[TinyTimm]

Schlagabtausch zwischen Star-Moderator Jan Böhmermann und der Hamburger Polizei: Der ZDF-Mann wirft der Polizei „unseriöses“ und „politisch motiviertes“ Handeln vor.

Grund: Die Mega-Fahndung nach mehr als 100 mutmaßlichen G20-Gewalttätern. Polizeisprecher Timo Zill verweist auf richterliche Beschlüsse. Andere Beamte nehmen kein Blatt vor den Mund.

Der Schlagabtausch erfolgte über Twitter

Es begann mit einem Tweet bei Twitter. Dort schrieb Böhmermann: „Hoffentlich täuscht der Eindruck, dass die unseriöse G20-Fahndung der Polizei Hamburg politisch motiviert ist.“ Die Polizei entgegnete daraufhin: „Da können wir Sie beruhigen: All diesen Personenfahndungen liegt ein richterlicher Beschluss zugrunde. Das Wort unseriös ist daher unpassend.“

Böhmermann blieb bei seinem Vorwurf, schrieb: „104 Verdächtige per Öffentlichkeitsfahndung zu suchen, ist auffällig unverhältnismäßig.“

„Der hat doch den letzten Schuss nicht gehört!“

Da platzt Joachim Lenders, Hamburger Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft und stellvertretender Bundesvorsitzender, der Kragen: „Der hat doch den letzten Schuss nicht gehört!“, schimpft er in Richtung Böhmermann. Polizeisprecher Timo Zill kontert betont sachlich: „Wir gehen der gesetzlichen Verpflichtung nach, alles zu tun, um diese Straftaten aufzuklären.“

Der Zoff ist nur die Spitze einer bundesweiten Debatte

Der Zoff Böhmermann vs. Polizei ist dabei nur die Spitze einer bundesweiten Debatte über die G20-Fahndung, bei der Hamburgs Polizei am Montag Fotos und Videos von 104 mutmaßlichen Steinwerfern, Brandstiftern und Plünderern online gestellt hat. Der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Alexander Dobrindt, erklärte: „Wer die Öffentlichkeitsfahndung für verfehlt hält, stellt offensichtlich den Täterschutz vor den Opferschutz.“

Auch die schwarz-grüne Landesregierung Baden-Württemberg stellte sich hinter die Hamburger Polizei. Innenmister Thomas Strobl erklärte auch im Namen des grünen Ministerpräsidenten Kretschmann: „Ich finde das richtig und sehr notwendig.“

Kritik von der Linken: „Steckbriefen wie zu Zeiten der RAF-Hysterie“

Kritik kam von einer Bundestagabgeordneten der Linken, der Hamburgerin Ulla Jelpke. Sie sprach von „Steckbriefen wie zu Zeiten der RAF-Hysterie“. Die innenpolitische Sprecherin der Hamburger Linken, Christiane Schneider, meinte, die Gesuchten würden „stigmatisiert“ und sprach von „Menschenjagd“.

Daraufhin forderte die Hamburger CDU-Fraktion sie auf, von ihrem Amt als Vizepräsidentin der Bürgerschaft zurückzutreten: Das Amt sei mit einem derart gestörten Verhältnis zum Rechtsstaat nicht zu vereinbaren.

Die Aufregung ist groß, der Ertrag klein

Die Aufregung ist also groß – der Ertrag bislang eher klein. Ein Gesuchter hat sich selbst gemeldet. In einem weiteren Fall gibt es konkrete Hinweise auf einen Verdächtigen. Insgesamt sind 80 Hinweise bei der Sonderkommission „Schwarzer Block“ eingegangen.

Ermittler führen das darauf zurück, dass es sich bei den gesuchten mehrheitlich um Links******* handeln dürfte und die würden erst mal einen Anwalt oder die „Rote Hilfe“ (Rechtsberatung der Szene) aufsuchen, ehe sie sich rührten. Außerdem leben sie vermutlich in einem Umfeld, das wenig Neigung hat, der Polizei Hinweise zu geben. Entsprechende Aufrufe kursierten gestern auch in linken Foren. Weiterhin dürften nicht wenige der Gesuchten aus dem Ausland stammen. Eine Ausweitung der Fahndung auf die gesamte EU ist bisher aber nicht vorgesehen.

