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Finanzwelt: Die vierte Gewalt

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Ungelesen 14.07.15, 10:58   #1
TinyTimm
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Standard Finanzwelt: Die vierte Gewalt

Zitat:
Nicht zuletzt die aktuellen Vorgänge in Griechenland beweisen: Staaten und Finanzwelt sind heute untrennbar miteinander verflochten. Laut dem Literaturwissenschaftler Joseph Vogl ist dies nur die logische Konsequenz einer historischen Entwicklung.

Zu keiner Rechenschaft verpflichtet und unkontrolliert sei das Finanzwesen im Zuge der Demokratisierung zur vierten Gewalt gewachsen.

Wie eng die Entstehung des modernen Staats westlicher Prägung mit dem Finanzwesen verbunden ist, lässt sich literarisch wie historisch belegen. Was das für die heutigen Machtverhältnisse bedeutet und warum das Kapital ein Gespenst ist, erklärt Vogl im Interview mit science.ORF.at.

science.ORF.at: Wie kommt man als Literaturwissenschaftler dazu, sich mit dem Finanzkapital und Wirtschaft im Allgemeinen zu beschäftigen?


Joseph Vogl: Das ist gar nichts Ungewöhnliches. Denn wenn man sich die deutschsprachige Literatur seit dem 17. Jahrhundert ansieht, sieht man, dass es kaum einen Autor gibt, der sich nicht mit Ökonomie beschäftigt und der nicht irgendein Interesse an dem Zeichenspiel hat, das Geld darstellt, das reicht von Lessing bis Goethe.

Der zweite Punkt: Als Literaturwissenschaftler interessiert man sich ganz unmittelbar dafür, wie andere Leute, andere Texte die Welt interpretieren. Für mich war es durchaus naheliegend zu fragen, wie interpretieren die Ökonomen die Welt und wie versuchen sie durch ihre Interpretationen die Welt zu verändern. Und viele ökonomische Texte sind schlichtweg große Literatur.

Die Literatur dient Ihnen also als Welterschließungsprogramm??


Natürlich. Dazu kommt, dass man seit 200 bis 300 Jahren sehen kann, dass das ökonomische Wissen - ab dem 19. Jahrhundert dann die ökonomische Wissenschaft - im Grunde immer so eine Art Leitwissenschaft gewesen ist. Eine privilegierte Wissensform, die unseren Gesellschaften sagt, wie sie funktionieren sollen.

Da fragt man sich: Wie kommt das zustande? Warum taucht der ökonomische Mensch, der Homo oeconomicus, in allen möglichen Kontexten auf, in der Literatur, auf dem Theater, in unterschiedlichen Charakterformen, z.B. der Geizige und der Verschwender, usf. Die Literatur ist bevölkert von diesen Typen, der Spekulant, der reiche Wucherer oder der verstoßene Jude, der dann ab dem 19. Jahrhundert zum bösen Kapitalisten mutiert.

Stoßen Sie als Literaturwissenschaftler auf völlig andere Dinge als ein Wirtschaftsforscher?

Ja, in gewisser Weise schon. Vielleicht ist das eine bösartige Verklärung des Blicks: Der typische Ökonom ist auf die Welt gekommen, um diese zu beobachten. Er ist also der Generalbeobachter der Restwelt, und zwar möglichst global. Da lohnt es sich, den Spieß einmal umzudrehen und zu sagen: Lasst uns die Ökonomen beobachten. Das ist die eine Seite - ein externer Blick auf das Ganze. Etwas zweites Systematisches gilt ganz grundsätzlich: Jedes geschlossene (Denk)System erzeugt zwangsläufig blinde Flecken, die man nur sehen kann, wenn man aus dem System heraustritt.

Ist Ihnen das schon passiert, dass ein Ökonom auf Sie zugeht und sagt: "So habe ich das noch nie gesehen"?


Tatsächlich ist das vorgekommen, gerade bei meinem letzten Buch "Der Souveränitätseffekt", weil ich darin etwas zu beschreiben versuche, das den Ökonomen vollständig entgeht, nämlich die Rolle mancher außerökonomischen Akteure, wie etwa die Zentralbanken, die in meinem Buch eine wichtigen Platz einnehmen.

