[Nana12]

Da es hier viele Piraten gibt, dürften die gestrigen Geschehnisse einen Thread wert sein.

Politischer Aschermittwoch für Sabine Leutheuser-Schnarrenberger in Straubing. Die designierte Justizministerin verbuchte den Kampf gegen die umstrittene Kinderporno Netzsperre der Vorgängerregierung schon bereits als Erfolg. "Dieses Gesetz wird es mit uns nicht geben!" tönte es - Man habe sich immerhin im Koalitionsvertrag gegen die Netzsperre entschieden, und die Wahrscheinlichkeit, das Bundespräsident Köhler das umstrittene Gesetz nicht unterschreibt, bzw auf einen neuen Gesetzesentwurf wartet, standen günstig. Doch nur [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ] machte der Bundespräsident die wohl geheime Hoffnung der Liberalen zunichte. Noch nie hatte das vollmundige Versprechen einer führenden Politikerin eine so geringe Haltbarkeit gehabt.

Nach Einschätzung von Experten ist die rasche Abkehr einer Bundesregierung vom einem gerade unterzeichneten Gesetz ein Novum. "Das ist ganz außergewöhnlich. Mir ist das nicht bekannt, dass es das schon einmal gegeben hat", [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]der Verfassungsrechtler Joachim Wieland der Nachrichtenagentur dpa

Gleich darauf hin kündigten die Oppositionsparteien, scheinbar empört, noch nächste Woche Aufhebungsentwürfe einzubringen. Das Desaster ist perfekt. Keine der Parteien will dieses Gesetz, und dennoch werden zwei von ihnen es gegen die Aufhebungsentwürfe der Opposition verteidigen müssen. Das teuerste Kasperle der Republik nimmt an Fahrt auf.

Da wird die FDP gezwungen sein ein Gesetz zu verteidigen das sie selbst nicht haben wollen. Ein denkbar undankbares Affentheater wird auf die Liberalen warten.
Die SPD hingegen greift ein Gesetz an das sie nur Monate zuvor mit viel Kopfschmerzen verabschiedet haben. Zeit für Wendehälse und Rampensäue. Denn die SPD [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ] das sie gegen die von ihnen verabschiedete Netzsperre ist.
Dabei wäre eine einfache 100% Mehrheit für eine Aufhebung vollkommen in Ordnung, aber das untersagt das politische Rollenspiel, besser bekannt als Fraktionszwang.

Würde man einem Außenstehenden versuchen den Sinn dieses Extrembeispiels deutscher Demokratie zu erklären, er würde wohl nur mit dem Kopf schütteln.

[seeded]

helft mir politischen laien auf die sprünge, wieso MÜSSEN die parteien dagegen stimmen?

[Nana12]

Einen sinnvollen Grund gibt es nicht. Die Aufhebung des Gesetzes könnte aber dem Gegenspieler (hier vor allem der SPD) genutzt werden, politisches Kapital zu schlagen. "Nur dank unserer Arbeit konnten wir unsere Bürger vor der willkürlichen Zensur bewahren". Das darf nunmal nicht so sein, auch wenn der Effekt begrenzt wäre.

Man kann aber nicht im Plenum mit so offenen Karten spielen. "Eigentlich wollen wir das Gesetz ja auch nicht mehr, aber lieber fallen wir tot um als ihren Antrag zuzustimmen. Sie sind ja von der anderen Partei, und selbst wenn sie was richtig machen, wir sind trotzdem dagegen". Das geht natürlich nicht. Also haben wir hier einen Sonderfall, das keine Partei das Gesetz will, aber die schwarzgelbe Regierung bzw deren Fraktion gegen die Aufhebung des Gesetzes stimmen wird. Dies wird auch begründet werden müssen. Die Begründung wird aber derartig an den Haaren herbeigezogen sein müssen das sich die Balken biegen.

Die CDU wäre ja eine Partei die es tatsächlich erhalten will. Sie musste aber in der Koalition mit der FDP davon abrücken. Jetzt wird die FDP gezwungen werden gegen die Aufhebung zu stimmen. Das Gesetz ist zu umstritten gewesen um es leise über die Bühne zu bringen. Dies ist in der Tat ein Extrembeispiel.

[gönner]

Heutzutage handeln die Parteien doch alle nur noch nach dem Prinzip, möglichst (wieder-)gewählt zu werden. Das ist dann das allerwichtigste Ziel. War es nicht eigentlich so gedacht, dass man versucht, das bestmögliche für das Land und das Volk zu tun? Aber hauptsache man gewinnt das Ränkespiel, alles andere ist egal. Dafür ist man schließlich Politiker geworden.

[|Oger|]

Zitat von Nana12

Nach Einschätzung von Experten ist die rasche Abkehr einer Bundesregierung vom einem gerade unterzeichneten Gesetz ein Novum.

Der Satz ist schon lustig.

Zitat von Nana12

Gleich darauf hin kündigten die Oppositionsparteien, scheinbar empört, noch nächste Woche Aufhebungsentwürfe einzubringen. Das Desaster ist perfekt.

Dabei wäre eine einfache 100% Mehrheit für eine Aufhebung vollkommen in Ordnung, aber das untersagt das politische Rollenspiel.

Würde man einem Außenstehenden versuchen den Sinn dieses Extrembeispiels deutscher Demokratie zu erklären, er würde wohl nur mit dem Kopf schütteln.

Die müssen sich diesmal mit dem Belügen der Bürger beeilen, denn sonst können die Sicherheitsgesetze nicht umgesetzt werden. Das Hin und Her ist schon nervend. Die machen Politik wie aufm Markt.
Schade, dass jemand sich selbst anzeigen muss wegen der Steuer-CD, aber jemand wie Schäuble wird Finanzminister.

[Ang3lu5]

Es ist ganz einfach ein Paradebeispiel für die deutsche Parteienlandschaft. Ein Vorschlag wird nicht angenommen weil er nicht aus der eigenen Partei oder Koalition stammt... auch wenn die Idee wirklich gut ist...

Und in diesem Fall läufts eben umgekehrt... Schade das unsere Politiker nur dazu da sind um Parteiinteressen zu vertreten... Das sie eigentlich gewählt wurden den Bürger zu vertreten fällt ihnen immer erst kurz vor der Wahl ein...

Wenn bei uns wieder mal Wahlplakate hängen werd ich die mit nem Aufkleber versehen: Dieser Politiker ist in der Partei XXX die maßgeblich daran beteiligt war dieses Gesetz XXXX zu beschließen.

[Neocon]

Na Klasse, da sieht man mal wieder wie unsere Politik tickt.
Da könnte jetzt auch ein m3Zz mit einer Verschwörungstheorie kommen, die würde ich ihn dann eher abkaufen als irgendein logischen Sinn in dem Durcheinander zu sehen.

Ich hoffe mal, das am 2. März erstmal dabei etwas vernünftiges herauskommt:
[ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]
Rumänien hat es ja schon ganz vorbildlich gemacht. Dann wäre das mit den Zugangserschwerungsgesetz nur eine Zeitfrage.