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Fünf vor acht / Diplomatie in der Corona-Krise Eine Chance ist eine Chance

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Ungelesen 16.04.20, 07:30   #1
pauli8
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Standard Fünf vor acht / Diplomatie in der Corona-Krise Eine Chance ist eine Chance

Zitat:
Fünf vor acht / Diplomatie in der Corona-Krise

Eine Chance ist eine Chance

Eine Kolumne von Andrea Böhm



Naturkatastrophen können Krisen verschlimmern, aber auch entschärfen. Die Pandemie könnte in einigen Konfliktregionen Frieden ermöglichen – wenn man sie richtig nutzt.

16. April 2020, 7:32 Uhr

Fangen wir heute mal mit guten Nachrichten an. In Kolumbien haben Rebellen einen einseitigen Waffenstillstand ausgerufen, ebenso in Kamerun. Der philippinische Präsident Rodrigo Duterte, wahrlich kein Freund der Gewaltfreiheit, hat seinen Krieg gegen kommunistische Aufständische auf Eis gelegt. Und im Sudan haben Rebellen eine Waffenruhe bis auf Weiteres verlängert. Alles wegen Corona. Mehr oder weniger.

Ende März hatte UN-Generalssekretär António Guterres an Kriegsparteien weltweit appelliert, sofort die Waffen niederzulegen und in ihren Konfliktgebieten den Weg frei zu machen für die Bekämpfung der Pandemie. "Die Raserei des Virus entblößt die Idiotie des Krieges", sagte Guterres.

Ein bisschen naiv, dachten viele. Das ist es nicht.

Naturkatastrophen verursachen Elend und können bestehende Spannungen verschlimmern – oder eben entschärfen. Im Fachjargon der Konfliktforschung fällt das unter den Begriff der Desaster-Diplomatie: die Kunst, den Schock über ein Erdbeben, eine Flut oder eine Pandemie für eine Waffenruhe oder gar für Friedensverhandlungen zu nutzen.

Das bekannteste Beispiel ist die Befriedung der indonesischen Provinz Aceh nach dem verheerenden Tsunami im Dezember 2004. 230.000 Menschen kamen ums Leben, 165.000 in Indonesien. Aceh befand sich damals im Ausnahmezustand, war durch das Militär von der Außenwelt abgeschlossen. Seit Jahren bekämpften sich Regierungstruppen und militante Separatisten. Hunderttausende Binnenvertriebene hausten in Lagern.

Erst der Tsunami brachte die Konfliktparteien an den Verhandlungstisch. Ein Wiederaufbau der schwer zerstörten Provinz – das begriffen beide Seiten – würde nur funktionieren, wenn der Krieg aufhörte. Knapp acht Monate nach der Naturkatastrophe unterzeichneten sie ein Friedensabkommen. Die Provinz erhielt Teilautonomie, aus der separatistischen Miliz wurde eine politische Partei, das indonesische Militär zog ab. Der Deal hält bis heute.

Bevor einem nun ganz warm ums Herz wird: Es ist selten so, dass Generäle oder Rebellenführer im Angesicht zerstörerischer Naturgewalt von Demut überwältigt werden und "die Idiotie des Krieges" einsehen. Die Separatisten vom Free Aceh Movement waren damals militärisch unter Druck und auch deswegen zu Verhandlungen bereit. Und beide Seiten brauchten die internationale Finanzhilfe für den Wiederaufbau, die bei Fortsetzung des Krieges nicht nach Aceh geflossen wäre.

Auch in der aktuellen Corona-Krise haben sich Rebellen in Kolumbien und Kamerun oder der philippinische Präsident nicht plötzlich in Friedenstauben verwandelt. Duterte benötigt seine Armee, um die Pandemie unter Kontrolle zu bekommen. Bei Rebellengruppen spielt die Angst eine Rolle, bei der Verteilung von Hilfe leer auszugehen und in den von ihnen kontrollierten Gebieten von COVID-19 überrollt zu werden.

Aber wie dem auch sei: eine Chance ist eine Chance.

Nun allerdings gibt es ein Corona-spezifisches Problem: Signalisieren irgendwo auf der Welt Kriegsherren Gesprächsbereitschaft, braucht es Vermittler, um die Gegner an einen Tisch zu bringen und zu verhindern, dass sie gleich beim ersten Streitpunkt, bei der ersten Provokation alles abbrechen. Meist machen das internationale Sondergesandte der UN, der Afrikanischen Union, der EU oder erfahrene Mediatoren von NGOs wie dem Centre for Humanitarian Dialogue oder der Kirchengemeinde Sant‘Egidio. Im Fall Aceh war das der ehemalige finnische Präsident Marrti Ahtisaari, in dessen Heimat die Verhandlungen auch stattfanden.

Bloß ist fast die ganze Welt derzeit unter Lockdown. Länder haben ihre Grenzen dicht gemacht. Diplomaten sind mehr damit beschäftigt, Landsleute einzusammeln und nach Hause zu bringen als Konflikte zu schlichten. Die UN arbeitet im Homeoffice, der Friedens-und Sicherheitsrat der AU, unter anderem befasst mit der Überwachung von Waffenruhen auf dem Kontinent, hat bis auf Weiteres alle Sitzungen abgesagt.

Also einfach auf Videokonferenzen umsteigen? Die eignen sich eigentlich nicht für spannungsgeladene Verhandlungen zwischen Erzfeinden. Doch wenn es gar nicht anders geht: In Afghanistan organisieren die Taliban und die afghanische Regierung derzeit über Skype einen Gefangenenaustausch. Und ausgerechnet Saudi-Arabien, lange Kriegstreiber im benachbarten Jemen, redet nun direkt mit den dortigen Gegnern, den Houthi, um einen Waffenstillstand auszuhandeln. Wahrscheinlich ganz einfach via Smartphone.

Kronprinz Mohammed bin Salman, de-facto Herrscher des Königreichs, handelt dabei sicher nicht aus Respekt vor der UN und ihrem Generalsekretär. Der Krieg ist für ihn schlicht gefährlich teuer geworden. Die Pandemie bietet jetzt die gesichtswahrende Gelegenheit, einen Ausstieg zu suchen – und Verantwortung für die drohende Virus-Katastrophe in dem kriegszerrütteten Land von sich abzuwenden. Vergangene Woche wurde im Jemen der erste Corona-Infektionsfall bestätigt.
Quelle:

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