Ihr erstes ökonomisches Buch, "Das Gespenst des Kapitals" ist kurz nach der Wirtschaftskrise von 2008 entstanden. Warum ist das Kapital ein Gespenst? Eigentlich scheint es ja, etwas sehr Materielles zu sein.


Ausgangspunkt des Buchs war zunächst meine Verwunderung, dass 2008 ein Großteil der Experten so überrascht war. Denn seit 1987 haben ununterbrochen Finanzkrisen stattgefunden. Da stellte sich die Frage: Wieso? Offenbar hat man sich trotz allem mit einer hohen Vertrauensseligkeit auf die ausgleichende Tendenz der Märkte verlassen.

Das "Gespenst des Kapitals" ist natürlich auch ein ironischer Titel, der darauf anspielt, dass einst das Gespenst des Kommunismus umgegangen ist. Don deLillo hat in einem Roman letzteres in jenes des Kapitals umformuliert.

Ich beziehe mich mit dem Bild noch auf etwas anderes: Die uns bekannten Gespenster, z.B. in Gothic Novels, kommen meist aus der Vergangenheit. Irgendetwas ist in Unordnung geraten, eine Schuld, ein ungelöstes Verbrechen. Dann kommen die Gespenster und klopfen an: "Hört her, kümmert Euch um die Vergangenheit". Das Gespenst des Kapitals kommt hingegen aus der Zukunft, künftige Schulden fangen in der Gegenwart an, wirksam zu werden. Und eine Krise bedeutet nichts anderes, als dass die Zukunft plötzlich anklopft und mitteilt: "Ihr habt Eure Zukunft verspielt!"

Anscheinend hat sich seit 2008 aber noch immer nicht sehr viel geändert?


Man hat nur den Eindruck, dass seit etlichen Jahren die Sache zumindest ein bisschen brüchig geworden ist. Es gab ja nun 2008 sehr viele Leute, Politiker wie Ökonomen, die in Büßerkleidung durch die Gegend gelaufen sind und Selbstkritik geäußert haben.

Es hat sich nur nicht wirklich etwas verändert, vielleicht mit Ausnahme von dem, was man im Augenblick in Griechenland sieht und auch in Spanien bemerken kann. Plötzlich sagen Bevölkerungsgruppen, die man schon völlig aus den Augen verloren hat - Arbeitslose, Rentner, etc.: Das Ganze ist kein ökonomisches Problem mehr, sondern ein manifest politisches. Im Grunde ist es ein Konflikt zwischen Gruppen: Auf der einen Seite das Finanzpublikum, z.B. Investoren, die sehr viel Geld in Umlauf setzen. Auf der anderen Seite gibt es noch so etwas wie ein Wahl- oder Stimmpublikum, das sagt: "Eigentlich können wir unsere wie auch immer schon geschrumpfte Volkssouveränität nicht permanent nur technokratisch von 'den Märkten' verwalten lassen."

Der Schwerpunkt im "Gespenst des Kapitals" war ja die Entwicklung des Finanzkapitalismus seit Mitte der 1980er Jahre. Im "Souveränitätseffekt" machen Sie sich auf die Suche nach den Wurzeln des Kapitalismus. Welches Bild liefert der Blick in die Geschichte?


Also zunächst mal ging es darum, etwas aufzugreifen, was nach dem "Gespenst des Kapitals" als unerledigtes Problem weiter rumorte, nämlich die Frage nach dem Verhältnis von Finanzwesen und politischer Macht. Diese Frage hat mich im irgendeiner Weise umgetrieben.

Kann man zeigen, dass Dinge wie DIE Finanz, DAS Finanzwesen bis hin zu den gegenwärtigen Finanzmärkten eigentlich im Grunde Regierungsmacht ausüben oder zumindest bestimmen, wie wir regiert werden und zwar bis in die einzelnen Lebensmilieus hinein. Und ich konnte feststellen, dass Finanz- und Kapitalmärkte tatsächlich in engster Abhängigkeit von modernen Staatsapparaten entstanden sind.

Wie ist das konkret abgelaufen?

Das fängt mit den großen Schulden der Fürstenhaushalte im 15., 16. Jahrhundert an. Also Staatsverschuldung ist eine ganz wichtige Urszene: Wie bringt man private Financiers auf Dauer dazu, diese Staaten oder Fürsten, König- oder Kaiserhöfe zu finanzieren? Dazu brauchen die Staaten selbst wieder gewisse Ressourcen, wie z.B. das Steuerwesen.