Verfassungsrechtler Ulrich Karpen: Grenzwertig – aber rechtmäßig
Professor Ulrich Karpen analysiert für die MOPO die Öffentlichkeitsfahndung

Die Foto-Fahndung nach 104 mutmaßlichen G20-Straftätern ist ein massiver Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der gezeigten Personen. „Grenzwertig“ nennt Professor Ulrich Karpen, einer der renommiertesten deutschen Verfassungsrechtler, die größte Öffentlichkeitsfahndung aller Zeiten. Dennoch kommt der CDU-Politiker zu dem Schluss, dass die Maßnahme insgesamt rechtmäßig sei.

Auf den Fahndungsfotos wohl auch Unschuldige

„Grenzwertig ist die Maßnahme, weil ein sehr großes Netz ausgeworfen wurde“, erklärt Karpen gegenüber der MOPO, „ich gehe davon aus, dass unter den Menschen auf den Fotos auch Unschuldige sind.“

Die Veröffentlichung erfolgte unter der Abwägung des Persönlichkeitsrechts des Einzelnen und dem Strafverfolgungsinteresse des Staates.
In diesem Fall überwiegt Sicherheitsinteresse der Öffentlichkeit

Karpen: „Normalerweise wiegt das Persönlichkeitsrecht schwerer, besonders die Prangerwirkung dieser Fotos ist ein schwerer Eingriff, aber in diesem speziellen Fall überwiegt das Sicherheitsinteresse der Öffentlichkeit.“

Selbst wenn sich herausstellen sollte, dass die Polizei einige der gezeigten Männer und Frauen zu Unrecht an den öffentlichen Pranger gestellt hat – einen Anspruch auf Schadenswiedergutmachung gibt es nicht.

"Unschuldige müssen Veröffentlichung ihrer Fotos dulden"

„Unschuldige müssen dulden, dass ihre Bilder in einem solchen Zusammenhang veröffentlicht werden“, erklärt der ehemalige CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Karpen, „wer sichergehen will, dass er nicht auf solchen Fotos landet, muss sich von der Demo entfernen, wenn es zu Gewalttaten kommt.“

Quelle: [ Link nur für registrierte Mitglieder sichtbar. Bitte einloggen oder neu registrieren ]

[acherontia]

„Unschuldige müssen dulden, dass ihre Bilder in einem solchen Zusammenhang veröffentlicht werden“, erklärt der ehemalige CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Karpen

Gut zu wissen was man hierzulande unter "Rechtsstaatlichkeit" versteht...
Wieder mal "ärgs, kotz, würg"!!!!

[Dino99]

Ich frage mich nur...Wie würde das ganze ablaufen wenn es nur Rechtsradikale gewesen wären! Würde der Herr Böhmermann der Polizei dann auch „unseriöses“ und „politisch motiviertes“ Handeln vorwerfen?

[MerZomX]

Zitat von Dino99

Ich frage mich nur...Wie würde das ganze ablaufen wenn es nur Rechtsradikale gewesen wären! Würde der Herr Böhmermann der Polizei dann auch „unseriöses“ und „politisch motiviertes“ Handeln vorwerfen?

ne die würden garnicht erst gesucht werden.

Gelten dann als Mitglieder der "Trinkerszene"

[Melvin van Horne]

Moin,

um mich entscheiden zu können ob ich die Veröffentlichung der Bilder richtig finde, müsste ich wissen, wie man die ausgewählt hat.

im Moment gehe ich davon aus, das man nur die Bilder veröffentlicht hat bei denen man sehr sicher ist das sie einen Straftäter abbilden. Also zum Beispiel einen Bildausschnitt aus einer Sequenz die einen beim Steinewerfen zeigt. Dann wäre es für mich in Ordnung. Aber um einen Verdacht zu klären, dazu wäre mir das Mittel zu rabiat.

[acherontia]

Melvin, der Knackpunkt ist diese Äußerung:

„Unschuldige müssen dulden, dass ihre Bilder in einem solchen Zusammenhang veröffentlicht werden“, erklärt der ehemalige CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Karpen...

Und das ist ja wohl an Un-Rechtsstaatlichkeit kaum zu überbieten. Wer einmal öffentlich mit Mist beworfen wurde...selbst wenn er sich als unschuldig herausstellt, auf die Dementi`s hört später kaum jemand...der Ruf ist dauerhaft ruiniert.

Solchen Typen bzw. deren Ansichten muß mit massiven legalen Widerstand und zivilem Ungehorsam begegnet werden - Wehret den Anfängen!!!!!