter Beitrag der Justiz. Wurden die Länder mal härter, stellten sich oft Gerichte quer. Nächtliche Sperrstunden für die Gastronomie in Berlin etwa wurden im Oktober vom Verwaltungsgericht gekippt mit der Begründung, die Maßnahmen seien „nicht erforderlich“ und „unverhältnismäßig“. Die Wirte jubelten. Dann kam der nächste Lockdown.

Ist das alles ein Versagen der Politik? Sind es immer nur „die da oben“, die die Fehler machen?

Ein rebellischer Regisseur

Von Anfang an glaubten auch manche Medienvertreter und Intellektuelle, sie stünden über den Dingen. „Menschliche Sensationsgier und mediale Übertreibungslust haben mit vereinten Kräften eine Psychose herbeigeführt“, schrieb Anfang April ein Kolumnist, der sich immer schon in der Pose des einsamen Sehers gefiel. Einen

„Rausch des Notstands“ rügte ein anderer. Der berühmte Regisseur Frank Castorf, langjähriger Intendant der Berliner Volksbühne, wurde regelrecht rebellisch. „Ich möchte mir von Frau Merkel nicht sagen lassen, dass ich mir die Hände waschen muss“, schimpfte er im „Spiegel“ – und bescherte dessen Onlineportal einen der am häufigsten angeklickten Artikel des Jahres.

Zitat:
Hätten wir immer alles vorher gewusst, hätten wir immer alles richtig gemacht.

Stephan Weil,Ministerpräsident von Niedersachsen
Als der Text erschien, Ende April, rumpelten in Bergamo schon die Militärlastwagen Richtung Leichenhalle. Diese Bilder immerhin ließen die Deutschen dann erst mal zusammenrücken. Die Regierten folgten den Regierenden, sogar in schwer erklärbaren 180-Grad-Kurven.
Kritik an Widersprüchlichkeiten konterte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) auf trockene Art: „Hätten wir immer alles vorher gewusst, hätten wir immer alles richtig gemacht.“

Die Herde strebt auseinander

Kaum jemand sprach in der ersten Phase der Pandemie von Fehlern. Im Gegenteil. Versuch und Irrtum bekamen allerhöchste Weihen. „Wir befinden uns in einem dauerhaften Lernprozess“, sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. „Das vorsichtige, tastende Vorgehen bleibt richtig.“

Inzwischen aber lässt die Neigung der Deutschen nach, ihren Oberen brav auf den Fersen zu bleiben. Und das liegt nicht nur daran, dass ein Bundestagswahljahr begonnen hat – und nun im neuen Streit ums „Impfdesaster“ („Bild“) die SPD Jens Spahn attackiert, den mutmaßlichen Kanzlerkandidaten der Union.

Der Göttinger Psychologieprofessor und Sachbuchautor Borwin Bandelow erklärt die neuen Gereiztheiten in Deutschland auch mit urzeitlichen Mechanismen im „Angstgehirn“ des Menschen. „Als Corona neu war, scharte sich auf einen Schlag die gesamte Herde um die politische Führung und folgte ihr auf Schritt und Tritt“, sagt Bandelow. Inzwischen aber gebe es schon durch den Zeitablauf eine Gewöhnung, einen Abnutzungseffekt. Das subjektive Angstgefühl lasse nach, trotz der hohen Totenzahlen. Ergebnis: Die Herde strebt wieder auseinander.



„Recht haben wirkt wie ein Glückshormon“: Prof. Borwin Bandelow, Professor für Psychiatrie und Psychotherapie an der Universität Göttingen. © Quelle: imago images/Müller-Stauffenberg

Eine höhere Unsicherheit als zuvor aber bleibt, man spitzt die Ohren, sucht nach Auswegen. In diesem Prozess bilden sich Grüppchen. Und in diesen Grüppchen schlägt jetzt die Stunde der Besserwisser. „Recht haben wirkt wie ein Glückshormon“, sagt Bandelow. Der Besserwisser war schon in der Steinzeit auf Wolke sieben, wenn es auch nur schien, als habe er recht. Männer, die die kluge Pose einzunehmen wussten, wurden doppelt belohnt: mit mehr Macht in der Gruppe und leichterem Zugang zu Frauen. Besserwisser starben deshalb nie aus, sie hatten sogar einen Selektionsvorteil.