Man kann zeigen, wie private Financiers von der Erfindung des administrativ gesicherten Steuerwesens profitieren. Denn die Besteuerung großer Populationen kommt den reichen Investoren zugute. Und dann kann man natürlich noch fragen: An welchen Stellen hat sich diese Finanzierungsweise als Herz der entstehenden Territorialstaaten verstetigt. Dabei rückt für mich eine Institution in den Mittelpunkt: die Entstehung von Zentralbanken im 17. Jahrhundert.

Das bezeichnen Sie dann als die vierte Gewalt?

Nicht nur die Zentralbanken, sondern die Zentralbanken in ihrem Zusammenhang mit Regierungen und Investoren. Im Zuge der Demokratisierung bis hin zu einer repräsentativen Demokratie wurde ein Bereich konsequent herausgenommen - und das ist das Finanzwesen.

Das gilt bis heute. Sogar Geheimdienste werden kontrolliert und sind rechenschaftspflichtig, auch wenn das nicht immer perfekt klappt. Nur Zentralbanken, wie heute die EZB, sind explizit und per Gesetzgebung von jeder demokratischen Kontrolle ausgenommen. Ihre Beschlussfassung ist geheim, sie bilden eine Insel oder Enklave innerhalb der unterschiedlichen Regierungsorgane: Legislative, Exekutive, Judikative. Sie sind die vierte Gewalt.

Und worin besteht der Souveränitätseffekt?

Die Bildung moderner souveräner Staaten geht ja davon aus, dass staatliche Gewalt monopolisierbar sein muss. Aber ein Bereich hat sich immer quergestellt hat - das waren der Fiskus und der Finanz. Bereits seit dem 17. Jahrhundert kann man eine gewisse Anomalie feststellen, die nicht so recht in das Souveränitätskonzept passt. Fiskalfragen haben immer eine Ausnahmeposition eingenommen. Das ist die eine Seite.

Die andere Seite betrifft die Gegenwart, an der man zeigen kann, dass sehr viele dieser ehemaligen Souveränitätskompetenzen - der Befugnisse im Steuerrecht, im Budgetrecht, etc. - mehr und mehr abgewandert sind, in Institutionen, die sich dem Zugriff des Souveräns entziehen.

Nehmen sie das Beispiel Griechenland, die Fragen der Schuldenbremse oder des Stabilitätspakts. Plötzlich greifen Marktdynamiken unmittelbar in Kompetenzen der eigentlich souveränen Nationalregierungen ein. Und dafür ist kein einzelner Akteur mehr zuständig, sondern ein Konsortium von internationalen Organisationen, Zentralbanken, Großunternehmen, etc. bestimmt die Rahmenbedingungen - das meine ich mit dem Souveränitätseffekt. Konzertierte, aber nicht klar zuschreibbare Entscheidungsmacht.

Und gleichzeitig ist dieses abstrakte Wesen unkontrolliert und kann tun, was es will?

Es gibt politische Barrieren, die man ganz bewusst eingeführt hat. Ein einfaches Beispiel: 2008 und danach wurden mit hohen öffentlichen Anstrengungen die Schulden privater Banken stabilisiert, ohne Auflagen, dieses Bankwesen neu zu formatieren. Wenn man jetzt versucht, innerhalb des Euroraums Staatschuldenkrisen zu stabilisieren, werden irrsinnig hohe Auflagen gemacht - eine ganz klare Barriere. Politische Entscheidungen funktionieren hier wie eine Schleuse: Das Geld geht in die eine Richtung, die Auflagen in die andere.
Quelle: [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]

Der 2.Teil des Interviews: Griechenland "Das war rohe Machtpolitik" [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]
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Ungelesen 15.07.15, 11:35   #2
Novalis69
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Novalis69 gewöhnt sich langsam dran | 24 Respekt Punkte
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Nun, belassen wir es mal bei deinen Quellen. Sicherlich hat der Mensch hier viel Recht aber auch spekulatives.
Was aber am Ende seines Konsenz herauskommt ist das der Bürger/Zuschauer sich aufregt.
Wieso macht man sowas wem dient sowas. Niemand, denk ich mir, niemand kann daran was ändern. Die Politik ist hinterher immer genauso schlau wie vorher.
Es lohnt also nicht !!
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