Die „Aufmerksamkeitsökonomie“ der neuen sozialen Netzwerke honoriert uraltes Denken: Wer vereinfacht, wer zuspitzt und wer vor allem den Schutz des eigenen Stamms über alles stellt, steht als Gewinner da, Trump und Brexit lassen grüßen
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Zitat:
Als Corona neu war, scharte sich auf einen Schlag die gesamte Herde um die politische Führung und folgte ihr auf Schritt und Tritt.

Borwin Bandelow
Drei Millionen Klicks heimste zu Jahresbeginn ein deutscher Kolumnist mit einem flammenden Appell für einen nationalen Alleingang beim Impfen ein. Israel mache es viel besser, das Land habe auf eine rein nationale Strategie gesetzt und sei nun beim Impfen weltweit vorn. Israel? Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) winkte ab, als ihn Markus Lanz letzte Woche im ZDF darauf ansprach. „Die haben nicht mal halb so viele Einwohner wie NRW.“ Dass es in Deutschland, einem 80-Millionen-Staat mitten in Europa, um „etwas ganz anderes“ geht als in Israel, wird auch in Führungskreisen der Brüsseler EU-Kommission betont. Den in alle Richtungen eng vernetzten Deutschen sei nur dann geholfen, wenn allen Europäern geholfen sei.

Das Angstgehirn und die EU

Doch wenn es um Europa geht, liegen kluge Zielbestimmungen oft quer zu psychologischen Befindlichkeiten. „In einer Bedrohungssituation“, weiß Bandelow, „wollen wir instinktiv den schnellen Ausweg.“ Das Angstgehirn des Menschen sei schlicht nicht darauf ausgelegt, sich mit der Komplexität der EU zu beschäftigen. Könnte das Impfthema am Ende gar einen neuen Rechtstrend in Deutschland auslösen, wie die Flüchtlingskrise im Jahr 2015? Noch hat die Kanzlerin laut Infratest für ihren europäischen Ansatz 70 Prozent der Deutschen hinter sich. Mitgetragen wird diese Linie von einer Mehrheit von Anhängern aller Parteien, mit Ausnahme der AfD.

Die EU hat sich mittlerweile sage und schreibe zwei Milliarden Impfdosen für die 442 Millionen EU-Europäer gesichert, in Verträgen mit sieben Herstellern. Das Projekt ist beispiellos.

Während Besserwisser jeden Tag über Bestellmengen diskutieren, die sie im Nachhinein anders verteilt hätten, liegt der wahre Flaschenhals in den Produktionskapazitäten, auch bei Biontech.
Im Sommer, als die Budgets verteilt wurden, war Sanofi-GSK in der Wissenschaftswelt der Favorit. Der französische Konzern ist der führende europäische Hersteller von Impfstoffen. „An Sanofi vorbeizuplanen wäre schlicht unseriös gewesen“, heißt es aus Führungskreisen der EU-Kommission. „Das wäre, als ob wir viele Autos hätten beschaffen wollen, ohne mit VW zu reden.“

Entdeckung der Langsamkeit

Am 11. Dezember jedoch fiel der Sanofi-Impfstoff bei klinischen Tests durch – ein Desaster vor allem für Frankreich. Da war man in Brüssel froh, dass große europäische Budgets an Biontech gegangen waren. Die Mainzer waren mit einem neuartigen Verfahren ins Rennen gegangen, für das es weltweit noch nirgendwo eine Zulassung gab – trotz mancher Bedenken hatte die Europäische Union Biontech bei der Forschung unterstützt, mit 100 Millionen Euro. Ein Erfolg der Mainzer Firma wurde erhofft, aber nicht unterstellt.

Alles zu spät, alles zu langsam? Vor allem die Besserwisser selbst haben den Luxus, nicht zu Tempo verpflichtet zu sein. Im Roman „Die Entdeckung der Langsamkeit“ schreibt Sten Nadolny: „Bei der Beschäftigung mit Geschichte ist Langsamkeit ein Vorzug. Der Forscher verzögert die rasenden Vorgänge von damals, bis sein Verstand sie fassen kann. Dann aber weist er dem schnellsten König nach, wie er im Gefecht hätte handeln sollen.“
Quelle:

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